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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Waffe im Überfluß besitzen müsse.
    Ich stieß auf eine mathematische Formel der Konflikttheorie, die zeigte, weshalb die Abrüstungskonferenzen zu keinerlei Ergebnis führen konnten. Auf solchen Veranstaltungen werden bestimmte Entscheidungen getroffen. Wenn die Zeit der Entscheidungsfindung jedoch länger ist als die Zeit der Entstehung von Innovationen, die den zur Entscheidung anstehenden Zustand radikal verändern, sind alle Beschlüsse bereits bei der Beschlußfassung anachronistisch. In jedem HEUTE ist darüber zu entscheiden, was GESTERN war. Die Entscheidung verlagert sich aus der Gegenwart in die Vergangenheit und wird damit zu einem Spiel leeren Scheins. Eben dies nötigte die Mächte zu dem Genfer Abkommen über den Waffenexodus auf den Mond. Die Welt atmete auf und genas – jedoch nur für kurze Zeit, denn die Angst kam wieder, diesmal vor dem Schreckbild der vom Mond gegen die Erde gerichteten unbemannten Invasion. Daher gab es keine dringlichere Aufgabe, als dem Geheimnis des Mondes die Diagnose zu stellen.
    Mit diesen Worten endete das Kapitel. Danach kamen noch etliche Seiten, die ich nicht aufblättern konnte. Zuerst glaubte ich, sie seien durch Buchbinderleim zusammengeklebt, ich suchte die nächste Seite auf jede mögliche Weise abzulösen, bis ich endlich zum Messer griff und die Klinge vorsichtig zwischen die aneinanderhaftenden Seiten schob. Die erste schien unbedruckt, aber dort, wo das Messer sie berührt hatte, waren Buchstaben sichtbar geworden. Ich fuhr noch einmal mit der Schneide über das Papier und konnte folgende Sätze lesen:
    »Bist du gewillt, diese Last auf dich zu nehmen? Wenn nicht, dann lege das Buch wieder in das Kästchen! Wenn ja, dann schneide die nächste Seite auf!«
    Ich tat das letztere. Die Seite war leer. Ich fuhr mit dem Messer von oben nach unten darüber hin. Es erschienen acht Ziffern, zu Paaren gruppiert wie eine Telefonnummer. Ich schnitt noch die anderen Seiten auf, aber sie enthielten nichts. Eine sonderbare Art, Erlöser für diese Welt anzuheuern! dachte ich, und vage zeichnete sich schon damals in meinem Kopfe ab, was auf mich zukommen könnte. Ich schlug das Buch zu, aber es öffnete sich von selbst wieder auf der Seite mit den deutlich sichtbaren Zahlen.
    Mir blieb nichts übrig, als den Hörer abzunehmen und die Nummer zu wählen.

III. Untergetaucht
    Es war ein Privatsanatorium für Millionäre. Man hört sonst nie etwas von übergeschnappten Millionären. Verrückt werden kann ein Filmstar, ein Staatsmann und sogar ein König, niemals aber ein Millionär. Zu dieser Ansicht gelangt man jedenfalls bei der Lektüre der auflagenstarken Zeitungen, die Meldungen über Revolutionen und den Sturz von Regierungen kleingedruckt irgendwo auf den Innenseiten bringen, während die Aufmacher auf der ersten Seite vom geistigen Befinden sorgfältig ausgezogener, hochbusiger Mädchen oder von der Schlange handeln, die einem Zirkuselefanten in den Rüssel gekrochen ist und ebendieses Tier dadurch veranlaßte, in einen Supermarkt einzubrechen und dort dreitausend Dosen Campbell-Saucen mitsamt einer Kasse und der Kassiererin zu zertrampeln. Ein verrückter Millionär wäre für solch ein Blatt das gefundene Fressen. Die Millionäre freilich wünschen kein Aufsehen, weder wenn sie einigermaßen normal sind noch wenn sie durchdrehen. Eine Macke kann der Karriere eines Filmstars vielleicht sogar förderlich sein, der eines Millionärs jedoch nicht. Ein Filmstar, zumal ein weiblicher, ist nicht dadurch berühmt, daß er in vielen Filmen gut gespielt hat. Das war vielleicht früher einmal so. Heute kann ein Star spielen wie ein Hackklotz, er kann heiser sein, als hätte er seine Stimme im Suff ertränkt (das wird sowieso gedoubelt), der von Plakaten und Leinwänden strahlende Körper kann sich nach intensivem Waschen als über und über sommersprossig erweisen, aber er muß das gewisse Etwas haben, das der Star auch tatsächlich bekommt, sofern er sich nur oft genug scheiden läßt. Dann bringt man es zum hermelingefütterten Roadster, kassiert 25 000 Dollar für ein Nacktfoto im PLAYBOY, hat ein Verhältnis mit vier Quäkern auf einmal, und sollte man in einem Anfall von Nymphomanie gar noch siamesische Zwillinge fortgeschrittenen Alters verführt haben, kann man für wenigstens ein Jahr mit festen Verträgen rechnen. Auch ein Politiker hat heutzutage hauptsächlich deswegen bekannt zu sein, daß er eine Stimme hat wie Caruso, Polo spielt wie der Teufel, lächelt wie

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