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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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gefüllten flachen Krater, und sah zurück auf die Schnur meiner Fußtapfen, die sich über drei sanfte Dünen zu einer vierten zog, bei der mein Spiegelbild stand. Ich ließ es nicht aus den Augen. Im Helm hörte ich undeutliche Stimmen – Vivitch holte Erkundigungen ein.
    »Die Automaten hatten die gleichen Laser wie die Menschen«, dröhnte plötzlich seine Stimme, daß ich zusammenfuhr. »Das Modell E-M-9. Achtzig Prozent der Strahlung im Röntgen- und Gammabereich, der Rest blau.«
    »Sichtbares Licht? Ultraviolett auch?«
    »Jawohl. Das Spektrum kann nicht plötzlich abreißen. Aber was …«
    »Moment. Das Maximum der Strahlung im Supralichtbereich?«
    »Ja.«
    »Wieviel Prozent?«
    Wieder Stille. Ich wartete geduldig. Links, wo die Sonne hinschien, erwärmte sich mein Raumanzug.
    »91 Prozent in Supralichtbändern. Hallo, Tichy, was ist dort los?«
    »Warten Sie.«
    Die Mitteilung hatte mich erst einmal aus dem Konzept gebracht, denn ich erinnerte mich, daß die Emission der Laserschläge, die unsere Kundschafter vernichtet hatten, von anderem Charakter, gegen Rot verschoben gewesen war. Sollte es also doch kein Spiegel sein? Plötzlich fiel mir ein, daß der reflektierte Strahl nicht genauso sein muß wie der einfallende, nicht einmal bei gewöhnlichem Glas. Von Glas konnte hier übrigens gar keine Rede sein. Was die Laserstrahlen reflektiert hatte, konnte sie im Spektrum zum Rot hin verschoben haben. Eine Konsultation mit Physikern wollte ich jetzt nicht verlangen, ich verschob sie auf später und suchte zusammen, was ich noch von Optik wußte. Die Umwandlung von hochenergetischen Strahlen wie Röntgen- oder Gammastrahlen in sichtbares Licht erfordert keinen zusätzlichen Aufwand an Energie, geht also leichter. Deshalb war der in diesen Spiegel treffende Strahl anders als der reflektierte. Ich konnte bei der Spiegelhypothese bleiben, ohne mich auf Wunder berufen zu müssen. Das beruhigte mich. Wie auf einem Polygon begann ich, anhand der Sterne meine eigene Position zu bestimmen. Fünf Meilen östlich von hier erstreckte sich der französische Sektor, viel näher aber, keine ganze Meile entfernt, hatte ich im Rücken den amerikanischen. Ich befand mich also im Niemandsland.
    »Vivitch? Hört ihr mich? Hier ist der Mond.«
    »Ja, wir hören. Tichy! Es gab keinerlei Blitze – warum haben Sie nach diesem Laser gefragt?«
    »Schneidet ihr alles mit?«
    »Klar. Jedes Wort.«
    Seiner Stimme war die Erregung anzumerken.
    »Paßt auf. Was ich sage, ist wichtig. Ich stehe im Flamsteed-Krater, Blickrichtung Osten, in Richtung des französischen Sektors. Ich habe vor mir einen Spiegel. Ich wiederhole: einen Spiegel. Es ist kein gewöhnlicher, aber ich spiegle mich darin zusammen mit meiner Umgebung. Ich weiß nicht, was das ist. Ich sehe genau mein eigenes Spiegelbild, das heißt den Sendling Nummer 1 in einer Entfernung von etwa zweihundertvierzig Schritt. Dieses Spiegelbild ist mit mir zusammen gelandet. Wie hoch diese spiegelnde Zone reicht, weiß ich nicht, weil ich bei der Landung nach unten, unter meine Füße schaute. Den Doppelgänger bemerkte ich erst direkt über dem Krater, in großer Nähe. Er befand sich nicht auf gleicher Höhe mit mir, sondern etwas höher. Er war auch größer, das heißt höher und dicker als ich. Erst als er vor mir stand, war er genau wie ich. Ich halte es für möglich, daß dieser Spiegel das reflektierte Bild vergrößern kann. Deshalb erschienen jene sogenannten Mondroboter, die die Sendlinge erledigten, so plump und dick. Ich habe meinen Doppelgänger anzufassen versucht, meine Hand ging durch ihn hindurch. Es gab keinerlei Widerstand. Hätte ich Laser gehabt und geschossen, so wäre es aus mit mir, ich wäre voll von der reflektierten Ladung getroffen worden. Ich weiß nicht, wie es weitergeht. Ich kann die Stellen nicht ausmachen, an denen der sogenannte Spiegel aufhört und in die normale Umgebung übergeht. Das ist vorläufig alles. Ich habe gesagt, was ich weiß. Mehr erfahrt ihr jetzt nicht von mir. Wenn ihr stille seid, lasse ich das Funkgerät weiterlaufen, aber wenn euch die Redelust packt, schalte ich ab, damit ich ungestört bin. Soll ich abschalten oder nicht?«
    »Nein, nein! Bitte kontrollieren Sie doch mal …«
    »Bitte halten Sie den Mund!«
    Ich hörte deutlich, wie er schniefte und keuchte, mit drei Sekunden Zeitverschiebung, 400 000 Kilometer über mir. Über mir, sage ich, denn die Erde stand hoch am schwarzen Himmel, fast im Zenit, von sanfter

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