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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Aufmerksamkeit das Mare Vaporum, das Mare Tranquilitatis und Fecunditatis (die alten Sterngucker bewiesen, indem sie jene ausgedehnten Steinwüsten auf so klangvolle Namen tauften, eine nicht unbeträchtliche Vorstellungskraft). Bei der zweiten Umkreisung nahm ich mir Mare Crisium und Frigoris vor, in der Annahme, wenigstens eine Bewegung, sei sie noch so winzig, ausmachen zu können.
    Meine Ferngläser waren von höchster Qualität, ich hätte an den Kraterhängen wenn nicht die Kiesel, so doch mindestens die Katzenköpfe zählen können, eine Bewegung aber nahm ich nicht wahr, und genau das gab mir am meisten zu denken. Wo steckten sie denn, die Legionen waffenstarrender Automaten, die Schwärme gepanzerter Amphibien, die gleichermaßen todesträchtigen Kolosse und Liliputaner, die seit so vielen Jahren unaufhörlich entstanden in den tiefen Gelassen des Mondes? Nichts, nur Felshalden, riesen- oder tellergroße Krater, strahlige Furchen glänzenden alten Magmas um den Copernicus, die Verwerfungen des Huygens, in Richtung auf den Pol Archimedes, Cassini, am Horizont Plato – und überall nichts, überall diese einfach unbegreifliche Öde. Entlang den Meridian, der von Flamsteed, Herodot und Rümker über den Sinus Roris markiert wurde, verlief der breiteste Streifen Niemandsland, und dort sollte ich, nachdem ich das Raumfahrzeug auf eine stationäre Umlaufbahn gebracht hatte, mit dem ersten Sendling landen. Der genaue Ort war mir nicht vorgeschrieben worden, ich sollte ihn selbst bestimmen, nachdem ich den gesamten Meridian des niemand gehörenden, also mit großer Wahrscheinlichkeit ungefährlichen Landes erkundet hatte. Nur konnte von einer Erkundung, die mir taktische Fingerzeige gegeben hätte, überhaupt keine Rede sein. Um eine stationäre Umlaufbahn zu erreichen, mußte ich sehr hoch gehen und einigermaßen manövrieren, bis die gewaltige, ganz von der Sonne beschienene Scheibe des Mondes unter mir immer langsamer hinwegzog. Als sie zum Stillstand kam, lag genau unter mir der Flamsteed, ein sehr alter, platter und seichter Krater, beinahe randvoll mit Tuff gefüllt.
    Lange, vielleicht eine halbe Stunde, blieb ich so hängen, starrte auf das Mondgeröll und überlegte, was ich tun sollte. Die Sendlinge brauchten zur Landung keine Rakete. Sie hatten in den Beinen einfach die kreiselgesteuerten Röhren der Bremsdüsen, ich konnte mit der gewünschten Geschwindigkeit hinuntergehen und brauchte nur die Rückstoßkraft zu regeln. Die Düsen waren so an den Beinen befestigt, daß man sie nach der weichen Landung zusammen mit den leeren Treibstofftanks mit einem Ruck abwerfen konnte. Von da an war der Sendling unter meiner Kontrolle seinem Schicksal auf dem Monde ausgeliefert – eine Rückkehr gab es für ihn nicht. Er war weder ein Roboter noch ein Android, denn er besaß kein eigenes Denkvermögen, er war gewissermaßen mein Instrument, mein verlängerter Arm, nicht der geringsten Eigeninitiative fähig. Dennoch war mir der Gedanke unangenehm, daß er unabhängig vom Ergebnis des Erkundungsgangs dem Untergang geweiht war, weil ich ihn in dieser Leichenödnis im Stich zu lassen haben würde. Ich kam sogar auf die Idee, die Nummer fünf habe den Defekt nur vorgetäuscht, um mit heiler Haut davonzukommen, als einziger mit mir zur Erde zurückzukehren. Eine sinnlose Überlegung, ich wußte ja, daß er wie jeder andere LEM nur eine Hülse von Menschengestalt war. Immerhin mag das als Zeugnis meiner psychischen Verfassung gelten.
    Jedenfalls gab es keinen Grund, länger zu warten. Ich musterte noch einmal das graue Plateau, das ich nach grober Schätzung der Entfernung von den über den Schutt ragenden Nordfelsen des Flamsteed zum Landeplatz gewählt hatte, stellte auf automatische Steuerung um und drückte die Taste Nummer eins. Der Gefühls- und Erlebenssprung, wenngleich erwartet und so oft geprobt, war gewaltig. Ich saß nicht mehr, das Auge am Fernglas, bequem in dem Sessel vor den gleichmäßig blinkenden Lämpchen der Bordcomputer, sondern lag rücklings in einer sargengen, nur nach einer Seite offenen Koje.
    Beim Heraussteigen sah ich an mir hinunter und erblickte einen mattgrauen, gepanzerten Rumpf, stählerne Schenkel und an den Waden die Halfter der Bremsraketen. Als ich merkte, wie meine Magnetsohlen am Metall des Fußbodens hafteten, richtete ich mich langsam auf, reckte und streckte mich. Ringsherum lagen in Kommodenfächern gleichenden Kojen, ebensolchen wie der, aus der ich soeben gestiegen war, die

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