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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Bläue inmitten der Sterne. Die Sonne hingegen stand niedrig, und wenn ich nach meinem Doppelgänger im weißen Raumanzug Ausschau hielt, sah ich auch meinen Schatten, der lang über den Dünen lag und allen ihren Hebungen und Senkungen folgte. Im Kopfhörer knisterte es, sonst herrschte Stille. Ich hörte meine eigenen Atemzüge und wußte, daß ich an Bord des Raumschiffs atmete, dies aber hörte, als stünde ich in eigener Person am Flamsteed-Krater.
    Wir hatten uns auf verschiedene Überraschungen gefaßt gemacht, allerdings weniger im Niemandsland. Es sah so aus, als werde der Trick mit dem Spiegel angewandt, damit jeder, Mensch oder Roboter, sich sogleich nach der Landung selber auslöscht, ohne auch nur Lunte gerochen zu haben. Das war sinnreich und listig, mehr noch, es war intelligent, aber – was die weiteren Chancen meines Erkundungsgangs betraf – der Gesundheit eher abträglich. Mit Sicherheit standen noch mehr Überraschungen bereit. Ehrlich gesagt, ich wäre am liebsten an Bord zurückgekehrt, um die Lage zu überdenken und mit der Zentrale zu erörtern, ließ diese Variante aber sofort wieder fallen. Ich konnte den Sendling natürlich verlassen, es genügte, die Sicherungsscheibe auf der Brust zu zertrümmern und den Knebelgriff darunter zu betätigen, aber um keinen Preis würde ich das tun. Ich war hier nicht stärker gefährdet als im Raumschiff. Sollte ich die Quelle dieses Spiegels suchen? Angenommen, ich fände sie – was hätte ich davon? Das Spiegelbild würde verschwinden, weiter nichts. Stimmt es aber nicht, daß der Mensch auf die gescheitesten Gedanken kommt, wenn er aus Gründen der Gesundheit ein Stück spazierengeht? Ich machte mich sogleich auf den Weg, nicht ganz im Spaziergängerschritt, sondern in dem schlingernden Gang, der für den Mond geeigneter ist. Erst setzte ich die Füße wie auf Erden, dann hielt ich sie beieinander und begann zu hüpfen wie ein Spatz, zu springen wie ein großer Ball, der aufspringt und jedesmal einen großen Satz über den sandigen Boden macht.
    Nachdem ich mich so ein gutes Stück von meinem Landungsort entfernt hatte, machte ich halt, wandte mich um – und war ein zweites Mal verdattert. Fast am Horizont zeigte sich eine kleine Gestalt, aber trotz der großen Entfernung sah ich, daß es nicht die im weißen Raumanzug, sondern eine ganz andere war. Eine biegsame, schlanke Gestalt, ein Kopf, der in der Sonne strahlte. Eine menschliche Gestalt ohne Raumanzug auf dem Mond! Dazu noch völlig nackt! Robinson Crusoe konnte bei Freitags Erscheinen nicht so platt gewesen sein wie ich hier auf dem Mond. Ich streckte sofort beide Arme in die Höhe, aber das Geschöpf wiederholte diese Bewegung nicht – es war kein Spiegelbild. Es hatte goldblondes Haar, abfallende Schultern, einen weißen Körper, lange Beine. Ohne besondere Eile, eher voller Unlust kam es auf mich zu, es bewegte sich nicht in schlingerndem Watschelgang, sondern leichtfüßig wie an einem Badestrand. Während mir dieser Gedanke kam, erkannte ich, daß es eine Frau war, genauer gesagt, ein junges, blondes Mädchen, nackt wie in einem Nudistenklub. Mit der Hand hielt sie etwas Großes, Buntes vor die Brust, sie kam näher, aber doch nicht direkt auf mich zu, sondern schräg, als wolle sie in züchtiger Entfernung an mir vorübergehen. Fast hätte ich Vivitch gerufen, biß mir aber im letzten Moment auf die Zunge. Er hätte mir nicht geglaubt. Eine Halluzination, hätte er gesagt.
    Ich rührte mich nicht, suchte ihre Gesichtszüge zu erkennen und dachte verzweifelt, wie großartig es wäre, so gut, wie ich es nicht wußte, zu wissen, was zu tun wäre. Die Fragen nach der Wahrscheinlichkeit, der Glaubwürdigkeit der Sinne und dergleichen hatte ich bereits von mir gewiesen, denn wenn ich überhaupt einer Sache sicher war, so der, daß ich nicht meinem eigenen Wahn aufsaß. Ich weiß nicht, wie es kam, aber mir schien, es müsse alles von ihrem Gesicht abhängen. Wenn sie genauso wäre wie die falsche Marilyn Monroe in dem italienischen Restaurant, so hätte ich am Zustand meiner Sinne gezweifelt, denn wie sollten irgendwelche Ströme, Wellen, Kräfte und der Teufel weiß was in mein Erinnerungsvermögen eindringen und ausgerechnet dieses Bild herausfischen! Schließlich stand ich ja nicht einmal in eigener Person in dieser toten Gegend, in Wirklichkeit saß ich im Raumschiff, mit Gurten an den tiefen Sitz vorm Steuerpult geschnallt. Und wäre ich übrigens auch selber hier – was könnte

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