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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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projektiert hatte, das Leben sauer zu machen, hatten die General Telectronics ihr Modell mit zwei personengebundenen Raketensystemen ausgestattet: Außer den nach der Landung abzuwerfenden Bremsraketen besaß der gepanzerte Athlet festmontierte Düsen in den Fersen, den Kniekehlen und sogar im Gesäß. Aus der von Eigenlob stinkenden Betriebsanleitung erfuhr ich, dies diene der Erhaltung des Gleichgewichts und ermögliche überdies Sprünge über eine Entfernung von achtzig bis hundertsechzig Metern. Der Panzer glänzte wie reines Quecksilber, jeder Laserstrahl sollte davon abgleiten.
    Ich prägte mir in etwa ein, was an diesem LEM so großartig war, will aber nicht behaupten, daß mich die Besichtigung in Begeisterung versetzte. Je mehr nämlich Sucher, Augen, Indikatoren, Düsen und Hilfsgeräte vorhanden sind, um so mehr beanspruchen sie die Aufmerksamkeit, und da ich eine Person normalen menschlichen Standards bin, standen mir nur so viele Gliedmaßen und Sinne zur Verfügung wie jedem anderen auch. In die Kabine zurückgekehrt, versetzte ich mich probeweise in diesen Sendling. Nachdem Ich Er geworden war, also in Ihm als Ich auf den Füßen stand, suchte ich mich mit seiner Steuerung vertraut zu machen, die verdammt kompliziert war. Der Schalter, der die großen Sprünge möglich machen sollte, besaß die Form eines kleinen Kuchens, aus dem die entsprechenden Leitungen herausliefen, und mußte mit den Zähnen gehalten werden. Wie sollte ich mich aber mit der Zentrale verständigen, wenn mir so ein Ding in der Schnauze steckte? Nun, der Kuchen war knetbar wie Plasteline, man konnte ihn innen in die Backe stecken und im Bedarfsfalle mit den Backenzähnen hineinbeißen. War die Situation jedoch besonders gespannt, so konnte ich den Schalter, wie die Betriebsanleitung lehrte, die ganze Zeit zwischen den Zähnen halten, mußte aber aufpassen, daß ich nicht zu fest zubiß. Für den Fall eines durch jähe Erregung verursachten Zähneklapperns stand kein Wort vermerkt. Ich leckte an dem Schalter, er schmeckte so ekelhaft, daß ich sofort ausspuckte. Ich will es nicht beschwören, aber man mußte ihn bei der Erprobung auf der Erde mit einer Paste aus Apfelsinen oder Pfefferminze eingeschmiert haben.
    Ich schaltete mich aus dem Sendling aus, ging auf eine höhere Umlaufbahn und raste um den Mond, um das Ziel Null Null Zwei anzusteuern, das zwischen Mare Spumans und Mare Smythii lag. Inzwischen plauderte ich auch maßvoll höflich mit der Zentrale auf der Erde. Friedlich wie ein sattes Kind in der Wiege flog ich dahin, als plötzlich der Selenograf zu muckern begann. Das ist ein wunderbares Gerät, solange es tadelfrei funktioniert. Man braucht keinen echten Mondglobus mitzuschleppen, er wird durch ein durch Holografie geschaffenes, dreidimensionales Bild ersetzt, und das hat den Effekt, als kreise einem vor Augen, einen Meter in der Luft hängend, langsam der ganze große Mond. Man sieht genau die Reliefs der Oberfläche, dazu die Sektoren, ihre Grenzen und die Namen der Eigentümer. Nacheinander zogen an mir die Abkürzungen vorüber, die international zur Kennzeichnung von Automobilen gebräuchlich sind: US, GB, I, F, SU, S, N und so fort. Plötzlich mußte jedoch etwas kaputtgegangen sein, denn die Sektoren begannen in allen Farben des Regenbogens zu flimmern, dann sanken die größeren und kleineren Kraterpocken in trübes Licht, das Bild flackerte, ich stürzte an die Regler, aber das half nur so viel, daß der Mond als glatte Kugel von jungfräulichem Weiß erschien. Ich änderte die Bildschärfe, verstärkte und verringerte den Kontrast, der Mond erschien verkehrt herum, dann verschwand er endgültig, und nichts vermochte den Selenografen mehr zu normaler Arbeit zu bewegen. Ich machte Vivitch Meldung und bekam natürlich zur Antwort, ich hätte da etwas verdreht.
    Nach meiner feierlichen, gut zehnmal wiederholten Erklärung, ich habe »da ein gewisses Problem« (so sagt man ja seit Armstrongs Zeiten), nahmen sich die Experten meines Holografen an. Es dauerte den halben Tag. Erst mußte ich auf eine mondferne Umlaufbahn gehen, um aus der Zone des Schweigens herauszukommen und damit der störenden Einwirkung unbekannter Wellen oder Kräfte zu entgehen, die vom Mond aus auf mich gerichtet sein konnten. Als das nicht half, machten sie sich an die Überprüfung sämtlicher integrierter und nichtintegrierter Schaltkreise im Holografen, direkt von der Erde aus. Dadurch bekam ich Zeit, mir erst ein zweites Frühstück und

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