Frieden auf Erden
nachher auch noch ein Mittagessen zu bereiten. Es ist nicht so einfach, in der Schwerelosigkeit ein gutes Omelett hinzukriegen, ich legte daher Helm und Kopfhörer ab, damit meine Konzentration keine Beeinträchtigung durch das zu erwartende Gezänk der Informatiker, Teletroniker und speziell zu einem Kollegium herbeigetrommelten Professoren erfuhr. Diese sämtlichen Debatten brachten an den Tag, daß der Holograf schlicht und einfach kaputt war. Man wußte sogar, welches Mikrobauteil ausgewechselt werden mußte, aber ausgerechnet das war das einzige, das ich nicht in Reserve hatte. Es war nichts zu machen. Ich erhielt die Unterweisung, die normalen, auf Papier gedruckten Mondkarten hervorzusuchen, mit Klebeband an die Monitore zu heften und mir so aus der Not zu helfen. Karten waren da, aber nicht alle. Ich fand nur vier Exemplare des ersten Mondviertels, ebendesjenigen, von dem ich am Vortage bereits einige Kostproben bekommen hatte. Von den übrigen Karten keine Spur. Die Bestürzung war komplett. Ich wurde aufgefordert, genauer nachzusehen, ich stellte in der Rakete alles auf den Kopf, fand jedoch außer einem kleinen Porno-Comic, den die Techniker bei den letzten Startvorbereitungen weggeworfen hatten, lediglich ein Wörterbuch des Slangs, der von den amerikanischen Gangstern der fünften Generation gesprochen wurde.
Daraufhin spaltete sich die Zentrale in zwei Lager. Das eine vertrat die Ansicht, unter solchen Voraussetzungen könne ich die Mission nicht fortsetzen und solle zurückkehren. Das andere wollte die Entscheidung mir überlassen. Diesem schloß ich mich an, und ich sprach mich dafür aus, dort zu landen, wo es vorgesehen war. Den Mond konnten sie mir ja per Fernsehen übertragen. Das Bild war auch gar nicht schlecht, nur schlecht mit meiner Umlaufgeschwindigkeit koordiniert, denn mal schoß die Mondoberfläche vorbei wie ein vergifteter Affe, und dann wieder schlief sie fast ein. Zudem sollte ich direkt am Rande der Scheibe landen, die von der Erde aus sichtbar ist, mich dann aber auf die andere Seite begeben. Daraus erwuchs ein neues Problem. Ich konnte das Fernsehbild nicht empfangen, wenn das Raumschiff über der abgewandten Halbkugel hing, eigentlich sollte das nichts ausmachen, dann würden es eben die Satelliten des inneren Kontrollsystems übertragen. Nur – die wollten nicht! Sie wollten nicht, weil solch eine Eventualität nie in Rechnung gestellt und jeder dieser Satelliten nach der Direktive der Unkenntnis so programmiert worden war, daß er nichts übertragen durfte. Nichts. Weder von der Erde noch nach der Erde.
Um mit mir und meinen Mikropen ständig Verbindung halten zu können, hatte man auf eine Umlaufbahn hoch über dem Mondäquator zwar sogenannte trojanische Satelliten gebracht, die aber wiederum nicht für die Übertragung von Fernsehbildern tauglich waren. Das heißt, tauglich waren sie schon, aber die Fernsehbilder mußten von den Mikropen gesendet werden. Es gab darüber ein schreckliches Hin und Her, die Situation war endlich so verfahren, daß jemand den Vorschlag machte, in der Zentrale ein Brainstorming zu veranstalten. Das ist, wenn man es gelehrt ausdrücken will, eine improvisierte Beratung, wo jeder Teilnehmer die aberwitzigsten Hypothesen und Konzeptionen vorbringen und in seiner Kühnheit von den anderen jederzeit überboten werden kann. Etwas volksverbundener würde man sagen: Jeder kann quatschen, was ihm gerade in die Rübe kommt.
Das Brainstorming dauerte vier Stunden, es war zum Auswachsen, die Gelehrten schwätzten bis zum Gehtnichtmehr, dann kamen sie vom Thema ab, und es ging auf einmal wirklich nicht mehr – nämlich nicht mehr darum, mir zu helfen. Sie wollten herauskriegen, wer das Versehen begangen hatte, nicht an eine ordentliche Zweitanlage der holografischen Simulation zu denken. Wie immer, wenn Schulter an Schulter ein Kollektiv zugange ist, gab es keinen Schuldigen, die Vorwürfe flogen wie Pingpongbälle hin und her, bis ich mit der Erklärung dazwischenfuhr, dann müsse ich mir eben selber helfen. Ich sah darin kein übertriebenes Risiko, das war ohnehin groß genug, als daß ein Krümel noch einen Unterschied bewirken konnte, und außerdem war es rein akademischen Charakters, ob ich im Sektor US, SU, F, GB, E, I, C, CH oder unter einem anderen Buchstaben des lateinischen Alphabets zu Boden ging. Der Begriff nationaler oder staatlicher Zugehörigkeit von Robotern, die in der wer weiß wievielten Generation den Mond bevölkerten, war doch nur
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