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Friedhof der Unschuldigen: Roman (German Edition)

Friedhof der Unschuldigen: Roman (German Edition)

Titel: Friedhof der Unschuldigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Miller
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Armand wird sich mit Theatern auskennen.
    »Das Odéon«, sagt Armand, während sie auf einer grünen Raute von Sonnenlicht neben dem Predigerkreuz beieinanderstehen. »Man gibt dort ein Stück von Beaumarchais. Beaumarchais gehört zur Partei.«
    »Der Partei der Zukunft?«
    »Natürlich. Und ich werde mitkommen. Lisa auch. Sonst werden Sie nicht wissen, wie Sie sich zu verhalten haben.«
    »Ich habe nichts gegen Ihre Gesellschaft.«
    »Mademoiselle Godard kennt Sie noch nicht gut genug. Sie hat Sie nicht so eingehend studiert wie ich.«
    »Sagen Sie mir eins, Armand. Glauben Sie, dass Héloïse der Partei der Zukunft angehört?«
    »Héloïse? Sie und Lisa werden zu ihren Königinnen zählen.«
    »Und meine eigene Mitgliedschaft?«
    »Ah, das werden Sie schon noch erfahren, mein lieber Wilder.«
    »Erfahren? Von wem?«
    »Von den Umständen. Von dem, was Sie tun und nicht tun. Über kurz oder lang wird es bei uns allen an den Tag kommen.«
    »Wenn Sie so reden, erinnern Sie mich an den Pastor. Den Pastor meiner Mutter.«
    »Und was sagt er?«
    »Eitel Wüstung ist in der Stadt blieben, und die Tor stehen öde. Und ob einer entflöhe vor dem Geschrei des Schreckens, so wird er doch in die Gruben fallen; kömmt er aus der Gruben, so wird er doch im Strick gefangen werden …«
     
    Vier Tage später kleiden sich Jean-Baptiste und Héloïse für einen Abend im Theater an. Er hat nichts Helleres als Schwarz. Sie zieht ihn damit auf. Wo denn sein Rock in der Farbe von Erbsensuppe sei? Pistazie, antwortet er, geschälte Pistazie. Er sei wieder dort, wo er hergekommen sei. Gut, sagt sie. Grün habe ihm nicht gestanden.
    Sie überqueren den Fluss in einer Droschke. Armand und Lisa sitzen mit dem Rücken zu den Pferden; Jean-Baptiste und Héloïse schauen in Fahrtrichtung. Die beiden Frauen haben einander erst im Eingangsflur der Monnards kennengelernt, zwischen den Holzschatten dort eingehend gemustert und daraufhin offenbar beschlossen, einander zu mögen, zur großen Erleichterung von Jean-Baptiste, der ein starkes Vertrauen in die Richtigkeit von Lisa Sagets Urteilen entwickelt hat.
    Die beiden Fenster der Droschke sind vollständig geöffnet. Die Abendsonne liegt auf dem Fluss. Auf dem Pont Neuf quirlt die Menge langsam durcheinander. Jedesmal, wenn die Droschke zum Halten gezwungen wird, starren Fremde kurz herein. Ein Mädchen mit Strohhut steigt auf den Tritt und streckt ihnen Blumensträuße entgegen. Armand besteht darauf, dass Jean-Baptiste die beiden größten und schönsten kauft. Der Friedhof ist tausend Meilen weit weg, seine Armengräber und Knochenmauern wie Schimären, irgendein früheres Ärgernis, das sie endlich loswerden. Und könnten sie nicht immer so weiterfahren? Eine knappe Woche, und sie wären in der Provence und könnten sich von der Sonnenhitze versengen lassen. Oder über die Alpen nach Venedig fahren! Zu viert in einer Gondel unter der Rialtobrücke hindurchgleiten …
    Die Droschke kommt vor der Treppe des Theaters zum Stehen. Die beiden Paare schließen sich der Menge an, die sich zwischen den weißen Säulen hindurchschiebt. Jean-Baptiste ist noch nie im Odéon gewesen (es ist erst seit vier Jahren fertig). Er war auch noch nie in der Comédie-Française oder sonst einem großen Theater. Das letzte Stück, das er gesehen hat, war eine jener derben Geschichten, wie sie in Bellême zweimal im Jahr von fahrenden Theatertruppen aufgeführt werden, die geräuschvoll (unter Gebell und Jagdhornsignalen) eintreffen und sich in aller Stille (mit gestohlenen Hühnern, stibitzten Äpfeln, der Ehre mancher einheimischer Mädchen) aus dem Staub machen.
    Das hier dagegen ähnelt eher Versailles, obwohl es natürlich weniger theatralisch ist. Ein Lakai in einer engen, lavendelfarbenen Livree führt sie zu ihrer Loge und geht, obwohl taktlos und geradezu beleidigend gleichgültig, nicht ohne sein Trinkgeld. Es ist eng in der Loge, man hat keine gute Sicht auf die Bühne. Der Nachttopf an der hinteren Logenwand ist nicht geleert worden. Die Kerzendochte sind nicht zurückgeschnitten, und einer der Stühle sieht so aus, als habe er bei einer noch nicht lange zurückliegenden Vorstellung kurz gebrannt. Nichts davon spielt eine Rolle; ihre gute Stimmung ist unerschütterlich. Der Lakai wird mit einem großzügigen Trinkgeld beglückt, dann schickt man ihn Wein holen und …
    »Was gibt es denn?« fragt Armand.
    »Was möchten Sie? Orangen? Gebratenes Huhn? Austern?«
    »Ja«, sagt Armand, »das nehmen

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