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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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heute abend, mit dem offenen Tunnel, mit Arbuthnots falscher Leiche auf der Mauer und mit diesem verrückten, traurigen Mann in deinem Film hat alles wieder angefangen. Was hat das alles zu bedeuten?«
    Ihre Uhr blieb stehen, ihre Stimme wurde immer leiser, sie schlief ein. Noch zuckte der Mund leise. Wortgespenster kamen heraus, in kleinen Fetzen und Stückchen.
    »Armer heiliger Sepp …«
    »Welcher heilige Sepp?« fragte ich nach.
    Crumley beugte sich auf der Schwelle nach vorne.
    Constance war schon tief unten und antwortete schlaftrunken: »… Priester. Armer Kerl. Überfallen. Die Filmleute stürmen herein. Blut in der Sakristei. Leichen, mein Gott, überall Leichen. Armer Sepp …«
    »St. Sebastian? Ist das der arme Sepp?«
    »Ja, ja. Der Ärmste. Die Armen alle«, murmelte Constance. »Armer Arby, du armes, blödes Genie. Armer Sloane. Arme Frau. Emily Sloane. Was sagte sie noch in dieser Nacht? Wir werden ewig leben. Junge, was für eine Überraschung, im Nichts aufzuwachen. Arme Emily. Armes Hollyhock-Haus. Arme Constance.«
    »Armes wie war das noch?«
    »Hol …«, Constances Stimme rutschte weg, »… ly … ock … Haus …«
    »Nein«, sagte Crumley und kam ganz ins Zimmer herein. »Kein Film. Hier.«
    Er faßte unter den Nachttisch, zog ein Telefonbuch hervor und blätterte darin herum. Sein Finger lief die Spalten der Seiten herunter, und dann las er laut vor: »Hollyhock-Haus, Sanatorium. Das ist einen halben Block von St. Sebastian, einen halben Block nach Norden, stimmt’s?«
    Crumley beugte sich ganz nah an ihr Ohr hinunter.
    »Hollyhock-Haus«, sagte er. »Wer ist dort?«
    Constance stöhnte leise, bedeckte ihre Augen und drehte sich weg. Gegen die Wand sprach sie dann noch einige letzte Worte über jene lang zurückliegende Nacht.
    »… ewig leben … die hatte keinen Schimmer … alles arme Schlucker … armer Arby … armer Priester … armer Sepp …«
    Crumley richtete sich unter einem Murmeln auf: »Genau. Verdammt. Klar doch. Hollyhock-Haus. Nur ein Steinwurf vom …«
    »Von St. Sebastian entfernt«, ergänzte ich. »Wieso kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, daß du mich dort gleich hinbringst?«
     

59
     
    »Du siehst aus wie der aufgewärmte Tod«, sagte Crumley beim Frühstück zu mir. »Und du«, er zeigte mit seinem gebutterten Toast auf Constance, »du siehst aus wie die gnadenlose Gerechtigkeit.«
    »Und wie sehe ich aus?« wollte Henry wissen.
    »Dich kann ich nicht sehen.«
    »Das paßt«, meinte der Blinde.
    »Runter mit den Kleidern«, sagte Constance mit traniger Stimme, wie jemand, der gerade an der Schiefertafel lesen lernt. »Zeit zum Schwimmen. Bei mir!«
    Wir fuhren zu Constances Wohnung.
    Fritz rief an.
    »Hast du die Mitte für meinen Film«, brüllte er, »oder war’s der Anfang? Jetzt brauchen wir auch noch eine Neufassung der Bergpredigt!«
    »Ist da wirklich eine Neufassung nötig?« Ich hätte beinahe zurückgeschrien.
    »Hast du es dir vor kurzem einmal angesehen?« Ich hörte förmlich, wie Fritz sich die Haare raufte. »Mach es einfach! Anschließend mußt du dir einen Begleittext einfallen lassen, der die zehntausend anderen Fallstricke, Sprünge, Beulen und Risse unseres Epos überdeckt. Hast du vor kurzem die Bibel einmal ganz gelesen?«
    »Kann ich nicht behaupten.«
    Fritz riß sich weitere Haarbüschel aus. »Dann quer!«
    »Quer?!«
    »Querlesen, Seiten auslassen. Wir treffen uns um fünf Uhr im Studio; du hast eine Predigt dabei, die mich aus den Socken haut, und einen Kommentartext, bei dem sich der gute Orson Welles auf die Schuhe kacken würde! Dein Unterseebootkapitän befiehlt: Tauchen!«
    Er tauchte unter und blieb verschwunden.
    »Kleider aus«, sagte Constance noch immer im Halbschlaf. »Alle rein!«
    Wir schwammen. Ich folgte Constance so weit in die Brandung, wie ich mich traute, dann hießen sie die Seehunde willkommen und schwammen mit ihr davon.
    »Menschenskind«, sagte Henry, der bis zur Hüfte im Wasser saß. »Das erste Bad, das ich mir seit Jahren genehmige.«
    Vor zwei Uhr nachmittags leerten wir fünf Flaschen Champagner und fühlten uns plötzlich beinahe glücklich.
    Dann setzte ich mich irgendwann hin und schrieb meine Bergpredigt und las sie zum Tosen der Wellen laut vor.
    Als ich fertig war, sagte Constance leise: »Wo kann ich mich zur Sonntagsschule anmelden?«
    »Jesus wäre stolz darauf gewesen«, sagte Henry.
    »Ich taufe dich auf den Namen Genius.« Crumley goß mir Champagner ins Ohr.
    »Ach was«, sagte

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