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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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weint.«
     

58
     
    »Ich habe Angst, nach Hause zu gehen«, sagte Constance.
    »Das mußt du auch nicht«, sagte Crumley. »Schnapp dir eine Koje, irgendein Zimmer, oder leg dich in meinen hausgemachten Dschungel.«
    »Nein«, murmelte Constance. »Das ist sein Platz.«
    Wir schauten alle auf die leere Wand, auf die von der Netzhaut nur noch ein schwaches, verblassendes Abbild des Monsters projiziert wurde.
    »Er hat uns nicht verfolgt«, sagte Crumley.
    »Vielleicht doch.« Constance putzte sich die Nase. »Ich will heute nacht nicht allein sein, nicht in einem so verflucht leeren Haus neben dem verfluchten Ozean voller Monster. Ich werde langsam alt. Als nächstes werde ich noch irgendeinen Blödmann bitten, mich zu heiraten, Gott sei ihm gnädig.«
    Sie schaute in Crumleys Dschungel und den Nachtwind, der durch die Palmwedel und das hohe Gras strich. »Er ist da.«
    »Hör auf damit«, sagte Crumley. »Wir wissen nicht, ob uns jemand durch diesen Friedhofstunnel bis zum Büro gefolgt ist. Wir wissen auch nicht, wer die Tür zur Gruft zugeschlagen hat. Hätte genausogut der Wind sein können.«
    »Der ist es immer …« Constance zitterte, als sei ihr der Frost in die Glieder gefahren. »Und jetzt?« Sie lehnte sich zurück; erschauernd umfaßte sie ihre Ellbogen.
    Crumley breitete eine Sammlung Fotokopien aus Zeitungen auf dem Küchentisch aus. Alles in allem drei Dutzend Artikel, längere und kürzere, alle vom letzten Tag im Oktober und aus der ersten Novemberwoche 1934.
    »Hier.«
    »ARBUTHNOT, DER STUDIOMAGNAT, BEI AUTOUNFALL GETÖTET«, war der erste überschrieben. »C. Peck Sloane, sein Kompagnon bei Maximus-Studio, und seine Frau Emily bei selbem Unfall ums Leben gekommen.«
    Crumley pochte auf den dritten Artikel. »Die Sloanes wurden am gleichen Tag wie Arbuthnot begraben. Die Totenmesse wurde in der gleichen Kirche direkt gegenüber dem Friedhof gehalten. Alle drei im gleichen Friedhof auf der anderen Seite der Mauer begraben.«
    »Wo passierte der Unfall denn?«
    »Um drei Uhr morgens, an der Gower Street, Ecke Santa Monica Boulevard.«
    »Mein Gott! Das ist die Ecke am Friedhof! Gerade eine Straßenecke vom Studio entfernt!«
    »Äußerst praktisch, was?«
    »Spart einem Wege. Wenn du direkt vor der Leichenhalle stirbst, brauchen sie dich nur noch hineinzukarren.«
    Crumley beugte sich stirnrunzelnd über einen anderen Artikel. »Sieht so aus, als hätten sie eine scharfe Halloween-Party gefeiert.«
    »Und Sloane und Arbuthnot sind dabeigewesen?«
    »Hier steht, Doc Phillips hätte ihnen angeboten, sie nach Hause zu bringen, doch sie lehnten ab, obwohl sie getrunken hatten. Der Doc fuhr mit seinem Wagen vor den anderen beiden her, um den Weg zu sichern; als er bei Gelb über eine Ampel fuhr, sausten Arbuthnot und Sloane bei Rot hinterdrein. Ein nicht näher bekanntes Auto hätte sie beinahe erwischt. Das einzige Auto, das um drei Uhr morgens unterwegs war! Die Wagen von Arbuthnot und Sloane kamen ins Schleudern, gerieten außer Kontrolle, knallten gegen einen Telefonmast. Doc Phillips war mit seiner Arzttasche sofort bei ihnen, aber zu spät. Sie waren alle tot. Die Leichen wurden in die hundert Meter entfernte Leichenhalle gebracht.«
    »Meine Güte«, sagte ich. »Das paßt ja perfekt!«
    »Genau«, sinnierte Crumley. »Eine Mordsverantwortung für den pillendrehenden Drogendoktor. Schöner Zufall, daß er direkt dabei war. Er, der sowohl für die ärztliche Versorgung als auch für die Polizei auf dem Studiogelände verantwortlich war! Er, der die Leichen in die Leichenhalle transportiert hat. Hat er die Leichname auch gleich als Leichenbestatter zurechtgemacht? Bestimmt! Er war finanziell an dem Friedhof beteiligt, hatte in den frühen Zwanzigern mitgeholfen, die ersten Gräber dort auszuheben. Er sah sie kommen und gehen, und auch zwischendrin kümmerte er sich um sie.«
    Fleisch kann wirklich unter der Haut kriechen, dachte ich und betastete meine Oberarme.
    »Hat Doc Phillips die Totenscheine ausgestellt?«
    »Ich hatte gehofft, du würdest nicht danach fragen.« Crumley nickte.
    Constance, die wie gelähmt auf die Zeitungsartikel gestarrt hatte, äußerte sich endlich. Sie sprach mit Lippen, die sich kaum bewegten: »Wo ist dieses Bett?«
    Ich führte sie nach nebenan und setzte mich auf den Bettrand. Sie hielt meine Hände wie eine aufgeschlagene Bibel und atmete schwer ein.
    »Kleiner, hat dir schon jemals jemand gesagt, daß dein Körper nach Cornflakes und dein Atem nach Honig

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