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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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sei still!« Manny funkelte mich an. »Ich will zehn Seiten, so voller Schrecken, daß ich in die Hose mache! Und du –«, er zeigte mit dem Finger auf Roy, »– egal was er zusammenschreibt, du pappst es mit Dinosaurierfladen zusammen! Und jetzt, verduftet! Wenn ihr Gesichter schneiden wollt, dann macht das morgens um drei vor dem Spiegel!«
    »Sir«, riefen wir.
    Die Tür knallte zu.
    Draußen im Sonnenlicht blinzelten Roy und ich uns zu.
    »Da hast du uns ja wieder was eingebrockt, Stanley!«
    Unter lautem Gelächter machten wir uns an die Arbeit.
    Ich schrieb zehn Seiten, mit genügend Platz für Monster aller Sorten. Roy klatschte dreißig Pfund nassen Ton auf einen Tisch und tanzte um den Klumpen herum. Er schlug und formte ihn, in der Hoffnung, daß das Monster wie eine Blase aus einem prähistorischen Teich aufsteigen würde, es sollte mit einem Zischen und einer Wolke aus Schwefeldampf an der Oberfläche zerbersten und den wahren Horror auf die Welt loslassen.
    Roy las mein Skript.
    »Wo ist denn dein Monster?« stieß er hervor.
    Ich warf einen Blick auf seine Hände, die zwar mit blutrotem Ton beschmiert, aber sonst gänzlich leer waren.
    »Und wo ist deins?«
    Nun saßen wir hier, drei Wochen später.
    »Hey«, sagte Roy, »wieso bleibst du da unten stehen und glotzt mich an? Komm her, nimm dir einen Doughnut, setz dich, sprich dich aus.«
    Ich ging hinauf, nahm mir einen Doughnut und setzte mich auf die Verandaschaukel, die abwechselnd nach vorne in die Zukunft und nach hinten in die Vergangenheit schaukelte. Vor mir: Raketen und der Mars. Hinter mir: Dinosaurier und Teergruben.
    Und ringsum gesichtslose Monster.
    »Für jemanden, der normalerweise mit hundert Kilometern in der Stunde quasselt«, sagte Roy Holdstrom, »bist du außergewöhnlich schweigsam.«
    »Ich habe Angst«, sagte ich endlich.
    »Dann mal los.« Roy brachte unsere Zeitmaschine zum Stillstand. »Sprich, o Erhabener.«
    Ich sprach.
    Ich ließ die Mauer vor seinem inneren Auge erstehen, schleppte die Leiter heran, hievte den Leichnam hinauf und sorgte für den frostigen Regen. Dann schlug der Blitz ein, und die Leiche fiel herab. Nachdem ich geendet hatte und der Regen auf meiner Stirn verdunstet war, gab ich Roy die getippte Einladung zu Allerheiligen.
    Roy las sie durch, dann warf er sie auf den Boden und stellte seinen Fuß darauf. »Da hat sich wohl jemand einen Scherz erlaubt!«
    »Bestimmt. Und doch … mußte ich schnell nach Hause gehen und meine Unterwäsche verbrennen.«
    Roy hob den Zettel auf und las ihn erneut durch. Dann schaute er in Richtung der Friedhofsmauer.
    »Warum sollte jemand so eine Nachricht überbringen?«
    »Ja, warum nur? Vor allem, wo doch kaum jemand von den Studioleuten weiß, daß ich hier bin!«
    »Immerhin war gestern nacht Halloween. Und trotzdem, ein ziemlich ausgeklügelter Scherz, eine Leiche eigens eine Leiter hinaufzubugsieren. Moment – was ist, wenn sie dich für Mitternacht eingeladen haben, andere Leute hingegen um acht, um neun, um zehn und um elf? So könnte man einen nach dem anderen erschrecken! Das wäre eine Erklärung!«
    »Nur, wenn du dir das ausgedacht hast!«
    Roy drehte sich abrupt zu mir um. »Du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich …«
    »Nein. Doch. Nein.«
    »Welches von beiden?«
    »Erinnerst du dich an jenes Halloween, als wir beide neunzehn waren und ins Paramount-Kino gingen, um uns Bob Hope in Erbschaft um Mitternacht anzusehen, und plötzlich schrie das Mädchen vor uns laut auf, ich drehte mich um, und du saßest neben mir mit einer Teufelsfratze aus Gummi vor dem Gesicht?«
    »O ja«, lachte Roy.
    »Weißt du noch, wie du mich anriefst und mir sagtest, daß Ralph Courtney, unser bester Freund, gestorben sei, er liege bei dir im Haus und ich solle sofort vorbeikommen? Das war auch nur ein Scherz. Du wolltest Ralph dazu bringen, sein Gesicht weiß einzupudern, sich auf dem Tisch auszustrecken und den Toten zu markieren. Und wenn ich ins Zimmer käme, sollte er plötzlich aufstehen. Kannst du dich erinnern?«
    »Na klar.« Roy mußte wieder lachen.
    »Leider traf ich Ralph auf dem Weg zu dir, was dir deinen schönen Scherz verdarb.«
    »Ja, so war’s.« Roy schüttelte den Kopf über seine eigenen Streiche.
    »Na denn. Kein Wunder, wenn ich dir zutraue, daß du den blöden Leichnam auf die Mauer gestellt und mir die Einladung geschickt hast.«
    »Dabei hast du eins vergessen«, sagte Roy. »Du hast Arbuthnot mir gegenüber kaum je erwähnt. Wenn ich die Leiche

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