Friedhof New York
verfluchte Dämon schickte ihm bereits die Träume und auch seinen Todesengel, der zum Mörder geworden ist.«
Die Nachricht war für Chato neu. Wir sahen es am kurzen Aufblitzen seiner Augen, gleichzeitig eine Aufforderung an uns, doch auf Einzelheiten einzugehen, was Suko gern tat und ihn darüber aufklärte, was bisher passiert war.
Chato hörte zu. Dabei bewegte er sich nicht. Er hockte da wie ein Denkmal. Als Suko seine Erzählung beendet hatte, nickte er nur. »Er hat nichts vergessen, gar nichts«, sagte er nur. »Er weiß genau, wo er den Hebel ansetzen muß.«
»Derartig viele Umstände für einen einzelnen Mann?« fragte ich und war skeptisch.
»Es geht nicht um Abe Douglas allein«, erklärte Chato. »Es ist möglicherweise ein Aufhänger, denn Jericho hat in dieser Stadt sehr gute Bedingungen vorgefunden.«
Das wollte ich so nicht akzeptieren. »Chato, du mußt dich irren. Er ist ein Dämon aus der Wüste, er…«
»Es kommt ihm auf die Menschen an, John.«
»Ja, auf die…«
»Auf meine Brüder!«
Ich schwieg. Auch Suko hatte zu diesem Thema nichts zu sagen, denn Chato wußte wohl mehr. Er zögerte auch nicht länger mit seiner Aufklärung. »Es gibt noch immer die Diskrepanz zwischen Weiß und Rot. Zwischen den Ureinwohnern dieses Landes und den Eroberern. Ich möchte nicht an die zahlreichen Prozesse erinnern, die laufen, mir kommt es auf etwas anderes an.« Er redete mit wohl abgestimmten Worten, die zeigten, daß Chato Bildung besaß. »Allerdings muß ich davon ausgehen, daß es bestimmte Bereiche gibt, wo die Weißen auf uns angewiesen sind, bei den Wolkenkratzern zum Beispiel.«
»Das wissen wir«, sagte ich. »Es werden Indianer engagiert, um die Arbeiten durchzuführen.«
»So ist es.«
»Außerdem haben wir schon mit ihnen Kontakt gehabt, als es um den rollenden Galgen ging.« [3]
»Davon weiß ich nichts, ich akzeptiere es. Es sind also viele meiner Brüder nach New York und in andere Städte geholt worden, um hier zu arbeiten, wobei ich zugebe, daß der Lohn nicht einmal schlecht ist. Aber das ist ein anderes Thema. Auch Jericho weiß, wo sich die Apachen aufhalten. Er kommt aus der Wüste, sie kommen aus der Wüste, und er hat sich meine Brüder als Opfer ausgesucht.« Wir hatten begriffen.
»Das heißt«, sagte ich, »er hat eine neue Gruppe von Träumenden aufgebaut.«
»Ja.«
»Hat er es auch bei dir versucht?« fragte Suko.
»Nein, denn er wird wissen, daß ich innerlich einfach zu stark bin und mich gegen ihn wehren kann. Ich habe trotzdem durch einen Freund davon erfahren, der mich um Hilfe bat. Er sagte: ›irgendwann wirst du mich hassen, Chato‹, weil er die Gefahr eben als zu schlimm ansah. Ich bin anderer Meinung, denn ich habe mir geschworen, mich dieser Gefahr entgegenzustemmen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie grausam Jericho sein kann, und ich möchte nicht, daß die Dinge eintreten, von denen Suko mir eben berichtet hat. Jetzt bin ich froh, daß wir wieder zusammen sind. Ich habe nicht vergessen, was wir in der Wüste gemeinsam erlebten.«
»Wie weit sind seine Pläne schon gediehen?« wollte Suko wissen.
»Sehr weit. Jericho hat bereits all meine Brüder kontaktiert. Ich habe erlebt, wie ein Todesengel erschien, der meinen Freund Tom Sengara töten wollte. Er hat es nicht geschafft, weil ich schneller gewesen bin. Aber es kommt die nächste Nacht, und ich glaube, daß sie die entscheidende sein wird.«
Ich schluckte. Verdammt, das sah gar nicht gut aus. Ich holte tief Luft, räusperte mich und nickte ihm dann zu. »Du hast davon gesprochen, daß er all deine Freunde unter seine Knute gebracht hat, wenn ich mich nicht irre.«
»So ist es.«
»Kannst du die genaue Zahl nennen?«
»Es sind mehr als dreißig Männer, John.«
»Das ist viel.«
»Ich weiß, aber wir haben trotzdem einen Vorteil auf unserer Seite. Wer von meinen Brüdern in diese Stadt kommt, um hier zu arbeiten, wird nicht automatisch von ihr geschluckt. Er nimmt auch nicht die Sitten der Weißen an. Er wird sich kaum mit ihnen verbrüdern, er hält sich zurück, das heißt, er bleibt bei den anderen, bei seinen Brüdern. Er arbeitet nicht nur mit ihnen zusammen, sie schlafen auch gemeinsam in den sogenannten Sammelunterkünften. Das sind Häuser oder von den Firmen aufgestellte Container, in denen sie für die Zeit ihrer Arbeit hier in New York leben. Es findet bei den Männern ein ständiger Wechsel statt, doch es sind immer genügend in der Stadt, die von Jericho beeinflußt werden
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