Friedhof New York
Ziele lagen, die nur für ihn erkennbar waren. Dabei verrieb er das Pulver auf seinen Handflächen. Suko wußte, daß er von nun an der Kraft des reinigenden Feuers vertraute. Es war eine Waffe, die er immer wieder gern einsetzte und die ihm auch half.
Seine Beschwörung dauerte nicht lange. Die Worte versickerten zu einem Murmeln.
Es wurde still.
Suko atmete tief und hörbar durch. Er schaute auf die anderen Betten, wo die Männer tief gefangen in ihrem Schlaf lagen. Sie würden erst wieder reagieren können, wenn Jericho es für richtig hielt.
Schritte klangen auf.
Und genau diese Geräusche rissen Suko und Kray aus ihrer gespannten Erwartung.
Beide drehten die Köpfe in eine bestimmte Richtung. Und zwar dorthin, woher sie auch gekommen waren. Wer immer den Wohncontainer betreten hatte, er war durch den normalen Eingang gekommen.
Nur konnte er selbst nicht als normal bezeichnet werden. Diese dumpf klingenden Schritte, die sein Kommen begleiteten, die schienen nicht von dieser Welt zu sein. Sie waren auch nicht normal, sie hinterließen Echos, die durch den Schlafsaal schwangen und selbst das Schnarchen oder das laute Atmen der Schläfer übertönten.
Es war nur eine Person…
Krays Nervosität nahm zu. Sie steigerte sich zu einer Angst, und als er flüsternd sprach, da klang seine Stimme sehr hektisch. »Ich… ich weiß, wer er ist.«
»Und?«
»Der schwarze Mann. Ich habe ihn auch in meinen Träumen gesehen. Er ist auch der vom Boot. Ich erkenne ihn an seinen Schritten. Sie sind so einmalig. Sie lassen sich nicht stoppen. Der schwarze Mann wird alles in seine Gewalt bringen – alles.«
Suko widersprach ihm nicht. Er ließ Kray nur allein, weil er dorthin gehen wollte, wo die Schritte aufgeklungen waren. Da gab es Stellen, von denen er besser schauen und beobachten konnte.
Ein etwas breiterer Mittelgang teilte den Wohncontainer gewissermaßen in zwei Hälften. Diesen Gang waren auch Suko und Chato gegangen, jetzt benutzte ihn ein anderer.
Es war der böse Mann.
Suko wollte nicht erschrecken, als er ihn plötzlich sah, er zuckte trotzdem zusammen, denn die Gestalt näherte sich ihm wie das Böse persönlich.
Der Hut mit der breiten Krempe, der Mantel mit seinen langen Ärmeln, aus dessen Löchern die Hände hervorschauten. Die Finger sahen aus wie wächserne Stummel.
Das war Jericho. Er blieb stehen.
Auch Suko ging keinen Schritt weiter. In seinem Rücken hörte er leise Schritte. Wahrscheinlich kam Chato. Suko drehte sich nicht um, er wollte Jericho keinen Moment aus den Augen lassen, der seine Arme ausbreitete, sie dann anhob und die kurzen Stummelfinger in die Nähe seines Hutrands schob, ihn berührte und die Kopfbedeckung mit einer leichten Geste in den Nacken drückte.
Er präsentierte sein Gesicht, und er zeigte es bewußt, weil er Angst, Widerwillen und Ekel verbreiten wollte.
Er hatte sich seit damals nicht verändert. Noch immer wirkte es wie das übergroße Zerrbild eines Babygesichts. Es bestand aus aufgeblasenem, feucht schimmerndem Fett. Es war aber auch in seiner Einmaligkeit richtig widerwärtig, und manch einem Menschen rann bei seinem Anblick der kalte Schauer über den Rücken.
Die kleinen Augen hatte er weit geöffnet. Seine Pupillen sahen aus, als würden sie sich in einer wäßrigen Lösung bewegen, und sein Mund war ein schwabbelndes Etwas, das an den Rändern zuckte. An den Lippen klebte der Speichel wie Leim, und wenn er sie auseinanderzog, dann blieben dünne Fäden zwischen ihnen hängen. Er streckte auch die Zunge vor.
Sie wirkte wie ein rosiger Klumpen, als sich deren Spitze zuckend von rechts nach links bewegte.
Das war er, und er hatte sich tatsächlich wieder so zusammengeformt wie vor seiner Niederlage.
Wie konnte man ihn vernichten?
Einmal hatten die Trompeten seine Stadt Jericho vernichtet. Beim zweiten Angriff war er durch John Sinclairs Bumerang zerteilt, zerrissen und in die Wolken des Himmels hineingeschleudert worden. Wie viele Leben hatte dieser Dämon noch?
Bisher hatte Jericho nicht gesprochen, nur genossen. Plötzlich aber redete er: »Ich habe euch wieder.«
»Na und?«
»Ich bin wieder stark.«
»Du sprichst von deinen Träumern?«
»Ja, von ihnen. Denn sie haben mir wieder eine neue Welt geschaffen, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Sicher, ich kenne mich aus. Sehr gut sogar.« Suko gestattete sich ein Lächeln. »Man hat uns bereits von deiner neuen Welt berichtet. Sie gefällt mir nicht.«
»Das glaube ich dir sogar. Aber sie ist
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