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Friesenherz

Friesenherz

Titel: Friesenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janna Hagedorn
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Reizverarbeitungssysteme auf unterschiedlichen Kanälen. Will sagen: Jan sah aus wie ein verkleidetes Kindergartenkind, er benutzte alberne Ausdrücke wie meine sechzehnjährige Tochter, aber trotzdem wollte ich ihn. Es war mein Recht. Ein Recht, auf das mein ganzer Körper pochte.
    Abgesehen davon, dass er nackt mit Sicherheit attraktiver war als in seinem derzeitigen Aufzug.
    Jan zog mich in den Hausflur und schloss die Tür. »Sorry«, sagte er nochmals, »der Summer und die Sprechanlage sind ka putt, schon seit Ewigkeiten. Aber Treppensteigen macht einen guten Arsch.«
    Ich sah ihn regungslos an. »Schickes Shirt«, sagte ich.
    Jan blickte peinlich berührt zur Seite.
    »Wenn ich gewusst hätte, dass du kommst …«
    »Dann?«
    »Na, dann hätte ich es ausgezogen.« Er schob langsam seine Hand unter den Saum.
    »Und stattdessen?«
    »Wie, stattdessen?«
    Mit jedem seiner Worte gewann Jan Oberwasser. Dabei hatte ich mir fest vorgenommen, mir nichts anmerken zu lassen. Nicht, wie verzweifelt ich war. Und nicht, wie scharf auf ihn.
    Wie in der letzten Nacht wollte ich mich hofieren lassen, eine Meereskönigin, die auf der Schaumkrone unserer gemeinsamen Lust ritt. Wollte mich bitten lassen und schließlich großzügig nachgeben, bis es uns über die Zielgerade spülte. Wie es sich für erwachsene Menschen gehörte. Stattdessen starrte ich auf den Streifen Haut, der zwischen dem schrecklichen T-Shirt und der furchtbaren Hose sichtbar geworden war, und spürte: Ich würde beinahe alles tun, um heute noch unter diesen Stoff zu kommen. Und ich spürte auch: Jan sollte besser nicht so genau wissen, wie sehr ich ihm verfallen war.
    Ich musste mich retten. Ich musste mich dringend retten, ehe ich in diesem schmuddeligen, nach Matjeshering riechenden Flur über diesen Meeresgott herfiel und ihm seine grauenvolle Aufmachung vom Leib riss.
    »Was sollte das eigentlich werden, wenn’s fertig ist?«, hauchte ich schwach und deutete auf die dickschwänzigen Ungeheuer auf Jans Brust.
    »Ach, das«, sagte er. »Eine Partie Computergames natürlich. Spiel ich immer mit meinem Kumpel.«
    »Playstation?«, fragte ich vorsichtig. Ich kannte mich nicht gut aus in der Welt der virtuellen Spiele. Mütter mit Söhnen hatten bei dem Thema immer die Nase vorn.
    »Ach was.« Jan winkte ab. »Das ist ein Online-Game, mit total cooler 3-D-Grafik. Und seit wir im fünften Level sind, sind richtig viel Features dazugekommen.«
    Dann legte er mir ohne Vorwarnung die Hand auf den Busen. »Diese Features find ich aber auch ziemlich gut«, grinste er. »3-D zum Anfassen.«
    Ich zwang mich, würdevoll einen Schritt zurückzutreten.
    »Aber wenn ich störe …«, sagte ich. Jan rückte auf und packte mich um die Taille. Er roch nach Meer und Hautcreme und ein bisschen nach Schweiß.
    »Wer sagt denn was von stören?«, raunte er in mein Ohr. Dann schob er mich die Treppenstufen hoch in den zweiten Stock.
    Neben der Eingangstür zu seinem Appartement lagerte eine ganze Batterie von Getränkekisten, daneben standen Schuhe mit Schlammspritzern. Als ich eintrat, schlug mir der Geruch von ge schmolzenem Käse und Bier entgegen. Ich warf einen Blick in eine winzige Küche, in der sich Geschirr stapelte, aber Jan schob mich zielgerichtet in das einzige Zimmer.
    Zwei große Flachbildschirme schimmerten auf einem Furnierholzschreibtisch vor sich hin und tauchten den Raum in Däm merlicht. Den Schreibtisch kannte ich. 359 Euro bei Möbel Höffner, in diversen Lackierungen erhältlich, das praktische Jugendzimmer modell mit verschiedenen Erweiterungsmodulen. Zu günstigen Konditionen finanzierbar in sechs bis zwölf Monatsraten.
    Der in Ronjas Zimmer war rosa. Er stammte aus ihrer Pferde- und Feenphase. Lange vor der Mangazeit.
    »Willst du was trinken?«, fragte mich Jan. »Kalte Fanta vielleicht?«
    Ich schüttelte den Kopf, trat näher an den Bildschirm und blickte auf das schuppige Monster, das sich darauf um die eigene Achse drehte und offensichtlich darauf wartete, per Mausklick zum Leben erweckt zu werden.
    »Der hat genauso grüne Ohren wie du«, sagte ich etwas ein fallslos.
    Jan lachte und hängte sein Ohrenarmband über den Rand des Bildschirms. Dann trat er hinter mich und legte seine Hände auf meinen Bauch. Etwas Hartes presste sich gegen meinen Po. Kein Zweifel: Er wusste, warum ich gekommen war, und er wusste auch, dass ich wusste, dass er es wusste.
    Ich schwankte zwischen Lust und Ärger. War das Leidenschaft? Wollte er es schnell hinter sich

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