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Friesenkinder

Friesenkinder

Titel: Friesenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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eine gynäkologische Praxis in Leck hatte und vor einer Woche ermordet worden war. Dirk hatte Haie erzählt, er sei anfänglich davon überzeugt gewesen, den Täter schnell zu fassen. Dr. Merizadi war nicht an der KZ-Gedenkstätte ermordet worden und daher musste es woanders Spuren geben. Der Arzt war brutal erstochen worden und hatte laut Angaben des Gerichtsmediziners viel Blut verloren. Und Blut hinterließ immer Spuren, zumal man davon ausgehen konnte, dass der Täter die Leiche ja irgendwie zum Fundort gebracht haben musste. Und das wahrscheinlich mit einem Auto. Nicht zu vergessen die schmalen Reifenspuren, die sie gefunden hatten und die vermutlich zu einem Kinderwagen gehörten. Aber das war dann auch schon so gut wie alles, was ihnen über das Opfer und den Mord bekannt war, und eigentlich durften Tom und Marlene nicht einmal das wissen. Doch Thamsen wusste, er konnte ihnen vertrauen. Sie würden schweigen und diese Informationen lediglich dazu nutzen, den befreundeten Kommissar bei seinen Ermittlungen zu unterstützen. Aber in diesem Fall konnten sie ihm nicht wirklich helfen. Außer der Verbindung zwischen dem Toten und der ehemaligen Bettnachbarin Marlenes hatten sie nichts Greifbares in der Hand.
    »Aber warum hat er dann nicht alle betreut? Was ist mit Miriam Kuipers?«, warf sie ein.
    »Vielleicht wollte die lieber eine Hebamme«, vermutete Haie.
    »Ach, was soll’s«, gab Marlene sich geschlagen. Vielleicht trog sie ihr Bauchgefühl, obwohl sie ein ausgeprägtes Gespür für derartige Zusammenhänge hatte. Es war mehr als weibliche Intuition. Zumindest seit dem Mord an ihrer besten Freundin Heike hatte sie für Kleinigkeiten Sensoren entwickelt, die auch schon in anderen Fällen Puzzlestücke zusammengefügt hatten.
    Aber sie konnte den beiden Männern nicht erklären, was genau in diesem Fall dieses eigenartige Gefühl in ihr auslöste. Trotzdem sagte ihr irgendetwas, dass es einen Zusammenhang gab zwischen dem toten Arzt und dem von ihm im Reagenzglas gezeugten Baby, das anscheinend spurlos verschwunden war.

15.
     
    Thamsen stand von seinem Schreibtisch auf und reckte sich. Es war spät geworden. Die Pressekonferenz hatte ewig gedauert. Ursprünglich hatte er gedacht, die Journalisten würden die Informationen nehmen und wieder verschwinden. Aber eigentlich hätte er es besser wissen müssen. Natürlich hatten die Vertreter der Medien Fragen über Fragen gestellt.
    Die Husumer Kollegen hatten nur dagesessen und die Lippen zusammengekniffen, während er sich eine Antwort nach der anderen hatte aus den Fingern saugen müssen. Aber anscheinend dachten die feinen Beamten, dies sei hier sein Revier, und hatten ihn der Meute von Presseleuten überlassen.
    Nach einer Stunde hatte er dann die Konferenz für beendet erklärt und nochmals auf den Inhalt der Presseerklärung verwiesen. Ansonsten würden sie wahrscheinlich immer noch Fragen stellen. Der Fall verursachte einen ordentlichen Wirbel und hatte inzwischen bereits über die Grenzen von Nordfriesland hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Es war nur eine Frage der Zeit, wann das Fernsehen hier auftauchen würde. Rechtsradikale Taten lockten die Sender immer irgendwann aus den Löchern.
    Er schob die Akten sorgfältig zusammen und steckte einige davon in seine Tasche. Vielleicht fand er am Wochenende Zeit, den einen oder anderen Bericht noch einmal durchzugehen. Manchmal sah man mit etwas Abstand die Dinge plötzlich in einem neuen Licht.
    Morgen würde er jedoch erst einmal ausschlafen. Und vielleicht fand er anschließend die Zeit, mal wieder eine Runde zu laufen. Früher hatte er das regelmäßig gemacht und irgendwie hatte er den Eindruck, seine Müdigkeit rührte auch ein wenig von der mangelnden Bewegung her. Er fühlte sich schlapp und erledigt. Daher fiel es ihm umso schwerer, sich aufzuraffen und loszulaufen. Aber wenn er Anne dazu bewegen konnte, ihn mit dem Fahrrad zu begleiten, war es vielleicht leichter. Zumindest für das erste Mal. Anschließend musste er mittags dann seine Mutter vom Bahnhof abholen. Wahnsinn, wenn er bedachte, wie die Woche an ihm vorbeigerast war. Er hatte das Gefühl, sie erst gestern verabschiedet zu haben. Wahrscheinlich würde ihm ein Urlaub auch mal wieder guttun. Er war schon lang nicht mehr verreist. Ein oder zwei Tage mit den Kindern, das ja, aber Urlaub? Vielleicht sollten sie im nächsten Sommer einfach mal ihre Koffer packen. Ansonsten waren die Kinder bald zu alt und wollten nicht mehr mit ihrem alten Herrn

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