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Friesenkinder

Friesenkinder

Titel: Friesenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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sofort auffallen und er wollte auf keinen Fall riskieren, entdeckt zu werden.
    Wo die wohl hinfahren, fragte er sich, während er im Schneckentempo dem Weg folgte. Es dauerte nicht lang, da verlangsamte der Mercedes das Tempo und bog in die Zufahrt zu einem abgelegenen Hof ein. Thamsen blieb in sicherem Abstand und beobachtete das Geschehen auf dem Vorplatz.
    Die Typen parkten neben ein paar anderen Fahrzeugen, stiegen zusammen mit der Frau und dem Baby aus und verschwanden in dem Wohnhaus.
    Der Hof schien nicht mehr bewirtschaftet. Jedenfalls wirkten die Gebäude reichlich baufällig. Dirk ließ den Eingang nicht eine Sekunde aus den Augen, doch es tat sich nichts. Rein gar nichts. Er überlegte, ob er Verstärkung rufen sollte, aber bisher hatte er nichts in der Hand, was ein Eindringen in den Hof rechtfertigen würde. Vorsichtshalber rief er jedoch in der Dienststelle an, um Bescheid zu geben, wo er sich aufhielt. »Soll ich Verstärkung schicken?«, fragte Ansgar Rolfs. Doch Thamsen lehnte ab. »Ich schaue mich erst einmal um und melde mich anschließend.« Er legte den Rückwärtsgang ein, stoppte auf einem Feldweg und versteckte den Wagen hinter einer Biegung. Dann stieg er aus. Wenn er hinten über das Feld ging, dort, wo ein kleines Waldstück anschloss, konnte er vielleicht unbemerkt zum Haus kommen, überlegte er. Hoffentlich gab es keinen Hund, der sein Anschleichen verriet. Er lief hinüber auf die andere Straßenseite und sprang über einen schmalen Graben.
    Platsch. Die Wiese war ziemlich morastig und er trug nicht das passende Schuhwerk für eine Feldexkursion. Als er zu seinen schwarzen Lederschuhen hinabsah, ärgerte er sich, denn sie waren bereits jetzt matschbedeckt und total durchnässt.
    »Mist!«, fluchte er, aber es war ohnehin schon zu spät. Nun konnte er ebenso gut weitergehen. Im Schutz einiger Büsche lief er bis zu dem Waldstück und von dort hinüber zu einem der Ställe. Ein Blick ins Innere bestätigte seine Vermutung, dass dieser Hof schon länger nicht mehr als landwirtschaftlicher Betrieb genutzt wurde.
    Er hielt einen Moment inne und lauschte. Doch es war nichts als das leichte Pfeifen des Windes zu hören, der durch die zerbrochenen Fenster fegte. Durch den ehemaligen Kuhstall stahl er sich bis zum Übergang zum Haupthaus. Auch hier prüfte er noch einmal, ob die Luft rein war, ehe er geduckt zu einem der Fenster schlich. Jetzt endlich konnte er Stimmen und lautes Babygeschrei vernehmen. Er wunderte sich, dass er nicht schon früher etwas gehört hatte, aber wahrscheinlich hatte der Wind, der in die andere Richtung wehte, die Geräusche mit sich genommen. Er kroch ganz unter den Fenstersims, um möglichst viel mitzubekommen.
    »Also, bei Martina ist übermorgen Stichtag. Ich würde vorschlagen, du, Michael, fährst mit ihr nach Flensburg.«
    »Nach Flensburg?«
    »Na ja. Da wir nicht mehr in der Praxis entbinden können, fallen wir da vorläufig am wenigsten auf. Die letzten Geburten waren in Husum, wir sollten da abwechseln.«
    »Ja, und wie geht es sonst weiter?«
    Eine kurze Pause entstand.
    »Was weiß ich? Müssen wir halt selbst ran!« Es folgte verhaltenes Gelächter.
    »Aber deine Nase wirkt nicht besonders arisch. Das macht ja alles zunichte, wenn wir nun deine Gene weiterverbreiten.«
    »Halt’s Maul!« Anscheinend empfand der Angesprochene das nicht als witzig und fühlte sich tödlich beleidigt. Der Ton war scharf und Thamsen war nicht sicher, ob drinnen nicht gleich die Situation eskalieren würde.
    »Ich habe diesen Wunderarzt jedenfalls nicht umgebracht. Wer war denn nur so doof?«
    Thamsen hielt den Atem an. War hier und heute tatsächlich der Mörder von Dr. Merizadi zu finden? Er harrte einen Moment aus, doch plötzlich war kein Wort mehr zu hören. Hatte man ihn etwa entdeckt?

25.
     
    Haie radelte durchs Dorf zum SPAR-Markt. In der Hand hielt er dabei sein Handy. Er wollte auf gar keinen Fall den Anruf des Freundes verpassen. Wann Dirk sich wohl endlich meldete?
    Er stellte sein Fahrrad in dem bereitstehenden Ständer ab und betrat gedankenversunken den kleinen Supermarkt. An der Kasse plauderte Helene wie gewöhnlich mit einer Kundin.
    »Das ist wirklich fürchterlich. Was passiert denn nun mit der Praxis?«
    Bei dem Wort ›Praxis‹ wurde Haie hellhörig. Er blieb an einem Regal am Eingang stehen und betrachtete die Zeitschriften.
    »Wird geschlossen. Wer will denn auch so eine Praxis übernehmen? Außerdem kann den Herrn Doktor sowieso niemand ersetzen.«

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