Friesenwut - Kriminalroman
aufzuhängen wäre ebenso eine Lösung …«
»Ulfert!« Tanja Itzenga sah ihren
Kollegen vorwurfsvoll an.
»Du weißt, ich bin Realist. Also,
wenn ich so viele Schulden hätte … Na, du hast schon recht, es gibt immer einen
Ausweg.«
»Reicht das, um ihn festzunehmen,
wenn wir ihn finden?«
»So schnell bin ich nun auch
wieder nicht. Aber ich denke, da kommt was zusammen.« Er sah seine Kollegin mit
einem undurchdringlichen Blick an.
»Da ist doch noch etwas.«
»Wir haben Sommers Autoreifen,
Schuhe, Stiefel und sonst was untersucht.«
»Und?«
»Die Erde an den Stiefeln Marten
Sommers ist derjenigen vom Unfallort sehr ähnlich.«
Tanja Itzengas Augen wurden
größer: »Na, das ist …«, dann hielt sie inne: »Also so weit weg ist sein
Hof ja nicht; wahrscheinlich ist dort überall derselbe Boden.«
»Ist er nicht oder allenfalls nur
zum Teil.«
»Bitte?«
»Unsere Spezialisten finden die
allerkleinsten Details! Und da gibt’s dann bedeutende Unterschiede. Man kann
den Boden auf dem Hof und den an der Unfallstelle nach akribischer Untersuchung
voneinander differenzieren.«
»Na toll. Andererseits hat Sommer
ebenfalls Ackerflächen in der Nähe der Unfallstelle; er wird dort alle naselang
mal rumstapfen«, Tanja setzte sich auf den Drehstuhl Ulferts’. »Wir brauchen
endlich mal Beweise, Ulfert. Eilsen nervt rum, der Staatsanwalt meinte, wenn er
öfter wegen solcher Lappalien Durchsuchungsbefehle ausstellen würde, dann gäbe
es sicher Ärger.«
»Verlass’ dich mal immer auf den
Kollegen Ulferts. Der kann es!«
Tanja sah auf und ihrem Kollegen
direkt in die Augen. Das verschmitzte Lächeln kannte sie. Das Beste kam erst
noch.
»Nun sag schon!«
»Wir waren bei Manninga.«
»Mach’s nicht so spannend, ich
habe keine Lust dazu.«
»Aber ich … Bei Manninga haben wir
ebenfalls Autoreifen, Schuhe und Stiefel geprüft.«
»Ulfert, bitte!«
»… es war Dreck dran.«
»Ist an deinen Schuhen sicher
genauso.«
»Okay, ich mach’s kurz,
Spielverderberin. Wir haben ein Paar Stiefel gefunden. Und …« Ulferts machte
ein Pause. Er konnte nicht anders.
»Und?« Itzenga sah ihn flehend an,
doch bitte endlich alles auszuspucken, was er wusste.
»Der Dreck an diesen Stiefeln
entspricht exakt dem von der Unfallstelle. Und in Manslagt kommt weit und breit
eine solche Bodenart, das ist nämlich etwas anderes als der Bodentyp, hab’ ich
mich belehren lassen, nicht vor. Anders gesagt: es ist zwar alles Klei, aber
der feine Unterschied macht’s aus. Jedenfalls haben das die Spezialisten
gesagt.«
Über Ulferts’ Gesicht wehte ein
Ausdruck des Erfolges, des Rechthabens, eines Sieges.
Tanja Itzenga richtete
sich auf. Ihre Gesichtsfarbe änderte sich. Sie lächelte. Für Ulferts waren das
schwere Momente, da sein Begehren, diese Frau zu umarmen, plötzlich wieder
übermächtig wurde.
Die Kommissarin
schien für einen Moment ganz anderen Gedanken nachzugehen. Dann sagte sie
leise, fast unsicher: »Super, Ulfert. Großen Dank an die Kollegen. Das wird
Manninga erklären müssen, und zwar ganz genau.«
»Es gibt noch etwas, und das überzeugt
selbst unseren hochgeachteten Polizeipräsidenten.«
»Ach ja?«
»Wir haben das Kleidungsstück
gefunden, es ist eine Jacke, wie vermutet. Und es ist ein Riss im Innenfutter.«
»Nee …«
»Rate mal, wo?«
»Wenn du schon so fragst: bei
Manninga.«
»In der Mülltonne.«
»Also doch ein Dilettant.«
»Ich hätte dem Herrn
Lehrer mehr zugetraut. Man sollte es den Kindern nicht sagen, was für einen
Fehler er gemacht hat«, Ulferts schmunzelte.
»Also auf nach Manslagt?« Tanja
Itzenga sah ihren Kollegen mit erwartungsvollen Augen an.
»Auf nach Manslagt. Hol noch eine
Streife zur Verstärkung. Bei Manninga weiß man nie. Aber bitte nicht die
Schnarchnasen vom letzten Mal.«
»In zehn Minuten geht’s los. Ich
habe den Haftbefehl schon veranlasst!«, rief Ulferts.
»Das ist mein Part, wie stehe ich
denn jetzt wieder da?«, sagte Itzenga vorwurfsvoll.
»Ich habe natürlich gesagt, dass
du mich gebeten hast, das zu tun«, flötete Ulferts erneut.
»Danke! Ich bin zurzeit nicht ganz
so gut drauf.«
»Man merkt’s. Was ist
denn eigentlich los?« Doch Ulferts wartete keine Antwort ab, er war gedanklich
schon bei der Festnahme. »Wer ist schon immer gut drauf …«, nuschelte er noch
beiläufig und stand auf. Aus Sicht der Polizei würde Manninga schon die nächste
Nacht nicht mehr zu Hause verbringen.
30
»Infolge der
weltweiten
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