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Friesisch Roulette

Friesisch Roulette

Titel: Friesisch Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marvin Entholt
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dumm.
    Es würde eine Weile dauern, bis der Treibstoff in den Tank gelaufen war, und so inspizierte Nicolaj die Werkstatt, in die er geraten war. Alles nicht mehr ganz neu, aber gut ausgestattet. In der Ecke dahinten würde er es sich vielleicht sogar für die Nacht halbwegs bequem machen können, wenn er rechtzeitig genug wieder aufwachte, bevor der Besitzer sein Tagwerk begann.
    Der Diesel plätscherte, Nicolaj leuchtete umher. Neben der Werkbank befand sich ein kleines Fenster, Nicolaj schaute in die Dunkelheit hinaus und erstarrte: Fünf Augenpaare reflektierten den schwachen Schein seiner Lampe und starrten unverwandt zurück. Nicolaj erkannte die Umrisse von Tieren.

13
    Die Lerche gab sich alle erdenkliche Mühe. Sie brachte ihre Syrinx mit aller Kraft in Schwingung, aber in diesen Tagen hatte keiner so recht ein Ohr für sie, es war wie verhext.
    Hundert Meter unter ihr stand die winzige Wilmine Ahlers neben einem kleinen bläulichen Rechteck, das sich aus ebenerdiger Perspektive als der von Nicolaj zurückgelassene Ford Focus entpuppte.
    Wilmine geriet, anders als die inbrünstig singende Lerche, schon wieder in Atemnot, obwohl sie keinen Laut von sich gab. Schon wieder ein ortsfremdes Auto, schon wieder verlassen! Wer weiß, was da passiert war! Schlimmste Dinge liefen vor Wilmines innerem Auge ab, sie sah viel fern.
    Diese winzigen tragbaren Telefone waren ja die Pest – warum musste man stets und überall herumtelefonieren, hat ja früher auch kein Mensch gemacht –, aber wenn man permanent Spuren von Kapitalverbrechen fand, wäre so ein Ding schon verdammt praktisch gewesen, um sofort den Arm des Gesetzes in Bewegung zu setzen.
    Während Wilmine sich suchend umsah und ihr die einzige Option dämmerte, nämlich, in den Ort zu radeln, griff eine Böe Nordnordwest sechs bis sieben hinter ihr in die von Nicolaj nur angelehnte Fahrertür. Diese setzte sich um wenige Zentimeter in Bewegung und verursachte dabei ein Quietschen, das jede Geisterbahn gern im Repertoire gehabt hätte. Wilmine kreischte so laut auf, dass die Lerche über ihr in ihrem sonst unerschütterlichen Rüttelflug aus dem Konzept geriet.
    Wilmine hechtete auf ihr Fahrrad und fuhr, als hätte sie nicht sechs Windstärken Gegen-, sondern Rückenwind.
    ***
    Keuchend enterte Wilmine Ahlers den Laden von Heinrich Siedenbiedel. Noch bevor sie wieder zu Atem gekommen war und das ganze Drama schildern konnte, stellte Heinrich Siedenbiedel ihr das Telefon auf den Tresen und nickte in Richtung des Gerätes.
    Wilmine hackte atemlos auf die Tastatur ein. Sie wählte die Nummer der Polizeistation Westoverledingen, die sie selbstverständlich auswendig kannte. Freizeichen, Wilmine ging ihre abzugebende Meldung im Geiste durch, es klingelte weiter, niemand hob ab.
    Wilmines Unruhe wuchs, sie ließ es lange klingeln, gestikulierte Unverständnis in Richtung von Heinrich Siedenbiedel, der sich demonstrativ einer sinnlosen Sortierung seiner Mettwürste widmete.
    Wilmine gab erst auf, als das Rufzeichen nach einem Knacken auf halbe Tonlänge und doppelte Frequenz wechselte.
    Sie polterte ihre Handtasche auf den Tresen, kramte das Portemonnaie heraus und begann, darin herumzuwühlen.
    Aus dem Augenwinkel konnte Heinrich Siedenbiedel sehen, dass sich darin eine enorm große Ansammlung kleiner und kleinster Zettelchen befand, die sie durchsuchte.

14
    Harm Busboom sah sie schon von Weitem. Der Polizeileichtmatrose hatte sein Kostüm gewechselt. Heute trat er als Polospieler in Violett mit großer Rückennummer »3« auf. Seine Begleiterin kam Harm weiblicher vor als zuletzt, sie trug die Haare offen. Vielleicht hatte sie keine Zeit mehr gehabt, sie streng zu bündeln, bevor sie zum Einsatz gerufen wurde. Jetzt wehten ihr die Haare ins Gesicht, und sie durchsuchte entnervt ihre Taschen, wohl nach einem Haargummi.
    Die beiden Ortsfremden tauchten unter dem rot-weißen Flatterband hindurch, das Harm Busboom mit größter Gewissenhaftigkeit gespannt hatte, so, wie er es aus dem Fernsehen kannte.
    Zum Glück hatte Heinrich Siedenbiedel seinen Laden wieder so weit in Ordnung gebracht, dass er Harms Wunsch nach dem Absperrband mit einem Griff ins Regal befriedigen konnte.
    Wie er die acht Euro neunzig abrechnen sollte, hatte Harm noch überlegt, als er das Band um die Weidensträucher wand. Eigentlich musste er Verbrauchsmaterial ja mit dem Formular VMII /3

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