Frisch gemacht!
lieber für meinen Po als für meinen Mund. Dennoch – ich beuge mich den Mehrheiten. Man soll sich nicht wegen jedem Kram bis aufs Blut streiten. Der Alltag bietet weiß Gott genug Herausforderungen. Eine, der ich mich verweigere, ist das Amt des Elternsprechers. Allein der Gedanke: sich zur Wahl aufzustellen und dann kläglich zu scheitern.
Mit sagen wir mal vier Stimmen auf dem letzten Rang zu landen. Nach so einer Wahl genau zu wissen, dass niemand einen mag oder für kompetent hält. Ich war auch nie Klassensprecherin. Weil ich mich schon damals nicht habe aufstellen lassen. Aus Angst, nicht gewählt zu werden. Dass dieses Verhalten nicht für mein Ego spricht, ist mir klar, und sollte ich je eine Therapie machen, werde ich das Thema mit Sicherheit ansprechen. So lange halte ich mich von Wahlen zu diversen Ämtern fern. Weil ich nicht nur feige, sondern auch noch faul bin. Keine Lust habe, Rundschreiben zu verfassen und Anlaufstelle für Elternprobleme zu sein. Das Lustige bei diesen Wahlen ist jedes Mal das Theater, bis die Kandidaten gefunden sind. Beim ersten Aufruf zieren sich alle. Dann wird gedrängt mit Argumenten wie: »Mach du doch, das wäre doch was für dich, du kannst das bestimmt.« Manche sind schnell weich geklopft. Haben nur auf eine klitzekleine Aufforderung gewartet und sind eigentlich ganz heiß aufs Amt. Andere lassen sich bitten. Müssen fast genötigt werden, schaffen es aber nicht, nein zu sagen. Ulkig ist auch ein weiteres Phänomen: Selbst wenn nur zwei Männer unter 20 Frauen sitzen, einer von den beiden wird garantiert gewählt. Männer haben nun mal weniger Selbstzweifel und sind per se kompetent. Ich melde mich immer gleich freiwillig zur Wahlschriftführerin. Ein Wahnsinns-Schachzug: Schriftführerinnen dürfen leider nicht kandidieren. Eine Wahl zum Elternbeirat ist eine komplizierte Angelegenheit. Man darf nicht einfach sagen, super, zwei haben sich gemeldet – fein, dann sollen sie es doch machen. Dann wäre alles ja eine schnelle Sache. Keiner brüskiert, enttäuscht oder maßlos gelangweilt. Die Abstimmung erfolgt schriftlich und geheim. In mindestens
zwei Wahlgängen. Die Unterlagen müssen aufbewahrt werden. Keine Ahnung wieso. Guckt die nochmal jemand vom Jugendamt durch? Oder sind wir Deutschen einfach so?
Claudia fühlt sich wohl beim »Zwergenaufstand«. Immerhin. Sie weint nicht mal, wenn ich sie abgebe. Das hat mich zu Beginn fast enttäuscht. Bin ich austauschbar? So fade, dass meine Tochter froh ist, von mir wegzukommen? »Sei doch froh«, hat mir Heike zu bedenken gegeben, »du wirst noch oft genug ein schlechtes Gewissen haben.« Wie wahr. »Wäre es dir lieber, sie würde stundenlang herzzerreißend weinen?«, fragt sie nochmal nach. Nee, natürlich nicht. Aber ein winziges Tränchen hätte mir eventuell doch ganz gut getan. Außerdem gehört Claudia zu den Kleinsten. Wird sie den ganzen lieben langen Tag Legosteine auf den Kopf geknallt bekommen, oder vegetiert sie still in einer Ecke vor sich hin? Ich weiß, wie es beim Zwergenaufstand aussieht, und habe trotzdem morgens oft ein Gefühl, als würde ich meine Tochter in einem rumänischen Kinderheim abgeben. Schwiegermutti Inge und meine Mutter haben irgendwo in meinem Unterbewusstsein doch Spuren hinterlassen. Bei allem besseren Wissen nagt das Schuldgefühl an mir.
Meine Pekip-Freundinnen Eva und Conny zeigen Verständnis. Eva beruhigt mich: »Meinst du, Lena amüsiert sich mehr, weil sie rund um die Uhr Zeit mit mir verbringt? Ich glaube, uns beiden würde es gut tun, wenn sie ab und an woanders wäre. Aber Karl ist das nicht recht. Das ist der Nachteil bei den alten Kerlen. Die denken noch komplett traditionell.« Nachdenklich dreht sie am Einkaräter. Alte Kerle. Dass ich nicht lache. Als wäre da in den Köpfen der
vermeintlich neuen Männer viel passiert. Die denken doch immer noch, dass sie kurz vor dem Bundesverdienstkreuz stehen, wenn sie sich mal einen halben Tag um ihre Kinder kümmern. Wenn die mal einkaufen gehen, wird an der Wursttheke fast gratuliert: »Wie reizend der mit seiner Tochter umgeht. Wie lieb der sich kümmert.« Es fehlt nicht viel, und der Herr Vater würde auch ein Scheibchen Gelbwurst bekommen. Mir ist das noch nie passiert.
Ich bin ungerecht. Natürlich gibt es diese wunderbaren Männer, die Erziehungsurlaub nehmen und nichts schöner finden, als sich mit ihrem Nachwuchs zu beschäftigen. Aber die Masse ist es nun mal nicht. Die denken genau wie der alte
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