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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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jederzeit sehen, wie viel Zeit ihm für ein Gespräch oder eine Moderation noch bleibt. Der Aufnahmeleiter hat die Verbindung in die Regie und klatscht nach Großtaten der Protagonisten an. Anklatschen heißt, er beginnt, und die Zuschauer fallen in den Applaus ein. Damit das auch klappt, wird vor der Sendung mit dem Publikum geübt. Die werden richtiggehend angeheizt. Trainiert. Dafür gibt es eine Extraperson, die so zehn Minuten vor Showbeginn die Zuschauer unterhält und dabei
auch das Klatschen übt. »Warm-up« nennt man diese Phase vor Beginn der Sendung. Es gibt Moderatoren, die das Warm-up selbst erledigen. Will gehört nicht dazu. »Ich muss vor der Sendung in mich gehen, wenn ich den Warm-Upper mache, verpulvere ich meine gesamte Energie«, argumentiert er. »Welche Energie?«, habe ich mich gefragt, aber tunlichst meine Klappe gehalten. Aus energietechnischen Gründen macht jetzt Hugo unser Warm-up. Hugo ist Student der Germanistik im 13 . Semester und verdient sich nebenher Kohle als Warm-Upper. Hugo ist ein gut gelaunter Realist: »Warm-Upper zu sein ist für einen Studi nicht das Schlechteste. Bevor ich Big Macs verkaufe, kann ich doch auch Will verkaufen. Und seine Show.« Wo er Recht hat, hat er Recht. Hugo macht seinen Job gut. Er treibt das Publikum fast zur Ekstase. Selbst die Kameraleute müssen ab und an lachen. Und dass die mal lachen, ist selten. Kein Wunder, denn schließlich kennen sie die kleinen Witzchen und Gags seit Jahren. Aber Hugo versteht sein Geschäft. Für jede Sendung denkt er sich neue kleine Scherze aus. Er gibt sich Mühe. Und das wissen die meisten zu schätzen. Auch das Publikum hat Hugo gern. Er wird beklatscht wie ein richtiger Showstar. Obwohl er eigentlich nicht mehr macht, als das Klatschen an richtiger Stelle zu üben, den Leuten sagt, wo die Notausgänge und Toiletten sind, und sie bittet, die Handys auszuschalten. Aber es gibt einfach Menschen, die selbst die profansten Dinge irgendwie gut verkaufen können. Der Einzige, der Hugo nicht besonders mag, ist Will. »Alberner Typ. Was der da einen Affenzirkus aufführt, das ist doch nachgerade peinlich. Brrr. Aber was soll’s. Jeder wie er kann.« Im Grunde seines Herzens hat Will Angst vor Hugo. Angst abzustinken.
Schlechter zu sein. Eine verständliche Angst. Will kann einigermaßene Gespräche führen, die Abteilung Humor ist ihm allerdings komplett fremd. Will ist nicht witzig, quasi humorresistent, und das ist für einen Moderator in der Unterhaltungsbranche natürlich nicht sehr praktisch. Ab und an verlangt Will einen neuen Warm-Upper, aber die Redaktion bleibt wenigstens in diesem Punkt standhaft. Hugo ist nicht nur gut, er ist noch dazu billig. Bei einem Etat wie dem von RMRT ist das ein nicht zu unterschätzender Faktor.
     
    Bei der Probe ist Hugo nicht dabei. Wozu auch? Ist ja auch kein Publikum da, das aufgewärmt werden muss. Oder jedenfalls kein wirkliches. Bei einer Probe sitzen Leute aus dem Sender im Publikum. Von der Maske, der Garderobe oder der Requisite. Ab und an noch zwei, drei Studenten, die als Double einspringen. Für eine solch karge Kulisse braucht man nun wirklich keinen Warm-Upper. Außerdem sind Fernsehfuzzis das undankbarste Publikum überhaupt.
     
    Die Probe läuft gut. Ich fühle mich wohl als Anett Mock. Kann alle Fragen souverän beantworten. Kein Wunder, schließlich habe ich sie schon viermal abgetippt. Minimum. Mal sehen, wie die echte Mock abschneidet. Nicht, dass es nobelpreisverdächtige Fragen wären, aber ganz leicht sind sie auch nicht.
    Immer, wenn die Fragen richtig beantwortet werden, wird das Land gewechselt. Will und ich machen eine Europatour im Eiltempo. Auf Schweden singen wir einmütig »The winner takes it all« von Abba, in weißen Lackstiefeln, die ihm besser stehen als mir mit meinen Mopswaden, der
Reißverschluss zwickt wie verrückt; auf England muss Frau Mock, also ich, Mitglieder des Königshauses raten, und ich vertue mich nur bei der Herzogin von Kent; und im dottergelben Spanien serviert uns eine hübsche Blondine Tapas, die wir mit verbundenen Augen verkosten. Auf dieser imaginären Reise durch Europa plaudert Will mit mir über andere Länder, andere Sitten und das Leben an und für sich. Die Hopserei von Land zu Land macht Spaß. In manchen Ländern muss ich mich umziehen – mal im Dirndl, mal in Bergsteigerkluft auftreten. Das schafft gewisse Probleme, denn Anett Mock hat eine etwas andere Kleidergröße als ich, und so tue ich oft nur so, als ob ich

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