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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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orangefarbenen Bademantels. Panisch dreht sie sich um, Typ Farah Fawcett mit Zigarette in der Hand. »Ich mach sie sofort aus«, flüstert sie in meine Richtung. Eine Frau, wie frisch aus dem Nagelstudio, steht vor mir. Was für Krallen. Bestimmt doppelt so lang wie meine, in diesem dunklen Rot, fast schon Schwarz, lackiert. War vorletztes Jahr die Modefarbe. Von Chanel. Rouge Noir. Und das faszinierendste: Nagel für Nagel mit einem anderen Glitzersteinchen dekoriert. Hier ein kleines Dreieck, dort ein Herzchen. Und Ringe hat die. An jedem Finger wenigstens einen. Von diesen filigranen 49,90 Teilen, die es kurz vor Weihnachten bei Eduscho gibt. Oder war es Tchibo? Ringe, die nur dafür da sind, auch Brillantstaubreste noch zu verwerten. Ringe, die an jeder Hand mickrig aussehen. Ringe, die Männer kaufen, die mal gehört haben, daß wir Frauen bei Diamanten dahinschmelzen, und die zu geizig sind, richtige, ordentliche Steine zu erwerben. Steine, die man auch mit bloßem Auge noch erkennen kann. Wenn es finanziell dafür nicht reicht, ist ein dickes goldenes Teil, oder auch silbernes ohne Diamantstaubrest, allemal besser. Aber wofür gibt es denn Banken und Kredite?
    Ich erkläre ihr, daß mich das Rauchen nicht stört. »Uff«, seufzt sie, »auch eine?« Eigentlich wollte ich nie mehr rauchen. Zu Beginn der Schwangerschaft habe ich es mir erfolgreich abgewöhnt. Es macht sich nicht gut, im 6. Monat mit Riesenbauch paffend an der Bushaltestelle zu stehen. Ist gesellschaftlich nicht anerkannt. Führt zu endlosen moralinsauren Diskussionen mit wildfremden Fötushütern. Ein, zwei habe ich trotzdem heimlich geraucht. Macht aber weniger Spaß, wenn man hinterher wie eine 12jährige lüften und Deo versprühen muß, nur um nicht erwischt zu werden. Und ein winziges blaues Kind wollte ich auch nicht. Die Vorwürfe, nein danke. Wer will sich schon Jahrzehnte später beim vermasselten Staatsexamen des kleinen Lieblings anhören: »Hättest du bloß in der Schwangerschaft nicht geraucht … « Wäre schon blöd, jetzt wieder anzufangen. Andererseits, ein Zigarettchen, nicht auf Lunge, könnte ich mir ja mal gönnen. Als Belohnung für die Presserei. Sie raucht Eve. Für Männerhände viel zu zart. Ich habe gar nicht gewußt, daß es die immer noch gibt. Eve gilt wohl kaum als richtige Zigarette, rede ich mir zu und nehme ihr Angebot dankend an. Schweigend rauchen wir bei weit geöffnetem Fenster. Die Nacht ist klar. Unter dem Fenster auf dem Hof ein riesiger Kippenberg. Wir sind nicht die ersten unartigen Jungmütter, das beruhigt ungemein. Leichter Drehschwindel erfaßt mich. Ich komme mir vor wie bei meinem ersten Joint vor 15 Jahren. Mit Sabine habe ich den geraucht. Hat sie von irgendwelchen Bekannten aus einer Pizzeria gehabt. Naiv, wie ich war, habe ich bis dahin gedacht, in der Pizzeria gäb’s Pizza und im Extremfall noch Nudeln. Wir haben uns in ihrer Wohnung getroffen. Kamen uns wer weiß wie verrucht vor. Haben uns das Ding reingepfiffen, tief inhaliert und dann erwartungsvoll dagesessen. Ich habe sie beobachtet, sie mich. Immer in der Hoffnung, daß es gleich losgeht. Bunte Bilder, Wahnsinns-Halluzinationen. Das einzige Resultat war ein bißchen Gekicher. Ich glaube aber nicht, daß es auf den Joint zurückzuführen war. Lag wohl eher daran, daß wir uns wie zwei paralysierte Kaninchen stundenlang beguckt haben. Als wir nach zwei Stunden immer noch nichts gespürt haben, sind wir zum Apfelwein. Bei einem Schoppen weiß man wenigstens, was man hat. Bis heute ist mir ein Rätsel, was am Kiffen so toll sein soll.
    »Ich hoffe, ich komme bald raus hier«, eröffnet die Blonde das Gespräch, »aber mein Kevin hat schlechte Bili-Werte. Muß noch ein bißchen unterm Licht liegen.« Sie sieht mein fragendes Gesicht: »Neugeborenengelbsucht, kommt häufig vor. Und das, wo ich selbständig bin. Ich muß doch zurück in meinen Laden. Habe dem Kevin schon eine kleine Ecke eingerichtet, wo er dann spielen kann, wenn ich arbeite.« Ich beschließe, ein bißchen Interesse zu heucheln. Schließlich habe ich die Eve bei ihr geschnorrt. Furchtbare Zigarette übrigens. Absolut parfümiert. Und so dünn, daß sie fast aus den Händen rutscht. »Was machen Sie denn beruflich?« Sie ist froh, daß ich endlich die Frage gestellt habe: »Ich bin die Besitzerin vom Top Sun auf der Eschersheimer. Sonnenstudio mit Nagelboutique«, bricht es voller Stolz aus ihr heraus. Sie selbst scheint ihre beste Kundin zu sein. So brutzelbraun, wie die

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