Frisch gepresst: Roman (German Edition)
schludrige Verhalten seines Sohnes zurück und fühle mich auch nicht mehr ganz so gräßlich. Klamotten geben einfach eine gewisse Sicherheit.
Nur Menschen, die jahrzehntelang auf dem FKK -Gelände Campingurlaub gemacht haben und dort selbst im Supermarkt mit der Fleischereifachverkäuferin nackt über die Vorzüge von Kräutergelbwurst debattiert haben, kennen keine Beklemmungen, wenn sie wildfremde, beim ersten Kennenlernen unbekleidete, auf dem Flokati hingefläzte Menschen begrüßen. Aber ich gehöre nicht zu diesen Menschen. Ich hasse schon Campingurlaub, von FKK -Campingurlaub ganz zu schweigen. Ich kann nichts Tolles daran finden, Menschen nackt zu sehen, die mir schon angezogen wenig Freude machen. Daß man nackt schwimmt oder am Strand liegt und das spaßig findet, läßt sich für mich noch nachvollziehen. Aber nackt einkaufen? Warum? Auf daß sich das Pimmelchen im Gitter des Einkaufswagens verfängt, meine Brustwarzen an der Kühltruhe steif werden und der fette Glatzkopf, der nebendran Joghurt in sein Wägelchen lädt, beim Blick auf meine Brustwarzen denkt, es liege irgendwie an ihm, woraufhin sein Teil, das eben noch wie ein fader Regenwurm hin und her baumelte, zu Leben erweckt wird und dann – dann haben wir die Bescherung. Obwohl FKK -Anhänger so was total abstreiten. Für sie ist Nacktheit das Normalste der Welt. Und eine Erektion selbstverständlich auch. Alltag. Gehört dazu. Mag sein, aber ich möchte mir nun mal aussuchen, wessen Erektion ich zu Gesicht bekomme. Und die meisten Pimmelchen will ich weder so noch so sehen. Da langt mir schon die Vorstellung.
Christophs Vater, der immer noch so tut, als gäbe es nichts Normaleres als eine Nackte auf dem Flokati seines Sohnes, zieht sich mit einer Entschuldigung in die Küche zurück. Schließlich ist er ja wegen des Wasserhahns da. Der soll tropfen. Sagt Christoph. Ich beschließe, die aufmerksame Hausherrin und Hausfrau zu spielen, und biete ihm ein Täßchen Kaffee an. Er nickt, und schweigend schlürfen wir die erste Tasse. Herr Hundsmann ist mir sympathisch. Ich glaube, er mag mich auch. Ob trotz der Nacktheit oder vielleicht gerade deswegen, keine Ahnung.
Heute glaube ich, daß es ihm einfach gefallen hat, mal etwas VOR seiner Frau zu wissen. Und vor allem, mal zu Wort zu kommen. Aus dem einen Täßchen Kaffee sind dann nämlich 3 geworden, und wir haben angeregt geplauscht, Rudi und ich. Er ist richtiggehend aufgeblüht. Aus sich rausgegangen. Was ich damals natürlich gar nicht bemerkt habe. Aber heute, nach zahlreichen Treffen mit beiden, Inge und Rudi, die normalerweise nur im Doppelpack auftreten, weiß ich dieses erste Treffen noch mal ganz anders zu bewerten. Besonders gefallen hat mir Rudis Vorschlag, unsere denkwürdige Begegnung einfach für uns zu behalten; den anderen nichts zu verraten. Echt nett von ihm. Über den Grund kann ich nur spekulieren. Vielleicht will er Inge nicht detailgetreu über meinen Körperbau Bericht erstatten. Oder er genießt still und leise den Informationsvorsprung. Oder er will mich schützen, denn ob so ein erster Auftritt bei Inge einen superprima Eindruck hinterlassen hätte, da hat er berechtigterweise seine Zweifel. Auf jeden Fall gefällt mir sein Vorschlag. Wir beschließen, so zu tun, als wären wir uns nie begegnet, und haben diese kleine Episode bis heute weder Inge noch Christoph erzählt.
Ich habe dieses denkwürdige Erlebnis eigentlich nur Sabine, meiner Freundin, unter dem Siegel der Verschwiegenheit gebeichtet, und nachdem sie die ersten Lachkrämpfe hinter sich hatte, hat sie nur trocken bemerkt: »Wenigstens hattest du keinen Mundgeruch.« Was ja auch stimmt. Christoph, der nicht etwa Brötchen holen war, sondern völlig unromantisch längst am Gericht, hat mich abends angerufen und gefragt, wann ich morgens endlich wach war. Er habe mich ja wecken wollen, aber bei meinem Tiefschlaf sei es ihm zu mühsam gewesen. Und anscheinend wäre ich ja auch schon früh weg gewesen. Schließlich habe er angerufen, um vor seinem Vater zu warnen, aber ich sei ja nicht ans Telefon gegangen.
Ich habe es gar nicht gehört, du Volldepp, würde ich ihm gerne um die Ohren klatschen, aber dann müßte ich Rudis und mein Geheimnis lüften, und das will ich auf gar keinen Fall. Also gebe ich mich fälschlicherweise als Frühaufsteherin aus, und das Gefrage hat sofort ein Ende. Er will nur noch wissen, ob ich seine Haustür auch zweimal abgeschlossen habe. Seit dieser Mann mir einen Schlüssel zu seiner
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