Frisch gepresst: Roman (German Edition)
fragt sie den Marek freundlich. »Warum nicht? Ist recht, Frau Özgür, schicken Sie mir Ihren Mann nachher mal vorbei.« Meine Untersuchung geht schnell. Marek findet, ich sähe heute um Klassen besser aus. Auch der HB ist in Ordnung und die Kleine munter. Sein Fazit: »Frau Schnidt, Sie können packen und heim. Vielleicht beehren Sie uns mal wieder.«
So schnell ist man hier sein Bett los. Die Tratschner ist ein bißchen traurig. Eine Woche soll sie etwa noch bleiben. Fünf, sechs Tage mindestens. »Erst die Müller-Wurz und jetzt auch noch du. Na ja, ich hoffe, ich komme auch bald raus«, spricht sie sich selbst Trost zu. »Aber der Egi ist ja eh noch in Sachen Pinguin unterwegs.«
Glücklicherweise kann ich Christoph erreichen. Er ist hoch erfreut. Verspricht in spätestens einer Stunde dazusein. Mit Tragetasche und Kinderklamotten. Meine Oma ruft an. Schon das dritte Mal. Will heute nachmittag vorbeischauen. Ob es mir passen würde? Wie höflich. Ich sage ihr, daß ich entlassen werde, und lade sie nach Hause ein.
»Ihr jungen Hüpper habt ja bei nix mehr Ruhe«, kommentiert sie meine Entlassung. Früher habe man mindestens eine Woche gelegen. »Ja, früher war eben vieles besser«, necke ich meine Oma und höre mir noch schnell den wichtigsten Klatsch an. Warum Onkel Herbert das mit seiner Prostata wohl nie mehr losbekommt und Tante Gertrud ihren Pudel besser einschläfern würde. »Die interessantesten Neuigkeiten erzähle ich dir nachher«, verabschiedet sie sich. Meine Oma hat manchmal heiße Geschichten auf Lager. In alten Menschen täuscht man sich leicht. Sind halt äußerlich bißchen eingeschrumpelt. Manche mehr, manche weniger. Aber sie deswegen wie leicht Debile zu behandeln ist eine echte Unsitte. Regt sich meine Oma ständig drüber auf. Ich kann es verstehen.
»Frau Schnidt, würden Sie bitte noch mal in den Behandlungsraum 3 kommen«, ruft eine junge Schwester in unser Zimmer. Ich bin zwar mitten im Packen, aber wenn es dringend ist, kein Problem. Eben war medizinisch noch alles in Ordnung mit mir, und jetzt soll ich zur Behandlung? Zu was für einer Behandlung überhaupt? Zur Fußpflege? Oder gibt’s in Krankenhäusern jetzt auch schon Abschlußgespräche mit Benotung? Wer sich wie geführt hat? Ich lasse mich überraschen. Wie sehr, hätte ich mir nicht träumen lassen. Im Behandlungsraum 3 sitzt der Mett-Mischi. Der Peinen. Höchstpersönlich.
Will der mich mit seinen Wurschtefingern doch noch untersuchen. Mich nicht entwischen lassen? »Kommt nicht in Frage«, wappne ich mich für eventuelle Vorstöße in diese Richtung. »Was gibt’s, Mischi?« frage ich so streng wie möglich. »Also, tja, wir, also ich und die Sabine, nee, die Sabine und ich, wir wollen dir was sagen«, kommt es ihm nicht gerade flüssig über die Lippen. Welche Sabine? Will er mit seiner Kollegin gemeinsam an mir rumfingern? Der ist ja schlimmer, als ich in meinen ekligsten Vorstellungen gedacht habe.
»Mich meint er«, tönt es aus dem Schrank, und meine Sabine, meine Freundin Sabine, fällt mir in die Arme. Ist das, was sich hier vor meinen Augen auftut, besser als die Vorstellung, der Peinen wolle mit seiner Kollegin an mir rumfingern? Ich bin unentschlossen. Oder werde ich furchtbar verarscht? »Wo ist die Kamera?« will ich wissen. Ich habe oft genug so Sendungen wie »Verstehen Sie Spaß?« gesehen. Aber wo bleibt der Elstner mit der Auflösung? Oder sollte an dieser Geschichte irgendwas dran sein? »Wo hast du den Mischi kennengelernt?« starte ich meine Befragung. Sabine ist willig: »An dem Morgen hier in der Klinik. Der Hohrwerker hatte ja nur Augen für diese Kioskschlampe, der Mischi dafür für mich. Und so süß angesprochen hat mich noch nie einer. Als der in der Cafeteria mit dem Mettbrötchen in der Hand vor mir stand, war’s schon fast um mich geschehen.« Meine Freundin Sabine fällt auf den ältesten Mischi-Trick der Welt rein. Auf ein Mettbrötchen. Ausgerechnet die anspruchsvolle Sabine, für die eigentlich nichts unter George-Clooney-Niveau in Frage kommt, ist für Mett zu haben.
»Ein Mettbrötchen kostet eine Mark und fünfzig«, versuche ich ihren Verstand wieder zum Leben zu erwecken. »Es geht nicht um den realen Wert, sondern um den ideellen und außerdem, er ist Arzt, weißt du«, beschwichtigt sie mich. »Er wird Arzt. Wenn er viel Glück hat. Und seine Eltern genug Fleisch«, herrsche ich meine Freundin an. »Bist du malle? Ich dachte, du freust dich mit uns«, sagt sie in einem
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