Frisch verliebt - Mallery, S: Frisch verliebt
Frauen.“
„Vermutlich sind sie das. Aber für den Sinn und Zweck dieses Gesprächs sind sie jetzt einfach mal Zicken.“
Claire nickte und bemühte sich, tapfer zu sein. Wohl wissend, dass es ihr emotional den Rest geben könnte, kniete sich hin, rutschte zum Bett hinüber und legte die Arme um Nicole.
„Ich habe dich so sehr vermisst“, hauchte sie und drückte sie fest an sich. „Bitte hasse mich nicht mehr. Ich kann es nicht ertragen.“
Nicole zögerte, erwiderte dann aber die Umarmung. „Ich hasse dich nicht“, sagte sie und drückte Claire zum ersten Mal seit zwanzig Jahren fest an sich. „Das könnte ich gar nicht.“
„Aber du hast es versucht.“
„Okay. Ja. Ich habe mich mächtig dabei angestrengt.“
„Du musst damit aufhören.“
„Das werde ich.“
Claire richtete sich auf. „Versprochen?“
Nicole lächelte. „Versprochen.“
An diesem Nachmittag hatte Claire Schwierigkeiten, an der Schule einen Parkplatz zu finden, was seltsam war, denn am Vormittag hatte es noch massenhaft Parkplätze gegeben. Unsicher, was der Grund für dieses Problem sein mochte, fand sie schließlich ganz weit hinten am Zaun eine Lücke und fuhr hinein.
Am Rande ihres Bewusstseins fühlte sie drohendes Unheil heraufziehen. Sie konnte es spüren und schmecken, aber sie weigerte sich, es an sich heranzulassen. Möglicherweise würde sie ja tatsächlich mit Schaum vor dem Mund vollkommen ausnippen. Trotzdem würde sie jetzt spielen, weil es das war, wozu sie geboren wurde. Und weil sie Amy damit glücklich machte.
Sie nahm die Noten, die sie ausgewählt hatte, und ging in die Schule. Nachdem sie den Weg zum Sekretariat geschafft hatte, lächelte sie die Dame am Empfangspult an.
„Hi. Ich bin Claire Keyes. Können Sie mir bitte sagen, wo ich das Musikzimmer finde?“
Die Frau erhob sich. „Oh, da sind Sie ja. Sie werden alle ganz begeistert sein. Direktorin Freeman hat mich gebeten, Sie in die Aula zu führen.“
Claire schluckte. „Entschuldigen Sie, aber ich spiele im Musikzimmer.“
Ihre Gesprächspartnerin lachte. „Nicht mehr. Es hat sich herumgesprochen, und nun sind wir bis unters Dach voll. Es sind eine Menge Eltern hier, die sie hören wollen. Sie sind total berühmt.“
Die Frau redete weiter, aber Claire verstand kein Wort mehr. Sie hörte nichts, außer einem lauten Summton.
„W-wie viele Leute sind es?“, fragte sie.
„Ungefähr vierhundert.“
Lieber Gott. Der Raum drehte sich und senkte sich auf sie herab. Das Summen wurde lauter, zugleich verstärkte sich der Druck auf ihrer Brust. Sie würde sterben, hier, in Amys Schule.
„Ich weiß auch, dass das mehr ist, als Sie erwartet haben, aber wie hätten wir den Leuten denn Nein sagen sollen? Jemanden von Ihrem Format live zu hören, ist eine Gelegenheit, wie sie sich nur einmal im Leben bietet.“
Wenn die Panik sie nicht verließ, würden sie hören können, wie sie spielte, wenn sie tot war.
Es war unmöglich. Sie konnte es nicht tun, und sie würde es nicht tun. Sie war ihnen zu nichts verpflichtet. Was glaubten sie eigentlich? Bildeten sie sich ein, dass sie es verdient hätten, sie zu hören, ohne dafür zu zahlen? Sie bekam Tausende von Dollars für jeden ...
Sie seufzte. Es ging ja überhaupt nicht ums Geld. Sie suchte doch nur nach Entschuldigungen. Alles lief auf eins hinaus: Entweder sie tat jetzt, was sie versprochen hatte, oder sie drückte sich davor.
Entschlossen presste sie die Notenblätter an die Brust. „Würden Sie mir dann bitte zeigen, wo ich spielen werde?“
„Natürlich. Ich heiße übrigens Molly.“
„Nett, Sie kennenzulernen, Molly.“
Sie gingen einen langen Flur entlang und hielten vor einer Reihe von Doppeltüren, hinter denen Claire die Menge schon hören konnte.
„Ich muss den Bühneneingang nehmen“, sagte sie. Vielleicht würde es ja helfen, wenn sie die Leute nicht sah.
„Kein Problem.“
Molly brachte sie bis an die Seite der Bühne. Hier mochte zwar alles kleiner sein als bei den meisten Veranstaltungsorten, an denen sie sonst spielte, aber das geordnete Durcheinander von Requisiten und Kabeln war doch ziemlich dasselbe. Der Kontrast zwischen dem, was das Publikum zu sehen bekam, und dem Chaos hinter den Kulissen wirkte auf Claire seltsam beruhigend.
„Brauchen Sie noch etwas?“, fragte Molly.
Claire nickte. „Könnten Sie bitte dafür sorgen, dass die Vorhänge geschlossen werden und Amy Knight zu mir kommt?“
„Wird sofort erledigt.“
Während sie allein war,
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