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Frische Spur nach 70 Jahren

Frische Spur nach 70 Jahren

Titel: Frische Spur nach 70 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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vielleicht sogar ein Pärchen.“
    „Ganz unsere Meinung.“
    „Weiß Kollege Graif Bescheid?“
    „Noch nicht, was diesen
Gesichtspunkt betrifft.“
    „Hm.“
    „Der Einbruch ist Ihr Fall,
Frischy.“
    „Hm.“
    „Hier sind alle überarbeitet.
Aber wir haben Freizeit zuhauf. Sollen wir die vielleicht vergammeln?
Rumlungern? Auf dumme Gedanken kommen?“ Er grinste, weil alle grinsten. „Na
also! Lassen Sie uns die Vorarbeit machen. Dann melden wir Ihnen, wo’s
langgeht.“
    Frischy seufzte. „Ein Segen,
dass ihr nicht auf unserer Gehaltsliste steht.“
    „Wir nehmen aber Schmiergeld“,
rief Klößchen. „Da sind wir wie Spitzel.“
    Frischy stand auf. Nicht, um
Klößchen vom Stuhl zu schubsen, sondern um eine Akte aus dem Regal zu nehmen.
Sie lag versteckt und weit hinten.
    Er blätterte.
    „Null Spur. Keine
Fingerabdrücke. Nur mittlerer Sachschaden. Die Beute zieht mir auch nicht die
Socken aus. Also ein Fall, für den keine Soko gebildet wird.“

    „Es ist fast ein Jahr her“,
sagte Tim. „Jetzt fühlt sich der Einbrecher sicher. Jetzt wird er leichtsinnig.
Ich spüüüüüüüüre das förmlich.“
    „Ich auch“, rief Gaby. „Denn
das Meißner Porzellan dekoriert er bestimmt nicht in seinem Rattenloch. Sondern
er verkauft es. An wen?“
    „Gibt es Hehler für
Porzellan?“, fragte Karl. „Die Stadt ist voller Antiquitätenläden. Die meisten
sind seriös. Aber es gibt auch die andern. Die beziehen doch ihren überteuerten
Ramsch nicht auf Messen, sondern von... Einbrechern.“
    „Zum Teil“, nickte Frischy.
    „Wer kommt für uns in Frage?“
Tim beugte sich vor. „Wer fährt ab auf Porzellan? Bitte, Namen und Adresse,
Frischy, vom ersten Gauner am Platze!“
    „Was nützt euch das?“
    „Karl hat ein
Computer-Gedächtnis. Führen Sie ihn durch eine Galerie — und er kann hinterher
alle 600 Gemälde aufzählen.“ Tim zwinkerte seinem Freund zu. „Ich käme nicht
mal auf 400. Naja. Karl hat damals als Neunjähriger auf Hildes Dachboden mit
den Porzellanfiguren, mit den Suppentassen und Terrinen gespielt wie ein
anderer mit Zinnsoldaten. Stimmt’s, Karl?“
    Karl verzog das Gesicht, nahm
seine Brille ab, polierte die Gläser am Ärmel und brachte dann ein Grinsen
zuwege.
    „Jedenfalls erinnere ich mich
an einiges.“
    Alle sahen ihn fragend an.
    Jetzt muss was Besonderes
kommen, dachte Tim. Ein schlagender Beweis für sein Erinnerungsvermögen — damit
Frischy in die Knie geht und uns unterstützt.
    „Bei dem Meißner Porzellan auf
Hildes Dachboden“, berichtete Karl, „war eine Figur, die mich total fasziniert
hat. Eine Reiterin auf einem Schimmel. Etwa so hoch.“ Er zeigte 30 cm an. „Das
Gesicht der Reiterin ähnelte ein bisschen unserer damaligen Putzfrau. Eine
junge Polin. In die war ich irre verliebt. Dem Schimmel fehlte ein Ohr. Also
ein beschädigtes Sammlerstück. Ich befand mich gerade in meiner Phase
aufbauender Kunstkennerschaft und hatte verdammt-noch-mal das Gefühl, diese
Reiterfigur sei was Herausragendes. Also habe ich in Antiquitätenbüchern
nachgeforscht und in den Katalogen von Kunst-Auktionen — natürlich mit
Schwerpunkt Porzellan. Ihr werdet es nicht glauben: Ich habe die Figur
gefunden. Sie heißt ,Lola trabt’. Vermutlich ist das Pferd gemeint. Diese Figur
wurde nur fünfmal hergestellt. Weiß der Teufel, wieso. Drei sind zerschmissen.
Kaputt. Eine ist im Besitz eines amerikanischen Porzellan-Sammlers. Nummer fünf
muss die bei Hilde gewesen sein. Unversehrt hätte sie damals einen Wert von 20
000 Mark gehabt. Aber ohne das Pferdeohr kann man sie nicht mal verschenken.“
    „Stark, Karl!“, sagte Gaby.
    Tim und Klößchen nickten
beifällig.
    Frischy stand zum zweiten Mal
auf — wieder mit einer Miene, als überlege er sich eine neue Frisur.
    „Was ist mit eurer Putzfrau
geworden, der Polin?“, fragte Klößchen.
    „Hat geheiratet. Einen
Landsmann. Er fährt Taxi, sie jetzt auch. Wenn sie genug Geld zusammen haben,
wollen sie nach Warschau zurück und sich eine Eigentumswohnung kaufen.“
    Frischy hatte eine weitere Akte
aus dem Regal genommen, blätterte, setzte sich wieder hinter den Schreibtisch
und blickte dann auf.
    „Ihr habt mehr Glück als
Verstand.“
    „Unmöglich!“, sagte Tim.
„Soviel Glück gibt es nicht.“
    „Doch! Lola trabt — die
Reiterin mit dem einohrigen Schimmel — befindet sich in unserer
Asservatenkammer. Das ist der Raum, in dem sichergestelltes Diebesgut gelagert
wird.“
    „Kennen wir“, grinste

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