Friss oder stirb
Waldziegen, die Pommernenten und Pommerngänse. Unsere Hauptstandbeine in der Tierhaltung sind aber die Zweinutzungshühner, nämlich die Rassen Marans und Le Bleu.“
Da waren sie endlich: Zweinutzungshühner im alltäglichen landwirtschaftlichen Einsatz. Marans ist eine großwüchsige Hühnerrasse, die erstmals in Frankreich gezüchtet wurde, qualitativ hochwertiges Fleisch liefert und wunderschöne, schokoladenbraune Eier legt. Die Tiere gelten als besonders aktiv im Freiland und sind robust und widerstandsfähig. Le Bleu ist jene Rasse, die Christian Hetzenecker in Bayern pflegt und züchtet.
Die Wirtschaftsweise auf dem Vierfelderhof bringt einen weiteren Vorteil, der in krassem Gegensatz zur Industrie mit ihren Brutfabriken, Aufzuchtstationen und Massentierhaltungen steht. Alle Eier werden direkt auf dem Vierfelderhof ausgebrütet, die Küken kommen also ausnahmslos an ihrem Heimatbetrieb zur Welt und werden dort vom ersten Tag an aufgezogen. Es gibt keinerlei Transporte und Umsiedelungen, die männlichen Küken überleben den Tag ihrer Geburt und werden als Masthähnchen nach etwa hundert Tagen auf dem Hof geschlachtet.
Als ich im September 2011 auf dem ökologischen Betrieb zu Gast war, lebten dort etwa 240 Zweinutzungshühner, doch der Vierfelderhof befindet sich im Aufbau und die Zahl an Tieren wird noch ansteigen. „Die Nachfrage nach unserem Geflügel im Raum Berlin ist enorm hoch“, so Landwirt Christian Heymann.
„Gibt es eigentlich auch klare wirtschaftliche Vorteile, die der Einsatz von alten Geflügelrassen mitbringt?“, wollte ich wissen.
„Ja, es gibt ökonomische Vorteile“, antwortete Christian Heymann wie aus der Pistole geschossen. „Unsere Legehennen zum Beispiel legen zwei bis drei Jahre, überstehen ohne Probleme zwei Mausern und sind danach trotzdem noch immer so richtig im Fleisch. Ein normales Hybridhuhn wäre nach neun Monaten schon verbraucht. Unsere hingegen eignen sich nach zwei bis drei Jahren noch als richtig schöne Suppenhühner. Wir möchten auf unserem Betrieb auch zeigen, was in solchen Zweinutzungshühnern alles drinnen steckt.“
Wenn Sie, liebe Leserin und lieber Leser, im Raum Berlin wohnen, dann möchten Sie jetzt vielleicht wissen, wo Sie die Produkte des Vierfelderhofes kaufen können. Auch diese Frage habe ich dem Landwirt Heymann gestellt: „Wir vermarkten derzeit über verschiedene Bioläden in Berlin“, antwortete dieser. „Dazu zählen Biolüske in der Drakestraße, die BioInsel in Berlin-Schöneberg und die Firma Bio Company in Berlin-Spandau. Außerdem liefern wir unsere Ware in die Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg, wo sie von zwei Direktvermarktern kulinarisch verarbeitet wird. Hier in Berlin-Gatow haben wir unseren eigenen Hofladen, der von Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet hat.“ Aufgrund der hohen Nachfrage nach Bio-Fleisch vom Vierfelderhof, so erfuhr ich, ist Fleisch derzeit nur auf Vorbestellung erhältlich. Das hat den angenehmen Nebeneffekt, dass kein Tier zu viel getötet werden muss.
Der Vierfelderhof praktiziert eine ökologische Form der Tierhaltung, die sich die meisten Konsumentinnen und Konsumenten wünschen. Er ist darüber hinaus ein Beleg dafür, dass eine im Vergleich zur Industrie deutlich artgerechtere und ökologischere Tierhaltung möglich ist. Ähnliche Formen der Landwirtschaft werden an zahlreichen Orten bereits erfolgreich praktiziert. Auf meiner Reise besuchte ich weitere Betriebe in Europa, die so engagiert wirtschaften wie der Vierfelderhof. Auf exzellente Tierhaltung stieß ich an mehreren Schauplätzen und ich werde auf diese Betriebe später noch zurückkommen, wenn ich analysieren werde, welche Parameter es denn sind, die eine ethisch und ökologisch hochstehende Wirtschaftsweise zulassen. Ich werde noch darlegen, warum ich nach meinen Recherchen überzeugt davon bin, dass wir – wenn wir uns Mühe geben und uns als Konsumenten vehement einmischen – allerorts und jederzeit für die Etablierung ähnlicher Formen der Landbewirtschaftung wie auf dem Vierfelderhof sorgen können. Aber so weit sind wir noch nicht. Zuerst lade ich Sie ein, den Streifzug durch die verschiedenen landwirtschaftlichen Produktionsbereiche gemeinsam mit mir fortzusetzen und unser Bild davon zu vervollständigen, wie Landwirtschaft abseits der (Bio-)Industrie aussehen kann, sobald sie von Lebensmittelkonzernen und deren Wirtschaftspolitik unabhängig ist.
Die letzten Bauern
„Für echte Nachhaltigkeit müssen wir
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