Friss oder stirb
und schmeckt aufgrund seiner Süße allen Kindern – ein reiner Speiseapfel, zu schade zum Verkochen!
Dann haben wir hier zum Beispiel noch eine mittelfrühe Sorte, die einst in der Region verbreitet war, weil sie sehr ertragreich ist und ihre Früchte groß sind: Das ist der Horneburger Pfannkuchen – ein reiner Kochapfel, der sich beispielsweise exzellent für Apfelmus eignet.
Das waren drei Beispiele für Apfelsorten in unserem Appelhoff, die auch tatsächlich aus unserer Region stammen und an das feuchte und windige Nordseeklima angepasst sind. Wir haben aber auch Äpfel aus anderen Regionen, die hier gedeihen können, wie etwa den Haseldorfer Prinzen aus der Region der Haseldorfer Marsch in der Nähe von Hamburg.
Klaus-Peter Nagl : Unsere Region ist eine bekannte Obstbauregion, in der viele Sorten entstanden sind. Früher gab es Kähne, die nur die Aufgabe hatten, Äpfel aus Kehding nach Berlin zu transportieren. Das war bis zum Ende der 1940er-Jahre so.
Clemens G. Arvay : Welche Apfelsorte wächst auf diesem Baum gleich hinter Ihnen?
Georg von Borstel : Das ist der Finkenwerder Prinz , benannt nach dem Hamburger Stadtteil Finkenwerder. Diese Apfelsorte ist ertragreich, bringt große Erntemengen und die Bäume tragen verlässlich jedes Jahr. Die Früchte sind groß und optisch sehr ansprechend, sie schmecken ausgezeichnet und sind auch in Bäckereien sehr beliebt.
Clemens G. Arvay : Alte Apfelsorten können also durchaus gute Erträge haben.
Georg von Borstel : Ja, es gibt zahlreiche ertragreiche alte Sorten, die noch dazu optisch und geschmacklich einwandfrei sind und sich bei richtiger Lagerung lange halten können. [ Abb. 28 ]
Clemens G. Arvay : Weshalb haben die alten Sorten dann aus Sicht des Handels ausgedient und mussten das Feld gegenüber den Sorten des Intensivobstbaus sogar im Biolandbau räumen?
Dieter Meyer : Die modernen Neuzüchtungen und veredelten Obstbäume tragen sehr früh. Es sind keine Hochstammbäume mehr, sondern Spindelbäume, deren Äpfel sich mit industriellen Methoden ernten lassen. Unter den derzeitigen Bedingungen des Marktes kann man nur so produzieren, da können die alten Sorten noch so vorteilhaft und gesund sein. Auch wir können unsere Äpfel nur im regionalen Rahmen vermarkten. Unser Projekt dient eher dem Erhalt der Sortenvielfalt.
Klaus-Peter Nagl : Ich würde aber sagen, dass die alten Sorten im Gegensatz zu den modernen Marktsorten resistenter gegen Schädlinge sind und ein besseres Immunsystem haben. Für moderne Sorten braucht man auch ein technisiertes Kühllager, damit sie haltbar bleiben. Das braucht man bei alten Sorten nicht, die kann man sogar im Keller lagern – manche davon bis April oder Mai des nächsten Jahres.
Georg von Borstel : Alte Sorten sind auch besser standortangepasst. Die meisten Sorten am Kehdinger Appelhoff sind perfekt auf unser Klima abgestimmt.
Dieter Meyer : Was wir noch gar nicht gesagt haben: Unser Obst ist unbehandelt . Wir verwenden keinerlei Spritzmittel, was uns vom herkömmlichen Bio-Obstbau unterscheidet.
Georg von Borstel : [dreht sich um und pflückt einen Apfel der Sorte Finkenwerder Prinz vom Baum; hält ihn mir entgegen.] Was ist der Unterschied zu einem gespritzten Apfel? … Es gibt keinen! Das ist ein völlig sauberer Apfel, den könnten Sie jederzeit im Laden verkaufen. Die gespritzten Äpfel aus Argentinien sehen auch nicht besser aus. [ Abb. 29 ]
Clemens G. Arvay : Wodurch unterscheidet sich herkömmliches Bio-Obst von Ihrem unbehandelten Obst?
Klaus Peter-Nagl : Auch im Bio-Bereich wird gespritzt, die Äpfel haben meistens drei Grundspritzungen. Weil hingegen unser Obst nie behandelt wird, können es auch Allergiker jederzeit essen. Es gibt Menschen mit Allergien, die auch kein Bio-Obst aus dem Supermarkt vertragen. Die Betroffenen fragen besonders häufig nach unserem Obst.
Clemens G. Arvay : Wären diese alten Obstsorten nicht besonders gut für die ökologische Landwirtschaft geeignet?
Klaus Peter-Nagl : Sie wären für den Biolandbau natürlich besonders geeignet, weil sie robust und auch ohne Spritzung kosmetisch einwandfrei sind, aber – wie Herr von Borstel ja bereits sagte – der industrielle Obstbau braucht Spindelbäume, die mit wenig Arbeitskräften maschinell beerntet werden können. Das muss auch bei Bio zack, zack gehen, und man will schon im zweiten Jahr Ertrag haben.
Clemens G. Arvay : Welche ökologischen Vorteile bietet der Streuobstbau mit Hochstämmen?
Georg von
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