Friss oder stirb
Verkaufslokal des Betriebes. Die rückgeführte Kapitalsumme nach zehn Jahren beträgt somit 1.300,– Euro.“
So profitieren die beteiligten Konsumentinnen und Konsumenten ebenso wie der Biohof selbst und die Finanzierung des Weideschlachthauses wird gewährleistet. Mehr Information zum Weideschlachthaus Labonca findet sich unter: www.labonca.at
Ebenfalls auf dezentrale, kleinteilige Strukturen setzt der Pflanzengenetiker Ben Gable, der in diesem Buch bereits zum Thema Hybridsaatgut zu Wort gekommen ist. Für sein regionales Saatgutunternehmen Real Seeds in Newport in der walisischen Grafschaft Pembrokeshire suchte er sich bäuerliche Betriebe, Gärtnereien und sogar Hausgartenbesitzer in der Region, die Jahr für Jahr die Elternpflanzen für die Saatgutvermehrung in Pflege nehmen. Ben Gable liefert diese im Frühjahr als Jungpflanzen oder in Form von keimfähigem Saatgut und es handelt sich ausschließlich um samenfeste Sorten, die für die regionalen Standorte geeignet sind. Die Bauern, Gärtnereien und Familien, die für Real Seeds Pflanzen in Pflege nehmen, erhalten natürlich Geld für ihre Leistungen. Ben Gable überwacht die Entwicklung der Elternpflanzen im Rahmen regelmäßiger Besuche bei den Vermehrungsbetrieben. Im Herbst holt er sich dann, was vereinbarungsgemäß ihm gehört: die Früchte mit den reifen Samen. Auf diese Weise vermehrt er das Saatgut und passt die jeweilige Sorte immer mehr an ihren Standort an. Hin und wieder greift er auch gezielt züchterisch ein, um Verbesserungen der Eigenschaften seiner Zuchtlinien zu erzielen. Bauern in der Region verwenden das Saatgut von Real Seeds erfolgreich im Feldgemüse- und Gartenbau.
Dieses Modell funktioniert nur innerhalb dezentraler, kleinstrukturierter landwirtschaftlicher Strukturen. Es vermag die Abhängigkeit von Agrarkonzernen und deren Hybridsaatgut zu brechen und bringt sogenannte Saatgutautonomie oder Saatgutsouveränität in die jeweilige Region. Außerdem wird ein wertvoller Beitrag zum Erhalt sowie zur Weiterentwicklung samenfester, vom Verschwinden bedrohter Sorten geleistet. Züchter wie Ben Gable setzen die Entwicklung der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen nach Jahrtausende alter Tradition dort fort, wo sie die Agrarindustrie aus kommerziellem Interesse durch die Hybridtechnologie unterbrochen hat.
Auch in anderen Ländern Europas gibt es inzwischen solche Unterfangen. Ein ähnliches Konzept verfolgt beispielsweise die Arche Noah in Österreich, eine „Gesellschaft für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt und ihre Entwicklung“.
ProSpecieRara , die „Schweizerische Stiftung für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren“, wirkt auf ähnliche Weise in der Schweiz.
In Deutschland gibt es ebenfalls eine Zweigstelle von ProSpecieRara , die sich dort eine „Gemeinnützige Gesellschaft für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren“ nennt und in Baden-Württemberg niedergelassen ist. Gleichfalls in Deutschland befindet sich der eingetragene Verein Dreschflegel zur „Förderung biologischer Züchtung“.
Kann die kleinstrukturierte Landwirtschaft die Menschheit ernähren?
Das Wissen um die Vorteile der kleinstrukturierten, dezentralen Lebensmittelproduktion allein reicht aber nicht aus, um ihre Eignung als zukunftsfähige Alternative einschätzen zu können. Wir müssen uns auch fragen, ob kleinteilige Landwirtschaft überhaupt dazu in der Lage wäre, ertragreich genug zu produzieren, um die Gesellschaft mit Nahrungsmitteln zu versorgen.
In elf Wochen kommt man viel herum. Auf meiner Reise hatte ich fast täglich die Gelegenheit, mit Menschen aus der Praxis der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion zu sprechen, oder einfach mit Leuten, die sich mit diesen Themen auseinandergesetzt haben. Ihnen allen stellte ich die eine, die alles entscheidende Frage:
„Kann die kleinstrukturierte Landwirtschaft die Menschheit ernähren?“
Hier eine Auswahl an Antworten:
„Wie viele Diplomarbeiten und wissenschaftliche Schriften brauchen wir noch, die belegen, wie produktiv die kleinstrukturierte Landwirtschaft und naturnahe Wirtschaftsweise ist? Nur die kleinstrukturierte Landwirtschaft ist die Lösung für die Welternährung. Sie ist der industriellen weit vorzuziehen. Das sagt doch der Hausverstand!“
Sepp Holzer, Buchautor sowie Bio- und Permakulturbauer im salzburgischen Lungau (Österreich)
„Gut geführte kleine Farmen sind immer und überall in der Welt
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