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Friss oder stirb

Friss oder stirb

Titel: Friss oder stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens G. Arvay
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den Trend der Zeit bereits erkannt und schreibt sich nun auf die Fahne, mit der konzerneigenen Bio-Linie Akteur der Ernährungssouveränität zu sein. Doch es scheint so, als hätten die Marketingmanagerinnen und -manager dabei etwas falsch verstanden: Wenn es nämlich im Bezug auf Ernährungssouveränität heißt, „wir“ bestimmen über die Art der Produktion unserer Lebensmittel, dann sind mit diesem „Wir“ die Konsumentinnen, Konsumenten, Bäuerinnen und Bauern gemeint, und nicht die Geschäftsleute bei HOFER. Diese nämlich entscheiden – wie bei jedem anderen Konzern auch – eigenmächtig über die Produktion und legen uns dann die plastikverschweißten Kommerzprodukte ins Diskontregal.
    Das hat mit Ernährungssouveränität und Lebensmitteldemokratie natürlich nichts zu tun, denn würden die Konsumenten entscheiden, gäbe es bei Zurück Zum Ursprung vermutlich, anders als derzeit, keine Bio-Kükenfließbänder mehr, keine maschinelle „Homogenisierung“ der männlichen Eintagsküken, kein industrielles Hybridsaatgut und keine zentralistischen Industrieschlachthöfe mehr. Wir könnten das Versprechen der Ernährungssouveränität von HOFER wörtlich nehmen und uns ab sofort einmischen, denn der Werbetext sagt ja aus, dass „wir bestimmen“. Vielleicht ließe Zurück Zum Ursprung die Bio-Milchprodukte der Marke dann nicht mehr in einer der größten Industriemolkereien des Landes herstellen, nämlich bei der Firma Berglandmilch alias Tirol Milch, dem Zuhause von Schärdinger, Latella und Co. Möglicherweise würde das Bio-Brot von HOFER in Zukunft nicht mehr auf den rasenden Fließbändern wie zum Beispiel in der Industriebäckerei Kuchen Peter hergestellt, die so groß ist, dass die Mitarbeiter darin mit Fahrrädern umherfahren und die Firma satte 50 Prozent des Krapfenmarktes im ganzen Land beherrscht. Jeder zweite Krapfen in Österreich, ob biologisch oder konventionell, stammt von der Firma Kuchen Peter.
    All diese Entscheidungen können die Konsumentinnen und Konsumenten aber de facto nicht mit beeinflussen, weshalb wir größte Vorsicht walten lassen sollten, bevor wir einem Konzern wie HOFER die „Souveränität über unsere Lebensmittel“ abkaufen. Dass aber bereits Discounter mit diesem Schlagwort Werbung betreiben, zeigt, wie bedeutend das Konzept der Ernährungssouveränität ist und welch wichtige Rolle es in Zukunft spielen könnte. Das ist ein Grund mehr, die Idee nicht – wie schon so viele andere gute Ideen zuvor – von der Wirtschaft vereinnahmen zu lassen. „Echte“ Ernährungssouveränität erreichen wir bestimmt nicht durch den Einkauf im Supermarkt oder beim Discounter.
    Die solidarische Landwirtschaft
    „Das Prinzip ist sehr einfach“, sagte Daniel Überall, während wir unter der Sonne des Augusts zwischen feucht-warm, fast tropenähnlich erhitzten Glashäusern standen und uns über die Zukunft der Lebensmittelproduktion unterhielten. „Die Haushalte im Raum München beteiligen sich mit rund 80 Euro pro Monat an den Gesamtkosten unserer Gärtnerei. Das Gemüse ist für sie dann kostenlos.“ Daniel Überall ist einer der Initiatorinnen und Initiatoren des Münchener Gemüseprojektes Kartoffelkombinat .
    „Uns war sehr wichtig, unser Projekt von Anfang an eigenständig und innovativ zu gestalten. Wir wollten nicht die zehnte Einkaufsgemeinschaft sein, wir wollten auch kein herkömmliches Bio-Kistenservice aufbauen. Das gibt es alles schon und das ist auch gut, es braucht solche Angebote und soll sie weiterhin geben. Wir wollten aber mit unserem ,Kartoffelkombinat‘ eine Verbindung zwischen dem Anbau von Gemüse und dem urbanen Stadtleben schaffen und darum brauchen wir natürlich ein starkes Markenbild, das auch für Städterinnen und Städter interessant ist. Wir wollen ganz bewusst raus aus der Ökonische und stattdessen in den Mainstream – ich verwende diesen Begriff in einem positiven Sinne –, um dort auch Menschen zu erreichen, die sich bislang noch keine Gedanken über die Herkunft ihrer Lebensmittel oder über Saisonalität und Regionalität gemacht haben.“
    Derzeit erfolgt die Lieferung des Gemüses an die beteiligten Haushalte direkt nach Hause, doch bald sollen aus ökologischen und logistischen Gründen Gemüsedepots in den verschiedenen Vierteln Münchens eingerichtet werden, von wo sich die Mitglieder der Haushalte dann ihre Ernteanteile abholen können.
    Der Mitgliedsbeitrag und die Anteile an dem Gemüse haben nichts miteinander zu tun. Die 80

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