Fröhliche Ferien am Meer
schließlich ist sie eure Schwester. Ihr hättet euch auch an ihre Existenz erinnern können. Familien tragen eben eine gewisse Verantwortung.«
»Eltern ja. Aber da hört es auch auf.«
»In unserem Fall hat es gar nicht erst begonnen. Freddie hat ein klägliches Schicksal gehabt. Mutter wollte sie nie. Sie wurde in die Schule abgeschoben und mußte so lange wie möglich dort bleiben, weil es einfacher war. Mutter war auf Reisen, Max zeigte sich nicht. Ich — ich habe ihr nicht viel geholfen. Ich habe eigentlich kein Recht, Moral zu predigen. Ich habe mich nur mit meinem eigenen Leben beschäftigt, und sie war im Weg. Seit sie klein war, hat sie eigentlich kein richtiges Zuhause mehr gehabt, und auch damals war sie nicht sehr glücklich.«
»Na ja, wir haben es gut überstanden, Shelagh und ich. Du auch. Freddie muß es aber noch überstehen.«
Plötzlich war es um Angelas gute Laune geschehen. »Wie eingebildet ihr doch seid, du und Shelagh! Ihr habt euch so bald wie möglich gedrückt. Ihr habt euch nicht im geringsten um uns gekümmert. Mir machte das natürlich nichts aus«, fügte sie mit hocherhobenem Kopf hastig hinzu, »aber bei Freddie ist das anders. Sie ist schön und nicht so robust wie ich. Sie hat noch keine Erfahrung. Sie versucht nur, abgebrüht zu erscheinen. Die Kindheit, die wir gehabt haben, läßt einen so werden. Ich weiß es, weil... Na ja, sprechen wir nicht davon.«
»Bei Shelagh war es doch nicht so.«
»Sie hat Robert sehr früh gefunden. Sie hat ihr Zuhause und ihren Mann. Ihr habt eure Arbeit. Das ist alles, was ihr zwei braucht, und dann verzieht ihr das Gesicht, wenn Freddie jungen Männern schöne Augen macht und versucht, uns ihre Geschenke aufzudrängen. Ich behalte meines auf jeden Fall. Es gefällt mir, und es gefällt mir auch, wie sie es mir gegeben hat.« Mit diesen Worten nahm Angela ihr Tuch und die Handschuhe und ging schnell aus dem Zimmer.
Bill versuchte jetzt zu lachen und sagte: »Das keltische Temperament, wie schon so oft.« Aber es war ein kläglicher Versuch, und er schämte sich, daß er es ausgesprochen hatte.
Shelagh äußerte langsam: »Ich fürchte, sie hat recht. Ich glaube, ich war wirklich egoistisch. Ich war so froh, wegzukommen. Schließlich hatte ich drei Jahre lang Vater und Mutter genossen. Ich habe manchmal über Freddie nachgedacht, habe mir aber eingeredet, es würde ihr schon gut gehen. Ich werde jetzt nach ihr sehen, und ich mag das Geschenk gerne, das sie mir gegeben hat.«
Bill summte eine traurige kleine Melodie. Er hatte hier friedlich Ferien machen und schwimmen wollen; schwimmen konnte er vielleicht. Was die Bücher betraf — vielleicht hatte sie ein Recht, zu verschenken, was ihr gehörte. Er würde der Kleinen sagen, daß alles in Ordnung war, und sogar, daß es ihm leid tat, so gemein gewesen zu sein.
5
Es war immer einfach gewesen, sich mit Freddie wieder zu versöhnen. Sie fanden sie tränenüberströmt und untröstlich unter dem größten Magnolienbaum sitzend. Sie war bereit, ihnen auf mehr als halbem Weg entgegenzukommen.
»Ich habe euch betrogen. Ich hätte es euch sagen sollen. Aber ich dachte, es wäre in Ordnung, weil es meine eigenen Sachen waren, auch wenn ich sie nicht gekauft habe.«
»Natürlich waren sie das«, sagte Angela in ihrer empfindsamen, praktischen Art. »Und ich bin sicher, daß du dich nur schwer von meinem Kopftuch getrennt hast. Jeder würde sich in einer schwierigen Lage so verhalten. Ich weiß, daß ich auch einmal schrecklich in Schwierigkeiten war, als die Läden geschlossen hatten, und ich jemanden vergessen hatte. Ich habe dann wie eine Wahnsinnige Taschentücher ausgetauscht — und wahrscheinlich einige an dieselben Leute zurückgeschickt.«
»Vor vier Jahren habe ich mich einmal schrecklich in die Nesseln gesetzt«, sagte Bill brummend. »Ein Mädchen hatte mir sechs Leinentaschentücher geschenkt, auf denen meine Initialen von Hand aufgestickt waren. Wenige Wochen später spielte ich mit ihrem Bruder Golf, lieh ihm eines davon und sagte: >Das Ding brauchst du mir nicht wiederzugeben<, und sie war dabei und erkannte es wieder. Das war das Ende dieser Geschichte.«
Freddie lachte und sprang auf. »Es tut mir leid, daß ich so kindisch war. Ich kann die Tränen einfach nicht zurückhalten, und dabei versuche ich es wirklich. Außerdem hätte ich euch alles doch bald gebeichtet, denn ich fühlte mich nicht wohl in meiner Haut.«
»Bist du sicher«, fragte Shelagh freundlich,
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