Fröhliche Ferien am Meer
gewöhnlich.«
»Nur wenn man eine schlechte Phantasie hat. Ich empfinde es eher als Ausdruck der Bewunderung. Gut für die Stimmung. Irgendwie beruhigend.«
Angela gab es auf, lachte und sagte neckend: »Du scheinst den netten jungen Mann völlig vergessen zu haben, der dir sagte, wie sehr er dich liebt. Ich dachte, du würdest sein Andenken in Ehren halten.«
»Er war natürlich himmlisch, aber er ist nicht hier, und warum sollte man die Zeit verschwenden und der Vergangenheit nachweinen? Es ist ein phantastischer Tag, und — « rief Freddie, indem sie plötzlich zu singen begann, »der Himmel hängt voller Geigen.«
Diese obenhin geäußerten Worte taten ihre Wirkung. Freddie hatte recht. Es war wirklich sinnlos, dachte Angela, noch mehr Zeit an die Vergangenheit zu verschwenden. Man mußte sich eingestehen, daß man ein schrecklicher Idiot gewesen war, und einen Schlußstrich unter die ganze Episode ziehen. Das würde sie tun.
Shelagh sagte: »Ich werde besser heute an Dinah Morice schreiben. Bill möchte, daß sie kommt, sobald sie kann.«
Ihre jüngste Schwester erhob sofort lauthals Einspruch. »Doch nicht noch ein Mädchen? Und ausgerechnet dann, wenn ich gerade einen Mann aufgetrieben habe! Wir werden ja einfach erdrückt, und wenn es die auf dem Foto ist, das auf Bills Nachttisch steht, so sieht sie wie eine ziemlich langweilige Tante aus.«
»Das kann man auf einem solchen Foto nicht beurteilen, und langweilig kann sie nicht sein, sonst wäre Bill nicht so eng mit ihr befreundet.«
»Warum nicht? Sie ist das einzige Kind von dem alten Morice... Jetzt spring mir nicht gleich ins Gesicht, Shelagh, ich meinte ja nur...«
Glücklicherweise hatte Nick sie jetzt eingeholt und blinzelte Freddie geheimnisvoll zu. Die hübsche Einkaufstasche, die er hin und her schwenkte, schien zu platzen, und er murmelte: »Fünfzehn. Auswahl genug. Komm ’rüber in unseren Garten, und dann werden wir mit dem Tauschgeschäft beginnen.«
Am Morgen des ersten Weihnachtstages wachte Shelagh früh auf; auf dem gegenüberliegenden Hügel bimmelte die kleine Kirchenglocke verheißungsvoll. Drei Jahre lang war sie an Weihnachten immer mit Robert zum Frühgottesdienst gegangen; heute befand er sich irgendwo auf einem Schiff, und sie saß hier mit einer ihr fremden Familie in diesem Haus der unglücklichen Erinnerungen auf dem Trockenen. Sie hielt es für richtig, aufzustehen und in die Kirche zu gehen, aber eine große Müdigkeit überkam sie. Sie drehte sich wieder um und versuchte, weiterzuschlafen.
Die Glocke weckte auch Angela. Sie lag still und versuchte, ihre Gefühle zu ordnen. Letztes Jahr um diese Zeit war sie mit Freunden von der Universität nach Milford Sound getrampt, und die Geschichte mit Wyngate Millar hatte gerade begonnen. Jetzt hatte sie ihr Ende gefunden, und nicht gerade ein angenehmes. Gestern noch hatte sie die unglückliche Affäre in die Vergangenheit verbannt. Sie wollte nicht so albern sein und sie auferstehen lassen, weil Weihnachten war. Sie war zweiundzwanzig, und ihr Leben lag noch nicht in Trümmern. Jetzt konnte sie ihr dramatisches Unglück leicht belächeln; sie mußte diese Jahre an der Universität vergessen, in denen sie sich so sehr bemüht hatte, so ehrgeizig gewesen war. Sie mußte sich einfach selbst vergessen und sich für andere Menschen interessieren — für ihre Familie zum Beispiel.
In diesem Augenblick platzte ihre jüngere Schwester ins Zimmer, eine ungeheure Pralinenschachtel im Arm. »Sieh dir das an. Auf der Treppe! Oh, fröhliche Weihnachten, Angela. Aber lies nur, was da steht: >Für die jüngste Miss Standish von einem unbekannten Verehrer, der sie heute abend auf der Party am Strand suchen wird.< Nun, was hältst du davon? Wer könnte das wohl sein?«
»Sehr wahrscheinlich der picklige Jüngling, der gestern hinter dir hergepfiffen hat.«
»Das darf nicht wahr sein. Das glaube ich nicht. So viel Geld kann er gar nicht haben. Diese Schachtel hat ein Vermögen gekostet. Wir wollen uns gleich darüber hermachen.«
»Um sieben Uhr morgens? Dazu bin ich nicht mehr jung genug. Außerdem machen Pralinen schrecklich dick.«
»Ich weiß. Ist es nicht himmlisch, sich darüber keine Sorgen mehr machen zu müssen? Du hast das natürlich nie nötig gehabt, und ich nehme jetzt auch nicht mehr zu, also kann ich loslegen.«
»Wecke Shelagh nicht. Sie sah gestern abend sehr müde aus.«
»Man sieht, daß sie älter wird, findest du nicht? Ich meine, sie ist unheimlich still und
Weitere Kostenlose Bücher