Fröhliche Ferien am Meer
diesem Augenblick kam er heraus, setzte sich neben sie auf das Verandageländer und versuchte, im Dämmerlicht ihr Gesicht zu sehen. »Müde? Du bist sehr unternehmungslustig in letzter Zeit. Ist dir das Reiten in dieser Hitze nicht zuviel?«
Sie fand es eigenartig, daß er über ihre öffentliche Zurechtweisung so hinwegging; Bill war in letzter Zeit wirklich anders geworden.
Sie sagte: »Ich reite so gerne. Das war schon immer so.«
Das ärgerte ihn, denn es war eine der wenigen Sportarten, die er nicht glänzend beherrschte. Unklugerweise sagte er: »Du bist den Hügel gestern sehr schnell heraufgeritten. Die Stute war nicht mehr unter deiner Kontrolle. Wenn dir an der Kurve ein Auto entgegengekommen wäre...«
Seiner Meinung nach unterbrach sie ihn ziemlich grob. »Bess war völlig unter Kontrolle; Nick sagt, ich würde gut mit ihr fertig. Ich bin in der Stadt viel geritten, und du nicht.«
»Vielleicht nicht, aber ich kann sehen, wenn ein Pferd praktisch durchgeht. Euer Reiten im Ponyclub ist etwas ganz anderes als das hier.«
Nein, dachte sie, er hatte sich eigentlich doch nicht geändert. Er war noch immer viel zu selbstsicher, viel zu sehr bereit, sie herumzukommandieren.
»Warum reitest du nicht mit aus und gibst mir Unterricht, wenn du so viel davon verstehst?«
Seine Antwort, schmeichelte er sich selbst, war zurückhaltend und vernichtend zugleich. »Natürlich fühle ich mich für deine Sicherheit verantwortlich, Dinah. Deine Eltern haben sich immer darauf verlassen, daß ich auf dich aufpasse.«
Sie sprang auf, erhob sich nicht langsam wie üblich, sondern mit einem plötzlichen Ruck, und dann sagte sie ganz laut: »Haben sie das getan? Dann ist es an der Zeit, daß das aufhört. Ich will verflucht sein, wenn ich eine Gouvernante brauche.«
Dann ließ sie ihn mit seinen Gedanken allein.
Auf dem Wasser war es sehr ruhig. Die meisten anderen Vergnügungsboote waren zurückgefahren, und das Meer lag verlassen und still da. Jim ruderte schweigsam zu seinem Boot; sein beschränkter Geist war mit einer Menge widerstreitender Gedanken beschäftigt. Wie schön sie in diesem Licht aussah! Wie bestimmt sie ihn abgewiesen hatte! Er faßte nach dem Anhänger, der verschmäht in seiner Tasche lag. Das alles war ein bitterer Schlag für seinen Stolz gewesen. Jetzt brauchte er ein paar Drinks.
Freddie war erstaunlich unerfahren mit Alkohol. In einer Zeit, in der viele Mädchen Alkohol ebenso freizügig tranken wie Männer, und ihn auch ebensogut vertrugen, hatte sie nur mit Sherry und bei ein oder zwei festlichen Gelegenheiten mit etwas Champagner Erfahrungen gemacht. Der Geruch von Whisky war ihr verhaßt, und sie konnte nie vergessen, wie sehr sie den Weinbrand verabscheut hatte, den man ihr bei einer ihrer Gallenkoliken eingeflößt hatte.
Aber Gin war etwas ganz Neues. Wenn man ihn mit Ginger Ale mischte, konnte man den Gin kaum noch herausschmecken; aber das lag wohl auch daran, daß Jim gesagt hatte, er hätte nur ein paar Teelöffel davon hineingegeben. Sie schluckte das Getränk wie Limonade und freute sich über das angenehme Gefühl, das sie überkam.
Jetzt fuhren sie den Kanal hinunter zur anderen Seite des Hafens, und alles war vom Mondschein in reine Schönheit verwandelt. Freddie begann zu fühlen, daß das Leben ihr vielleicht doch noch etwas zu bieten hatte.
Als sie ein zweites Glas Gin mit Ginger Ale getrunken hatte, war sie sich dessen sicher. Jim, der jedesmal zwei große Drinks auf einen der ihren getrunken hatte, lachte, als sie ihr Glas absetzte.
»Wie du das so ’runterschüttest! Niemand würde glauben, daß du gerade aus der Schule kommst.«
Sie freute sich über dieses Lob. Es klang so nach Erfahrung. Aber plötzlich schlug ihre Stimmung um, und sie saß traurig im Heck des Bootes und überlegte sich, warum Jonathan Shelagh ihr vorzog. Dabei war sie doch hübsch. Alle sagten es, zumindest alle außer Dr. Blake. Er hatte nie ihr gutes Aussehen bewundert, und wahrscheinlich zog ihn Shelagh mehr an. Als Jim sie zu einem weiteren Drink aufforderte, stimmte sie eifrig zu. Sie war überzeugt, daß sie sich danach besser fühlen würde.
Aber das war nicht der Fall. Ganz im Gegenteil, sie fühlte sich eigenartig schläfrig. Vielleicht war in diesen Drinks doch mehr Gin gewesen, als Jim zugegeben hatte. Nach ein paar Teelöffeln konnte man sich nicht so fühlen. Sie fühlte sich, als würde sie schweben; als hätte sie überhaupt keine Beine. Als...
Freddie schlief fest; sie
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