Fröhliche Ferien am Meer
die anderen ins Bett. Ich
werde euch rufen, wenn ich euch brauche. Ich bleibe. Ich werde mich um sie
kümmern.«
Sie schien die anderen nicht
gehört zu haben. Sie saß still da und hielt die alte Hand in ihren beiden
jungen Händen. Die Leselampe war weggedreht, so daß sie im Halbdunkel saß. Im Zimmer
herrschte Unordnung; auf dem Boden lag ihr Baumwollkleid zerknittert da. Im
Lichtschatten saß Jonathan und beobachtete sie.
Die Stunden vergingen langsam,
und als die Uhr zwei schlug, bewegte sich der alte Mann. Sofort war Jonathan
neben ihm, seine Finger faßten nach dem stockenden Puls. Dann öffnete er seine
müden Augen. Freddie beugte sich über ihn und lächelte ihn an. Ihr Gesicht
zeichnete sich scharf in dem hellen Lichtschein ab.
»Du... bist geblieben«, sagte
er und lächelte. Dann schloß er wieder die Augen, seine Hand nahm die ihre.
Jetzt drehte sich Jonathan zu
ihr um. »Du hast dein Versprechen gehalten. Er ist glücklich gestorben. Komm
jetzt mit.«
Sie ging still in die Küche
hinaus, er hatte seinen Arm um sie gelegt, und sie fanden Angela, die
schweigend mit Stephen dasaß. Sie sagte: »Ich konnte nicht zu Bett gehen. O
Freddie, meine Liebe... Und ich war an allem schuld. Ich wußte von dieser
Flinte. Ich hätte sofort zu Dr. Wyatt gehen müssen.«
Freddie sah sie mit einem
leeren Blick an, und Stephen sagte schnell: »Wie konntest du wissen, daß sie
sich treffen würden?«
Jonathan sprach ruhig zu
Angela: »Es ist alles in Ordnung mit ihr, aber sie soll in deinem Zimmer
schlafen. Dr. Wyatt wird jeden Moment kommen und ihr irgend etwas geben. Gute Nacht,
meine Liebe.«
Angela bemerkte seinen
Gesichtsausdruck, als er sie ansah, und sie empfand inmitten dieser ganzen
Tragödie eine plötzliche Freude. Natürlich hatte Freddie sich geirrt. Sie war
albern gewesen, auch nur einen Augenblick daran zu zweifeln. Was den Ritt
betraf, von dem sie sich so viel erhofft hatte, so hatten sie mit äußerster
Gründlichkeit die Alkoholfrage im King Country und den Vertrag von Waitangi erörtert und hatten dann kurz Schafe von Romney
mit denen von Southdown verglichen. Nicht einmal ihre
einsame Wache in der Küche hatte diese eigenartige Kluft überbrücken können.
Freddie ging brav zu Bett und
nahm das Beruhigungsmittel, das Dr. Wyatt ihr gab. Sie sprach überhaupt nicht
von ihrem Erlebnis und schien nicht sehr mitgenommen zu sein.
Am nächsten Tag war sie die
Heldin des Dorfes. In einer so kleinen Gemeinde blieb nichts lange verborgen,
und alle sprachen von ihrem Mut, ihrer Schönheit und ihrer Freundlichkeit.
»Sie hat ihrem Vater das Leben
gerettet, und das ohne eine Miene zu verziehen«, erzählten manche Fischer.
Aber auch darum schien sie sich
nicht zu kümmern. Es war beunruhigend zu sehen, wie Freddie still umherging,
wenig sagte, und sich aus ihrer eigenen Popularität gar nichts machte.
»Sie kümmert sich einen Dreck
darum«, sagte Bill. »Und noch vor einem Monat hätte sie sich die Finger danach
geleckt.«
»Ich glaube, das ist der
Schock«, sagte Angela. »Jonathan meint, wir sollten sie einfach in Ruhe
lassen.«
»Weißt du, ich glaube, wir
haben uns in Freddie getäuscht. Du vielleicht nicht. Du hast immer zu ihr
gehalten. Aber Shelagh und ich. Sie ist eigentlich überhaupt nicht wie Mutter.«
»Seit sie erwachsen geworden
ist, Gott sei Dank nicht mehr.«
Am Abend nach Geoffrey Matthews
Beerdigung brach Freddie das Schweigen. Sie teilte noch immer ein Zimmer mit
Angela, und kurz bevor ihre Schwester das Licht ausmachte, sagte Freddie
plötzlich: »Es war nur diese eine Minute. Als ich dastand und überlegte, ob er
schießen würde... und ich wollte so gerne leben.«
»Du lebst ja, meine Liebe. Denk
nicht mehr darüber nach.«
»Natürlich kommt man über die
Dinge hinweg. Aber irgendwie glaube ich, daß sich etwas geändert hat. Ich
meine, alles scheint anders, zumindest im Augenblick.«
»Ich verstehe sehr gut, daß es
dir so vorkommen muß, aber das wird
vorübergehen. Ich glaube nur, daß es einen selbst verändert. Aber wie dem auch
sei, jetzt mußt du schlafen. Jonathan hat gesagt, ich dürfte heute abend
überhaupt nicht mehr mit dir sprechen.«
»Hat er das wirklich gesagt? Na
ja, ich finde, er ist ein schrecklicher Tyrann, du nicht?«
Angela lachte. Das war schon
eher die alte Freddie. Plötzlich wußte sie, daß sie diese Freddie wiederhaben
wollte. »Ach, weißt du, er ist Arzt, und sie werden mit der Zeit so. Die Leute
beten sie an wie einen Gott. Das wirst du
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