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Fröhliche Wiederkehr

Fröhliche Wiederkehr

Titel: Fröhliche Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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sich strikt weigerte, mitzumarschieren, und dem Vater die Weigerung durchgehen ließ, war Dittchen, unser Dackel. Wenn er sah, daß Vater die Stiefel mit den Doppelsohlen anzog, verkroch er sich und blieb für den Rest des Tages verschwunden.
    In Ostpreußen wurde das Zehnpfennigstück allgemein nur Dittchen genannt. Und weil der Dackelwelpe, den mein Bruder eines Tages von einem Schulausflug mit heimbrachte, so winzig wie ein Dittchen war, bekam er diesen Namen. Er war ein Rauhhaardackel und stammte aus einer guten Zucht, die ein Förster betrieb, dessen Sohn mit Ernst die gleiche Klasse besuchte. Vater war eigentlich kein Hundefreund, aber da seine Kinder ein Jahr zuvor die Mutter verloren hatten und ein Wesen brauchten, an das sie ihr Herz hängen konnten, gab er ihren Bitten nach, und der Dittchen durfte im Haus bleiben. Als ich auf die Welt kam, war der Dittchen etwa vier Jahre alt. Aus lauter Besorgnis, der Hund könnte mir Flöhe, Würmer oder sonstwas anhängen, wollte Vater ihn wieder abschaffen, aber da traf er nicht nur auf den Widerstand seiner Kinder, auch Mutter, die daheim mit Hunden großgeworden war, setzte sich energisch dafür ein, daß der Dittchen bleiben durfte. Der Hund vergalt es ihr mit rührender Anhänglichkeit, und mich schloß er ganz eng in sein Dackelherz. Er schlief vom ersten Tag an unter meinem Bett, knurrte jeden an, der sich mir zu nähern wagte, folgte mir von den ersten Gehversuchen an auf Schritt und Tritt und leckte mich sauber, wenn ich mir die Hosen vollgemacht hatte. Und obwohl es ihm und mir streng verboten wurde, fand er immer einen Weg, zu mir ins Bett zu schlüpfen und morgens zu verschwinden, ehe er bei mir entdeckt wurde. Die tragische Geschichte, wie der Dittchen uns beinahe eingegangen wäre, ereignete sich zu einem späteren Zeitpunkt.
    An den Familienausflügen nahm unser Dittchen, wie gesagt, nicht teil. Auch ich hätte mich gern davor gedrückt, aber da biß ich ebenso wie meine Schwestern bei Vater auf Granit. Bald nach meinem fünften Geburtstag hatte Vater wie alljährlich seinen Sommerurlaub genommen. Es begann die Zeit der großen Wanderungen. Gerade in diesen Tagen hatten die Eltern Konditor Strauß und seine Frau beschworen, mich nicht mehr mit Süßigkeiten zu mästen. Sie hatten es versprochen und hielten sich leider auch an ihr Versprechen. Das beeinträchtigte meine Laune natürlich ganz beträchtlich. Statt des Milchbreies zum Frühstück wollte ich Bonbon haben, und Mutter sagte, was ich nun schon seit einigen Tagen zu hören bekam: iß zuerst deinen Brei, mein Jungchen, dann kriegst du auch ein Bonbon. Aber ich aß den guten Brei nicht und bekam infolgedessen auch kein Bonbon. Das war logisch. Auch statt des Apfels, den ich alltäglich am Vormittag bekam und den ich sonst ohne Widerstände verzehrte, wünschte ich mir ein Bonbon. Und wieder war es klar, daß ich, da ich das eine nicht wollte, das andere, das ich mir wünschte, nicht bekam. Als ich beim Mittagessen darauf bestand, die Suppe und das Rindfleisch mit Meerrettichsoße gegen Bonbons einzutauschen, wurde Mutter nervös. Vater, die Ruhe in Person, da er die Geschehnisse des Vormittags nur vom Hören kannte — und Gehörtes ist zumeist unterhaltsamer als Erlebtes —, sagte nur: Festbleiben, Lina! Und meine Mutter blieb fest und ich fastete weiter. Aber bald nach dem Mittagessen brachen wir auf, nicht zu einem Gewaltmarsch, dieses Mal war nur ein Ausflug nach Sybba geplant, ein Spaziergang von knapp zwei Stunden. Es war eine kleine Bahnstation mitten im Wald auf der Strecke nach Prostken. Früher hatte Vater manchmal gestattet, daß Mutter die Bahn benutzte und uns in Sybba erwartete. Aber seit ihr einmal beim Zuschlägen der Abteiltür der Rock eingeklemmt worden war, so daß die Tür sich auch mit Gewalt nicht öffnen ließ und Mutter bis Prostken durchfahren mußte, wo sie ein Eisenbahner befreite, bestand Vater darauf, daß sie mitmarschierte. Er hatte, als sie damals erst nach Stunden erschien, wahre Höllenängste ausgestanden, ihr könne etwas Schlimmes zugestoßen sein. Meine Schwestern mußten bei den Ausflügen stets voranlaufen, und sie trabten mit Leichenbittermienen dahin, denn Vater nörgelte unausgesetzt an ihnen herum. Alle Augenblicke hieß es: Lotte, geh gerade! Else, die Füße nach auswärts! Lotte, linke Schulter hoch! Else, Brust raus, Kopf hoch! Und wenn es ganz schlimm kam, dann steckte er einem der bedauernswerten Geschöpfe seinen Spazierstock rückwärts durch die

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