Frösche: Roman (German Edition)
komm schon, Vater, schau dir all diese Leute auf dem Fluss an. Kein einziger in deinem Alter ist dabei.«
Vater gab nach: »Dann sei aber vorsichtig, mein Sohn!«
»Sei beruhigt, Vater. Und wenn ich was kann, dann schwimmen!«
»Falls Wind aufkommt und die Wellen höher schlagen, schmeiß die Pfirsiche ins Wasser«, meinte Vater.
»Sei ganz beruhigt«, sagte ich noch und winkte Shizi zu, die mit meiner Tochter an der Hand am Ufer stand. Sie winkte zurück.
Vater machte den Strick vom Baum los und warf ihn mir aufs Floß zu. Ich fing ihn, wickelte ihn auf, nahm den Staken und stieß mich vom Ufer ab. Ich stakte mit aller Kraft vorwärts; das schwere Floß kam langsam in Fahrt.
»Sei vorsichtig!«
»Verlass dich auf mich!«
Ich blieb in Ufernähe.
Die Mulis und Esel am Ufer kamen im gleichen maßvollen Tempo voran wie wir Flößer. Mit den schweren Tragkörben konnten die Tiere nur mühsam Schritt vor Schritt setzen. Einige der Bauern hatten es sich nicht nehmen lassen, ihren Lasttieren bimmelnde Glocken um den Hals zu hängen. Die Alten und die Kinder begleiteten die Karawane ein Stück zum Dorf hinaus. Dann kehrten sie um.
Der große Fluss macht am Dorfausgang eine scharfe Biegung. Hier müssen Boote und Flöße die Stromschnellen überwinden. Wang Bein, der die ganze Zeit über vor mir stakte, verließ unseren Konvoi und wendete sein Floß flussabwärts, um in das ruhige Wasser der Flussbiegung zu gelangen.
Dort am Ufer wächst dichtes, grünes Gebüsch. Unmengen von Zikaden sitzen laut zirpend in den Zweigen.
Schon vom ersten Augenblick an, als mir dieses Luxusfloß der Wangs aufgefallen war, hatte ich die Vorahnung, dass etwas passieren würde. Und wirklich: Wang Bein warf die Pfirsichkörbe ins Wasser. Sie trieben auf der Wasseroberfläche. Es war offensichtlich, dass er keine Pfirsiche darin gehabt hatte. Er stocherte mit dem Staken im Gebüsch. Da sah ich den riesigen Chen Nase mit seiner schwangeren Frau Galle auf dem Arm auf das Floß springen. Hinter ihm stand Wang Leber mit der kleinen Ohr auf dem Arm; auch er sprang auf das Floß.
Als sie dann die hellblaue Plastikplane an den Floßmasten herunterließen, wurde daraus ein undurchsichtiger Vorhang. Wang Bein stand mit dem langen Staken in der Hand in derselben respekteinflößenden Pose auf dem Floß, wie er einst mit der Peitsche in der Hand auf dem Karren über der Deichsel gestanden und das Muli angetrieben hatte. Er war so imposant wie früher. Mit kerzengeradem Rückgrat!
Gugu hatte mit ihrer Behauptung Recht gehabt, dass das gebückte Gehen und der Buckel nur gespielt seien. Und von wegen Vater und Sohn hätten den Kontakt zueinander abgebrochen! Nun konnte man sehen, dass alles nur Gerede gewesen war und dass Vater und Sohn sofort Seite an Seite kämpften, wenn es drauf ankam.
Aber wie auch immer. Aus tiefstem Herzen wünschte ich ihnen Glück. Ich hoffte, dass sie mit Galle fliehen konnten, dass sie ihr Ziel erreichten. Sicher fand ich es auch ein bisschen schade, dass die vielen Schlachtpläne, die Gugu wegen der beiden entworfen hatte, nun vertane Zeit gewesen sein sollten.
Wang Beins Floß hatte einen gewaltigen Auftrieb. Trotz der Last lag es leicht im Wasser und hatte uns alle schnell überholt.
Aus den Dörfern zu beiden Seiten des Flusses ließen die Bauern Flöße und kleine Boote zu Wasser. Als wir am Dorf Dongfeng vorbeikamen, in dem Gugu einmal blutig geschlagen worden war, reihten sich in der Mitte des Flusses schon viele Hundert Flöße und genauso viele Boote zu einem breiten Band auf, um gemeinsam stromabwärts zu fahren.
Mein Blick folgte unablässig dem Floß der Wangs, ich wollte es nicht aus den Augen verlieren. Obwohl es uns überholt hatte, konnte ich es noch die ganze Zeit über vor mir ausmachen.
Zweifelsohne war ihr Floß an diesem Tag das stolzeste von allen. Als würde ein Hummer Predator in einem Autokonvoi zwischen lauter billigen Taxis fahren.
Es war ein stolzes Floß; dazu war es geheimnisvoll. Wer es an der Flussbiegung beobachtet hatte, wusste natürlich, welches Geheimnis dieser Plastikvorhang verbarg. Aber auch jeder, der den Vorhang auf dem Floß zum ersten Mal sah, blickte verstohlen hin und machte sich seine Gedanken.
Denn wie auch immer man es betrachtete, eines musste jedem sonnenklar sein: Dieses Floß hatte keine Pfirsiche geladen.
Wenn ich heute daran zurückdenke, wie Gugu mit ihrem zur Durchsetzung der Geburtenpolitik zur Verfügung gestellten Motorboot in voller Fahrt an unseren
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