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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Vater ausgesprochen vorwurfsvoll.
    Da ertönte aus den Lautsprechern der Dorfparteizentrale in schrillen Tönen eine Nachricht. Vater, in Sorge, dass er etwas verpassen könnte, eilte sofort hinaus auf den Hof und horchte.
    Es war eine Lautsprecherdurchsage, dass die Kommune mit den Städten Qingdao und Yantai die Abnahme der Pfirsiche geregelt habe und dass diese Lastwagenkonvois zu dem fünfundzwanzig Kilometer entfernten Fähranleger in Wujiaqiao schicken würden, um dort die Pfirsiche aus dem Nordosten Gaomis anzukaufen. Die Kommune rufe alle dazu auf, die Pfirsiche zu Wasser wie zu Lande nach Wujiaqiao zu befördern. Der Abnahmepreis betrage zwar nur die Hälfte des Vorjahrespreises, das sei aber immer noch besser, als alle Pfirsiche verderben zu lassen.
    Die Durchsage war kaum zu Ende, da brodelte es im gesamten Dorf. Ein geschäftiges Treiben begann, ich wusste, dass diese Geschäftigkeit nun alle Dörfer in ganz Nordost-Gaomiland erfassen würde.
    Obwohl wir hier am Fluss leben, besaßen wir nur wenige Boote. Ursprünglich hatte zwar jede Produktionsbrigade ihr eigenes kleines Holzboot gehabt, aber als die familienverantwortlichen Ablieferungsquoten eingeführt wurden, verschwanden die Boote schnell.
    In jedem Menschen schlummert eine schier unermessliche Schöpferkraft. Dieser Ausspruch stimmt haargenau.
    Vater ging ins Seitenhaus und holte vom Gebälk vier Kalebassen herunter, dann schleppte er vier Bretter herbei, besorgte auch noch einen Strick und band alle Teile zu einem Floß zusammen. Ich zog meine Jacke aus und half ihm in Hose und Unterhemd bei der Arbeit. Kleiner Löwe hielt mit dem aufgespannten Schirm den Regen von mir ab. Meine Tochter hatte ihren kleinen Kinderschirm ebenfalls aufgespannt und rannte im Hof hin und her. Ich forderte meine Frau auf, den Schirm über meinen Vater zu halten, um lieber ihn vor dem Regen zu schützen, aber er wehrte ab. Er hatte sich eine Plastikplane um die Schultern gebunden, sein Kopf war dem Regen ungeschützt ausgesetzt. Schweiß und Wasser mischten sich und liefen in Rinnsalen über sein Gesicht.
    So ein alter Bauer wie mein Vater ist bei der Arbeit immer voller Konzentration, packt immer gezielt und kraftvoll zu, tut keinen einzigen überflüssigen Handgriff. Das Floß war schnell zusammengebunden.
    Als wir es hinaustrugen, herrschte am Flussdeich schon Hochbetrieb. Die verschwundenen Holzboote waren plötzlich alle wieder aufgetaucht. Außer ihnen wurden rund dreißig Flöße zu Wasser gelassen. Man hatte Kalebassen, prall gefüllte Autoreifen und Kunststoff unter die Flöße gebunden. Und ein Holzbottich schaukelte auch auf dem Wasser. Wer den wohl zu Wasser gelassen hatte? Die Schiffe und Flöße waren alle an dem alten Weidenbaum am Ufer vertäut. Aus den Gassen kamen die Bauern mit ihren Körben voller Pfirsiche eilig gelaufen.
    Diejenigen, die Maultiere oder Esel besaßen, hatten die Tragkörbe ihrer Lasttiere schon zu beiden Seiten mit Pfirsichen beladen. Dreißig oder vierzig standen in einer Reihe am Flussdeich bereit.
    Ein Kommunekader, der durch den Fluss hergeschwommen war, stand in Regenkleidung, mit aufgekrempelten Hosenbeinen und Sandalen in der Hand triefend am Flussdeich und rief lauthals irgendetwas.
    Ich bemerkte direkt vor dem unseren ein prächtiges Floß. Vier Spießtannenstämme waren mit Rindslederriemen zu einem viereckigen Rahmen zusammengefügt. Den Raum innerhalb des Rahmens füllten akkurat nebeneinandergelegte Rundhölzer aus. Unter das Floßholz waren vier prall gefüllte Reifen eines Pferdewagens gebunden. Obwohl auf dem Floß bereits mehr als zehn Körbe standen, tauchte es kaum ins Wasser ein. Durch die vier Reifen erfuhr es einen gewaltigen Auftrieb. In der Mitte und in jeder der vier Ecken hatte man noch fünf senkrecht stehende Hölzer aufgebunden, über die eine hellblaue Plastikplane gespannt war, die vor Sonne und Regen schützte. Ein solches Floß war nicht innerhalb eines Vormittags schnell zusammengezimmert worden! Wang Bein trug sein Palmstrohcape und seinen Bambushut und hockte vorn auf dem Floß: fast wie ein Fischer beim Angeln.
    Unser Floß hatte nur sechs Körbe Pfirsiche geladen und tauchte schon gefährlich tief ins Wasser ein. Aber Vater bestand darauf, noch zwei weitere aufzuladen.
    Ich sagte: »Wenn du noch zwei auflädst, kommst du besser nicht mit. Ich stake allein.«
    Ich vermutete, dass mein Vater unbedingt selbst das Floß führen wollte, weil ich gerade erst geheiratet hatte. Darum sagte ich: »Ach,

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