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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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stromabwärts. Ich zog meine Kamera hervor und machte von der großen Brücke ein Bild und zwei von der Uferlandschaft.
    »Onkel, darf ich fragen, woher kommen Sie?«
    »Was denkst du, woher ich komme?« Ich hatte in unserer Mundart geantwortet.
    »Stammen Sie von hier?«
    »Dein Vater ist wahrscheinlich mit mir zur Schule gegangen.« Ich besah mir seinen platten Hinterkopf und erinnerte mich, dass ich einen Klassenkameraden aus Tanjiacun mit dem Spitznamen Plattschädel gehabt hatte.
    »Aber ich kenne Sie gar nicht. Sagen Sie mir mal, wo Sie wohnen!«
    »Gib Acht, Junge! Pass auf deinen Staken auf!«, sagte ich zu ihm. »Wenn du mich nicht kennst, ist das nicht weiter schlimm. Es genügt, wenn ich deinen Vater und deine Mutter kenne!«
    Der Junge ließ mit geübter Hand seinen Bambusstaken tanzen. Ab und zu schaute er zu mir herüber, er hätte mich gerne erkannt. Ich zog eine Zigarette hervor und steckte sie mir an. Er schnupperte und fragte: »Onkel, wenn ich mich nicht irre, rauchen Sie die Marke Chunghwa, die im weichen Päckchen, stimmt’s?«
    Er hatte richtig geraten. Backe hatte meiner Frau die Zigaretten für mich mitgegeben. Sie hatte sie mir mit den Worten überreicht: »Geschäftsführer Yuan hat gesagt, ein hohes Tier habe sie ihm geschenkt, er rauche aber nur Eight Happiness und wechsele die Marke nicht.«
    Ich zog eine Zigarette aus dem Päckchen, beugte mich vor und gab sie dem Jungen. Er bedankte sich, als er sie entgegennahm, dann stellte er sich in den Windschatten, zündete sie an und rauchte. Er sah geschmeichelt aus: »Onkel, wenn man sich solche Zigaretten leisten kann, gehört man nicht zu den gewöhnlichen Leuten.«
    »Die hat mir ein Freund geschenkt.«
    »Ich weiß, dass es geschenkte Zigaretten sind. Leute, die solche Zigaretten rauchen, kaufen sie doch nicht von ihrem eigenen Geld!«
    Ich sagte belustigt: »Du kennst dich ja aus mit den vier Grundsätzlichkeiten!«
    »Welche vier Grundsätzlichkeiten?«
    » Zigaretten und Schnaps bekommt man grundsätzlich geschenkt. Vom Gehalt wird grundsätzlich nichts bezahlt. Die Gattin braucht grundsätzlich nicht da zu sein , und das vierte, das vierte Grundsätzliche, darauf komme ich gerade nicht. Jetzt hab ich’s. Nachts hat man grundsätzlich Albträume !«
    »Das vierte stimmt nicht«, meinte er, »aber mir fällt das richtige auch nicht ein.«
    »Ach, vergiss es«, sagte ich.
    »Wenn Sie morgen wieder mein Floß nehmen, wird es mir eingefallen sein. Außerdem, Onkel«, entgegnete er, »weiß ich jetzt, wer Sie sind.«
    »Du weißt, wer ich bin?«
    »Sie sind bestimmt Onkel Unterlippe«, sagte er umständlich und lachte ein wenig verschämt: »Mein Vater sagt, Sie waren immer der Klassenbeste, der, der es von allen am meisten drauf hatte. Sie waren nicht nur der Stolz der ganzen Klasse, Sie sind jetzt der Stolz von ganz Nordost-Gaomi.«
    »Er ist zweifelsohne der Fähigste«, sagte ich, »aber ich bin nicht er.«
    »Onkel, erzürnen Sie sich deswegen bitte nicht!«, antwortete er gleich. »Sowie Sie sich hier niedersetzten, habe ich gewusst, dass Sie nicht zu den gewöhnlichen Menschen gehören.«
    »Ach wirklich?«, lachte ich.
    »Natürlich! Ihre Stirn glänzt. Über Ihrem Kopf sieht man einen Glorienschein! Da weiß jeder sofort, dass Sie Ruhm und Geld besitzen.«
    »Du hast nicht etwa von Yuan Backe das Gesichtlesen gelernt?«
    »Sie kennen Onkel Backe?« Er schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn: »Bin ich ein Trottel! Ihr seid ja Klassenkameraden. Da kennt ihr euch natürlich. Obwohl Onkel Backe Ihnen das Wasser nicht reichen kann, hat er es auch drauf, keine Frage.«
    »Aber dein Vater ist ebenfalls sehr fähig. Ich erinnere mich«, sagte ich, »dass er im Handstand eine ganze Runde um den Korbballplatz laufen konnte.«
    »Wozu soll das gut sein?«, entgegnete er respektlos. »Arme und Beine fit, aber nix in der Birne. Sie und Onkel Backe dagegen gebrauchen Ihr Gehirn. Schon Mencius sagt doch: Die mit Köpfchen arbeiten, beherrschen die Menschen, und die mit ihrer Muskelkraft arbeiten, werden von anderen beherrscht. 22 «
    »Du bist ein ähnlich guter Redner wie Wang Leber!«, lachte ich.
    »Onkel Leber ist auch genial, aber er geht einen ganz anderen Weg als Ihr.« Er sah mich aus zusammengekniffenen Augen an: »Onkel Leber tut so, als sei er verrückt, und verdient sein Geld mit Umsicht.«
    »Kann man mit den Tonkindern etwa Geld verdienen?«
    »Onkel Leber verkauft keine Niwawa-Tonkinder, sondern Kunstwerke! Es gibt einen

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