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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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geholt haben, solltest du vertrauen.«
    Kleiner Löwe nahm Gugus Hand und legte sie sich auf die Wange. Mit einer Kleinmädchenstimme sagte sie: »Gugu, ich vertraue dir.«

12
    Sugitani san! Eine große Freude habe ich zu verkünden!
    Gestern vor Sonnenaufgang wurde mein Sohn geboren.
    Weil meine Frau als Spät- und Erstgebärende zu den absoluten Risikofällen gehörte, hatte selbst die Chinesisch-Amerikanische Mutter-und-Kind-Klinik mit ihren angeblich in Amerika und England ausgebildeten Ärzten eine Aufnahme abgelehnt. Da dachten wir dann natürlich an Gugu. Alter Ingwer ist ja auch der schärfste. Meine Gattin vertraut ohnehin nur Gugu. Sie hat ihr bei unzähligen Geburten assistiert und weiß natürlich, wie souverän sie mit Komplikationen fertig wird.
    Als Kleiner Löwe bei Backe und meinem kleinen Cousin in der Froschzuchtfirma Nachtschicht machte, setzten die Wehen ein. Man sollte, wenn es so weit ist, eigentlich zu Hause bleiben und sich schonen, aber starrsinnig, wie sie ist, hatte sie nicht hören wollen. Sie stolzierte hochschwanger über den Markt und präsentierte ihren Babybauch. Damit löste sie viele Diskussionen aus, und manch einer beneidete sie. Ihre Bekannten und Freunde riefen ihr schon von weitem zu: »Kleiner Löwe, tu dir das doch nicht an! Lauf schnell nach Hause und schon dich! Kaulquappe springt viel zu hart mit dir um.«
    Aber sie sagte nur: »Da ist doch nichts dabei! Mit dem Kinderkriegen ist es wie mit den Melonen, wenn sie reif sind, plumpsen sie vom Gestänge. Wie viele Bauersfrauen haben ihre Kinder schon im Baumwollfeld oder im Gebüsch am Fluss ohne jede Komplikation zur Welt gebracht. Je mehr man sich in Watte packt, umso wahrscheinlicher gibt es Probleme.«
    Ihre Ansichten decken sich in vielerlei Hinsicht mit den Erkenntnissen einiger unserer angesehenen Ärzte der Traditionellen Chinesischen Medizin.
    Die Leute hörten, was sie sagte, alle pflichteten ihr bei, keiner fing Streit mit ihr an.
    Als ich die Nachricht bekam, fuhr ich sofort zur Froschzuchtfirma.
    Yuan Backe hatte meinen Cousin schon veranlasst, Gugu abzuholen. Sie trug einen weißen Arztkittel und einen großen Mundschutz. Ihr widerspenstiges Haar hatte sie unter eine weiße Haube gesteckt.
    Ihr Gesicht war enthusiastisch, sie war aufgeregt. Sie kam mir vor wie ein edles Ross bei Turnierbeginn. Gugu wurde von einer weiß gekleideten jungen Dame in einen geheimen Kreißsaal geführt. Ich saß in Backes Büro und trank mit ihm schwarzen Tee.
    In seinem Büro befand sich mitten im Raum ein Schreibtisch aus Bahia-Rosenholz, dahinter stand ein schwarzer echtlederner Chefsessel mit hoher Lehne. Auf dem Schreibtisch lagen etliche dicke Bücher. Darunter, kaum zu glauben, ein Buch, in dem als Lesezeichen eine kleine chinesische Nationalflagge steckte. Er wusste sofort, was mir durch den Kopf ging, und sagte ernsthaft: »Kumpel, auch als Verbrecher habe ich das Recht, ein Patriot zu sein.«
    Sehr geübt bereitete er mir mit dem traditionellen Teebesteck in einem kleinen Kännchen einen besonderen Tee: »Das ist Dahongpao vom Berg Wuyishan. Es ist zwar nicht das allerfeinste Blatt, aber schon sehr, sehr gut. Wenn der Kreisvorsteher kommt, koche ich ihm immer diesen Tee. Aber dass ich ihn dir anbiete, beweist, dass ich noch Charakter habe.«
    Er bemerkte, dass ich nicht bei der Sache war: »Keine Sorge! Ich mache die Arbeit. Und du verlässt dich auf mich. Friedlich und sicher läuft hier alles. Es kommt nie zu Fehlern oder Komplikationen! Wir wagen es nicht umsonst, deiner Tante kostbare Zeit zu stehlen, sie ist die Schutzgottheit von Nordost-Gaomiland. Wenn sie dabei ist, kann es nur nach diesen acht Schriftzeichen ausgehen:
    母子平安,皆大歡喜
    Mutter und Kind sind wohlauf, alle freuen sich riesig.«
    Später schlief ich auf seinem großen Luxusledersofa ein. Ich träumte, dass meine Mutter und Renmei kämen. Mutter trug ein strahlendes, atlasseidenes Gewand und einen Krückstock mit einem Drachenkopfknauf, dem Erkennungszeichen der Unsterblichen. Renmei hatte eine wunderschöne rote Steppjacke an, dazu eine grüne Hose, sehr bäuerisch und bieder sah sie aus, aber auch ganz allerliebst. Auf dem linken Arm trug sie ein rotes Bündel. Aus dem Bündel konnte ich etwas gelbes Gestricktes hervorlugen sehen. Sie gingen beide auf dem Flur auf und ab, der Krückstock meiner Mutter pochte dabei gleichmäßig, aber nie hastig auf den Boden, trotzdem machte es mich nervös.
    Ich fragte: »Mama, kannst du dich ein

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