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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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STROM: Und wir sind auch keine Schauspieler und noch weniger Regisseure.
    KAULQUAPPE: Aber ihr seid Charaktere in meinem Schauspiel. Ich habe eine Menge Tinte verbraucht, um euch gelungen dazustellen. Wenn ihr es nicht hören wollt, verpasst ihr einiges. Wenn ihr es euch jetzt anhört und euch missfällt etwas, kann ich es zurzeit noch ändern. Wenn ihr es euch nicht anhört, es dann aber im Theater seht, oder es erscheint als Buch, dann kommt die Reue, es vorher nicht gehört zu haben, zu spät.
    (plötzlich mit tragischem Gesichtsausdruck)
    In dieses Theaterstück sind zehn Jahre meiner Lebenszeit geflossen, das gesamte Familienvermögen ist dabei draufgegangen, sonst hätte ich es nicht schreiben können. Ich habe sogar ein paar der besten Balken aus unserem Dach entfernt und verkauft.
    (hält sich die Hand auf die Brust, hustet ein paar Mal gequält)
    Um dieses Stück zu schreiben, habe ich bitteren, scharfen Pfeifentabak geraucht – wenn ich keinen Pfeifentabak mehr hatte, habe ich Schnurbaumblätter genommen –, ich habe ungezählte schlaflose Nächte durchlebt, meinen Körper ruiniert, Reserven aufgebraucht, die ich gar nicht hatte. Und warum das alles? Um berühmt zu werden? Um Profit zu machen?
    (schrill)
    Nein! Bestimmt nicht! Ich tat es aus Liebe zu meiner Tante! Um ihr, der heiligen Mutter unserer Heimat Nordost-Gaomi, ein Denkmal zu setzen, um ihre Biographie aufzuzeichnen. Wenn ihr mich heute nicht lesen lasst und mir nicht zuhört, sterbe ich hier vor euren Augen.
    GROSSE HAND: Wen willst du damit ins Bockshorn jagen? Wie willst du sterben? Dich aufhängen oder Gift trinken?
    QIN STROM: Das klingt alles sehr ergreifend. Ich denke, dass ich es doch ganz gern hören möchte.
    GROSSE HAND: Wenn du das Stück vorlesen willst, dann lies, aber nicht hier in meinem Haus.
    KAULQUAPPE: Dieses Haus ist wohl in erster Linie Gugus Haus und erst in zweiter Linie, und auch nur möglicherweise, deines.
    Gugu kommt aus der Höhle hervorgekrochen .
    GUGU : (ziemlich träge)
    Wer spricht da von mir?
    KAULQUAPPE: Gugu, ich bin es.
    GUGU : Ich weiß schon, dass du es bist. Was führt dich her?
    KAULQUAPPE: (öffnet eilig bemüht die Aktentasche, greift einen Stapel Manuskriptpapier heraus, um dann rasch herunterzubeten)
    Gugu, ich bin es, die Kaulquappe der beiden Kreise Nordost-Gaomi und Pingdu.
    (Qin Strom und Hao Große Hand tauschen einen beklommenen Blick aus)
    Yu Peisheng ist mein Vater und Sun Fuxia ist meine Mutter. Ich bin eines von den Süßkartoffelkindern , und ich bin das erste Kind, das du auf die Welt geholt hast. Meine Frau Tan Yuzi gehört auch zu den Kindern, die du auf die Welt geholt hast. Ihr Vater ist Tan Jinhai und ihre Mutter ist Huang Yueling.
    GUGU : Hör auf damit! Jetzt hast du als Stückeschreiber sogar die Nachnamen geändert. Die Geburtstage auch? Die Eltern stimmen nicht mehr? Der Geburtsort soll auch ein anderer sein? Und die Ehefrau ist ebenfalls eine andere?
    (Gugu läuft grübelnd, mit gesenktem Kopf zwischen den von der Decke baumelnden zwölf, dreizehn Kindern hin und her. Dann stampft sie auf und schlägt sich mit der Faust gegen die Brust. Kurz darauf drischt sie einem der Kinder brutal auf den Po. Es beginnt zu weinen. Gugu schlägt den Säuglingen reihum auf den Po, alle beginnen zu weinen. Gugu fällt mit einem nicht enden wollenden Redefluss in das Stimmengewirr der Säuglinge ein, deren Weinen mit der Zeit schwächer wird.)
    Ihr Süßkartoffelkinder , seid brav und hört auf mich, ich habe euch alle mit meinen eigenen Händen ans Licht der Welt gezogen! Ihr kleinen Racker habt mich Kraft gekostet! Jeder einzelne von euch! Über fünfzig Jahre lang habe ich in diesem Beruf gearbeitet, und auch jetzt lege ich die Hände noch nicht in den Schoß. In den vergangenen fünfzig Jahren habe ich nur wenige Mahlzeiten warm verzehrt, nur selten durchgeschlafen, hatte blutige Hände, schweißnasses Haar, war kotbeschmiert, vollgepinkelt. Denkt ihr vielleicht, ich habe als Dorffrauenärztin eine einfache Arbeit? Bei jeder der mehr als fünftausend Familien unserer achtzehn Dörfer in Nordost-Gaomiland bin ich zu Hause gewesen. Ich habe die fahle Haut am Bauch eurer Frauen und Mütter gesehen. Eure miesen Väter habe ich sterilisiert! Und egal, ob ihr jetzt hohe Beamte seid oder schwer zu Geld gekommen, egal, ob ihr beim Kreisvorsteher bockig seid oder euch beim Bürgermeister wild aufführt, vor mir müsst ihr schön brav, ehrlich und anständig sein, ihr habt gerade zu stehen und zu

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