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Frohes Fest!

Frohes Fest!

Titel: Frohes Fest! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke (Hrsg)
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allein in unserer Galaxis mehr als einhundert Sterne, sie erstrahlen ein paar Stunden oder Tage lang in einem Licht, das mehrere tausendmal so stark ist wie normal, dann sinken sie zurück in Tod und Finsternis. Das sind die gewöhnlichen Novae – die alltäglichen Katastrophen des Universums. Ich habe von Dutzenden die Spektrogramme und Lichtkurven aufgezeichnet, seitdem ich anfing, im Mondobservatorium zu arbeiten.
    Aber drei- oder viermal in jedem Jahrtausend geschieht etwas, das sogar eine Nova zu völliger Bedeutungslosigkeit verblassen läßt.
    Wenn ein Stern zu einer Supernova wird, kann er eine kleine Weile alle Sonnen der Galaxis zusammen überstrahlen. Die chinesischen Astronomen beobachteten ein solches Ereignis im Jahre 1054 n. Chr. ohne zu wissen, was sie da eigentlich sahen. Fünfhundert Jahre später, 1572, flammte in der Kassiopeia eine Supernova so strahlend hell auf, daß sie bei Tageslicht am Himmel zu sehen war. In den tausend Jahren, die seitdem vergangen sind, hat es noch weitere drei davon gegeben.
    Unsere Aufgabe war es, die Überreste einer solchen Katastrophe aufzusuchen, die Ereignisse zu rekonstruieren, die dazu führten, und wenn möglich, die Ursache dafür in Erfahrung zu bringen. Wir kamen langsam durch die konzentrischen Gashüllen, die sechstausend Jahre vorher ausgeschleudert worden waren, sich aber immer noch ausdehnten. Sie waren unermeßlich heiß und strahlten noch immer ein scharf violettes Licht aus, waren aber viel zu dünn, um uns irgendwelchen Schaden zuzufügen. Als der Stern explodierte, waren seine äußeren Schichten mit solcher Geschwindigkeit hinausgeschleudert worden, daß sie vollständig aus seinem Anziehungsbereich geraten waren. Nun bildeten sie eine Hohlkugel, die groß genug war, um tausend Sonnensysteme aufzunehmen, und in deren Mitte glühte der winzige, phantastische Gegenstand, zu dem der Stern jetzt geworden war – ein weißer Zwerg, kleiner als die Erde, aber millionenmal so schwer. Wir waren ringsum von glühenden Gasschichten umgeben, sie verdrängten die normale Finsternis des interstellaren Raumes. Wir flogen in das Zentrum einer kosmischen Bombe, die vor Jahrtausenden explodiert war, und deren weißglühende Bruchstücke immer noch auseinanderrasten. Die unermeßliche Größe der Explosion und die Tatsache, daß ihre Trümmer schon jetzt ein Volumen von vielen Milliarden Kilometern erfüllten, bewirkten, daß man in dieser Szenerie keinerlei Bewegung erkennen konnte. Es würde Jahrzehnte dauern, ehe das Auge ohne Hilfsmittel in diesen sich drehenden Gasfetzen und -wirbeln irgendeine Bewegung entdecken könnte, aber das Gefühl rasender Ausweitung war überwältigend.
     
    Wir hatten Stunden zuvor unseren Primärantrieb gedrosselt und schwebten jetzt langsam auf den grellen, kleinen Stern vor uns zu. Einst war er eine Sonne wie die unsere gewesen, aber er hatte innerhalb von ein paar Stunden die Energie vergeudet, mit der er eine Million Jahre lang hätte leuchten sollen. Jetzt war er ein zusammengeschrumpfter Geizhals, der seine letzten Reserven hortete, als wolle er seine zügellose Jugend wiedergutmachen.
    Niemand erwartete ernsthaft, Planeten zu finden. Wenn es vor der Explosion welche gegeben hatte, waren sie zu Wolken verdampft worden und ihre Masse wäre in den größeren Trümmern des eigentlichen Sterns untergegangen. Aber wir leiteten die automatische Suchaktion ein, wie wir es immer tun, wenn wir uns einer unbekannten Sonne nähern, und schließlich fanden wir eine einzelne, kleine Welt, die den Stern in gewaltiger Entfernung umkreiste. Sie mußte der Pluto dieses verschwundenen Sonnensystems gewesen sein und an den Grenzen der Nacht ihre Umlaufbahn gehabt haben. Der Planet war zu weit entfernt vom Sonnenzentrum, um je Leben gekannt zu haben, und seine Ferne hatte ihn vor dem Schicksal all seiner verschwundenen Gefährten bewahrt.
    Die vorbeiziehenden Feuerbrände hatten seine Felsen versengt und die Schicht aus gefrorenem Gas weggebrannt, die ihn in der Zeit vor der Katastrophe bedeckt haben mußte. Wir landeten und fanden das Gewölbe.
    Seine Erbauer hatten dafür gesorgt, daß wir es fanden. Der Monolith, der als Wegweiser über dem Eingang stand, war jetzt ein zusammengeschmolzener Stummel, aber schon die ersten Fernaufnahmen zeigten, daß wir hier das Werk intelligenter Lebewesen vor uns hatten. Ein wenig später entdeckten wir das den ganzen Kontinent überspannende, radioaktive Muster, das in den Felsen eingegraben worden war.

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