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Frohes Fest!

Frohes Fest!

Titel: Frohes Fest! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke (Hrsg)
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lange. Also fangen wir mal mit der Show … der Show … Na was denn?«
    Ich führte Selbstgespräche. Keiner war da. Ich konnte lediglich eine Menge Kisten sehen, die überall aufgestapelt und mit dem unvermeidlichen dünnen Film von Mondstaub überzogen waren. Keiner aus meinem Produktionsstab war gekommen. Ich stöhnte. Dieser Lagerraum, den man mir als Studio zugewiesen hatte, war immer noch nichts als eben ein Lagerraum. Oder ein Schrottplatz. Keine Mikros. Keine Spotlights. Keine Kulisse. Nichts vorbereitet.
    Meine Holovisionsausrüstung lag nachlässig hingeworfen in einer Ecke wie ein betrunkener Spielzeugroboter. Das unglaublich teure Compulink-Keyboard (von der Interplanetarischen Rettungsbehörde ausgeliehen) kippte fast von einem schiefen Stativ. Überall lagen überflüssige Kabelschlingen herum. Alles in allem wirkte es wie das am schlechtesten vorbereitete Videostudio seit Kunibert der Unfertige seine erste Sendung machte.
    Wie sollte ich jetzt unsere kleine Weihnachtsshow der Lunaren Christlichen Gesellschaft auf die Erde senden, wo unsere Freunde von der JPL Evangelistengruppe darauf warteten? Was noch schlimmer war: Commander Hynam hatte mir eröffnet, wegen unseres speziellen Gaststars vom Sirius habe er eine Sammelschaltung für alle Sendernetze der Erde vorbereitet und nicht nur für Pasadena. Ich hatte mir schon den ganzen Nachmittag über deswegen Gedanken gemacht, und nun … Wenn ich nicht innerhalb der nächsten paar Stunden ein Wunder vollbrachte, würden die Zuschauer aus aller Welt nichts als einen Haufen schmutziger Kisten zu sehen bekommen. Fröhliche Weihnachten, Leute, aber Sarah hat ihre Show heute abend leider nicht vorbereiten können. Alle 2 Milliarden von euch müssen sich bis nächstes Jahr vertrösten.
    Natürlich nahm mein wirkliches Problem in diesem Moment im Raumkrümmungslaboratorium Gestalt an, nur wußte ich noch nichts davon.
    Ich geriet wegen des leeren Studios in Panik und ahnte nicht, daß es noch viel schlimmer kommen würde. Dann bemerkte ich, daß der Raum doch nicht ganz menschenleer war. Einer aus meinem Team kam hinter den Kisten hervor.
    Er hatte mir den Rücken zugewandt, aber ich erkannte die breiten Schultern und den militärischen Haarschnitt des leitenden Studiotechnikers Abe Van Boak, der langsam und genießerisch einen Dekostern auf das schwarze Metall klebte. (Ich hatte die Wand selber schwarz gespritzt – für die Sendung. Das war die ganze Vorbereitung, die ich die Woche über fertiggebracht hatte.)
    Ich war so erleichtert, Van zu sehen, daß ich ihm ins Ohr schrie: »VAN! WO SIND ALLE?«
    Er erstarrte – die Hand mit einem weiteren Dekostern blieb ausgestreckt. »Ach, Sarah. Ich hatte mir doch eingebildet, jemanden reinkommen gehört zu haben.«
    Dann klebte er den glitzernden Stern ganz ruhig an die Wand, als habe ich nicht gerade seine Trommelfelle zum Platzen gebracht.
    »Ja, Van, ich bin’s.« Ich senkte meine Stimme um ein oder zwei Dezibel. »Wo sind die alle? – Warum ist die Ausrüstung nicht aufgebaut? – Warum kommt Roskonnor nicht zu seiner Probe? Und wer soll unseren Besucher mit den Tentakeln eigentlich interviewen? Wer hatte sich denn freiwillig für den Fronteinsatz gemeldet?«
    »Ihr Gatte«, sagte Van, während er einen weiteren Stern in der Schwärze der Nacht über Bethlehem anbrachte, »macht im Labor Überstunden. Sie sind mit ihrem letzten Raumkrümmungsexperiment hinter dem Plan zurück. Es tut mir leid, Sarah, aber ich habe keine Ahnung, wann er kommt.«
    Ich stöhnte wieder. Wenn Matt dort hinten immer noch versuchte, den Raum zu krümmen, wären Fred und Krish auch dabei. Keine Holovid-Techniker vorhanden. Dann blieben mir nur die schrecklichen Zwillinge Lottie und Lata, und die waren auch gerade nicht da. Wir praktizierenden Christen stellten auf dem Mond eine Minderheit dar, also war unsere Weihnachtssendung eine Sache für Freiwillige. Kein Profi unter uns.
    Ich hatte einst eine Sendung im Regionalprogramm gemacht über die praktizierenden Christen in meiner Heimatgemeinde. Damit war ich auf der Mondbasis so was wie die führende Expertin, nachdem die Reporter hier längst alle abgeschwirrt waren – die Basis stellte nach so langer Zeit keine Neuheit mehr dar. Die Expertin! Schöne Expertin! Damals war es eine kleine Sendung für die angeschlossenen Haushalte in Pasadena gewesen, die wirklich keine Rolle spielte, aber diesmal hatte unser Commander die Übertragungsrechte an ein ganzes Senderbündel verkauft

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