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Frohes Fest!

Frohes Fest!

Titel: Frohes Fest! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke (Hrsg)
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    Ein wirklicher Profi, nahm ich an, wüßte genau, was sie nun machen sollte. Ich wußte es nicht, und so glich ich das Defizit mit Schreien aus.
    »VAN! WIR SCHAFFEN DAS NICHT MEHR! WO IST ROSKONNOR?«
    Van trat einen Schritt zurück. Er rieb sich das Ohr.
    »Er wickelt seine Tentakel gerade um eine Tasse Tee bei Commander Hynam, Sarah. Sie betreiben wieder Irdisch-Sirianische Diplomatie.«
    »Aaach!« Ich schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Jetzt ist keine Zeit für Diplomatie! Wir brauchen diesen idiotischen Sirianer unbedingt jetzt sofort hier, sonst ist die Weihnachtssendung ruiniert!«
    Van lächelte mich zuversichtlich an. »Das wird heute abend schon gutgehen.«
    »Aber es ist schon Heiligabend!«
    Ich ließ mich auf eine der Kisten fallen.
    »Immer mit der Ruhe, Sarah«, sagte Van und legte seine Dekosterne weg. »Ich habe Lottie und Lata zum Büro des Commanders geschickt. Die werden dafür sorgen, daß Roskonnor hierher kommt, anstatt seine Zeit mit dem Friedensvertrag zwischen der Erde und dem Sirius zu vertrödeln.«
    »Ich hoffe, sie können ihn anschleppen«, sagte ich. »Dieser Außerirdische muß lernen, wichtige Sachen zuerst zu erledigen.«
    Ich trommelte mit den Fingern auf meine Knie und bemühte mich um eine Bestandsaufnahme. In welcher Lage befand ich mich?
    Roskonnor, der Gesandte vom Sirius, sollte seinen ersten Auftritt in der irdischen Öffentlichkeit hier in meinem Studio erleben. Ich hatte selbst gar nicht begriffen, worauf ich mich da einließ, als ich ihn als Gast in unsere Show einlud. Er hatte sich wohl geweigert, eine offizielle Erklärung abzugeben, bevor die Gesandten der Erde persönlich mit dem nächsten Shuttle ankämen, aber es gefiel ihm durchaus, in der Zwischenzeit ganz inoffiziell in einer Weihnachtssendung mitzuwirken. Das wäre eine nette Überraschung für meine Freunde in Pasadena gewesen. Unglücklicherweise hatte ich meine Idee Commander Hynam gegenüber erwähnt, und der hatte prompt die Sammelschaltung zur Erde veranlaßt. Jetzt hatte ich ein Zuschauerpotential von zwei Milliarden, und mein Sirianer war noch nicht da, und ich hatte kein richtiges Studio für ihn. Wenn Roskonnor heute abend nicht im Fernsehen erschien, würde kein Mensch mehr einem Sirianer über den Weg trauen.
    Tatsächlich war mein Studio nicht einmal so schlecht. Ich konnte eventuell in kurzer Zeit etwas daraus machen. Was ich wirklich brauchte, war mein Team.
    Mein Star-Interviewer würde Matthew sein. Er konnte seine Gitarre nehmen und ›Vom Himmel hoch‹ singen. Anschließend würde Roskonnor in seinem Weihnachtsmann-Kostüm hereinschlurfen und Matt einige nette, harmlose Fragen beantworten, damit er (bis auf die Tentakel und den Schleim) wie der nette Onkel aus der Nachbarschaft wirkte. Aber Matthew war noch nicht da.
    Fredric und Krishnan, meine Amateur-Holovid-Kameramänner, waren mit Matt zusammen bei dem Raumkrümmungsexperiment. Also waren sie auch nicht da.
    Lottie und Lata sollten für Make-up und Kostüme zuständig sein und dafür sorgen, daß Roskonnors Pseudopodien süß und herzig aussahen. Aber auch sie waren noch nicht da.
    Van war da.
    Ich war da.
    Ein Stapel Kisten war da, ebenso die Holovid-Ausrüstung, doch die war noch nicht einmal zusammengebaut.
    Ich konnte nicht mehr tun, als mich im Studio umzusehen und festzustellen, was anschließend zu tun sei. Ich stand auf.
    »Van! Du hast genug Sterne über Bethlehem aufgehängt. Räume diese Kisten weg – hilf mir, ein bißchen Platz zu schaffen!«
    »Aber ich habe den großen Stern noch nicht angebracht, unter dem die drei Heiligen stehen sollen!«
    Ich fühlte ein weiteres Stöhnen in mir aufsteigen, doch ich unterdrückte es soeben. »In Ordnung, Van. Häng den letzten Stern auf und bring dann die Kisten raus!«
    Kaum ausgesprochen, hatte ich das Gefühl, irgend etwas Wichtiges übersehen zu haben. Klar – Van begann damit, einige Kisten aufzusammeln, stellte sie aber wieder ab und sah mich fragend an.
    »Äh, Verzeihung, Sarah, aber wo, zum Teufel – Entschuldigung –, also wo soll ich diese Kisten hinbringen?«
    Wo Van recht hatte, hatte er recht. Wir waren hier auf der Mondbasis. Bei dem geringen Budget, speziell nach der letzten Kürzung des britisch/europäischen Haushalts, hatte man an allem gespart, und es war einfach kein Platz vorhanden, um etwas aufzubewahren. Als unser Chefingenieur war Abe Van Boak gleichzeitig der beste Kenner der Mondbasis. Wenn er sagte, wir hätten keinen Platz, dann hatten

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