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Frohes Fest!

Frohes Fest!

Titel: Frohes Fest! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke (Hrsg)
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wir keinen Platz.
    Natürlich meinte er damit ›Lagerkapazität‹. So arbeitete nun mal der Verstand eines Technikers. Es war Zeit für ein wenig weibliche Intuition.
    »Schau mal, Van, bis das alles vorbei ist, schläfst du doch bestimmt nicht mehr!« (Selbst wenn er Schlaf brauchte, würde er ihn nicht bekommen. Dafür würde ich sorgen.) »Also bring einfach diese Kisten in unsere Kabinen! In deine, meine, Lotties … dann sind die meisten erst mal verstaut.«
    »Aber nicht alle!« (Das halbe Lager war bis zur Decke vollgepackt.)
    »Auf jeden Fall eine Menge, Van. Was übrig ist, werden wir mit Tüchern verhängen und wie Kulissen zurechtstellen. Fang schon mal an, Van. Ich beginne mit den Holoprogrammen.«
    Ihm manuelle Arbeiten aufzutragen, war nicht sexistisch gemeint – es war einfach praktisch. Ich kannte mich mit den Weihnachtsprogrammkarten aus, und er nicht. Außerdem wogen alle Dinge auf dem Mond ja weniger. Er nickte resignierend und hob die ersten Kisten wieder auf. Ich ging zu dem Durcheinander der Sendeausrüstung und zog das Compulink-Keyboard heraus. Zu meiner Überraschung funktionierte es immer noch. Ich akzeptierte diesen kleinen Gnadenbeweis dankbar, stellte den Bildsucher ein und programmierte eine Stallszene. Alles natürlich mit den fertigen Programmkarten. Wie sonst könnte ein Produzent, der alle Hände voll zu tun hat, den Szenenaufbau und die Hintergründe erstellen?
    Für die drei Heiligen, las ich, klicken Sie Block A an und die Zweige B bis E (Basic), dazu Kopf FM. Erweitern Sie wie vorgesehen und holen Sie mit der Maus Kostüm T auf d en Schirm, bevor Sie den Einstellungssatz dazuschalten. Wiederholen Sie das für die Kostüme U und V …
    Mein Stift glühte, als ich die Mikropunkte neben den Programmetiketten abtastete. Jedes Kind brachte das fertig. Es machte keinen Spaß mehr, mit diesen vorprogrammierten Karten Holobilder zu erzeugen, aber ich hatte keine Zeit, kreativ zu werden. Die Weihnachtsbildkarten (American Midwest Serie – für den Privatgebrauch und den Einsatz in Kirchen) waren ein Gottesgeschenk, wenn einem das gesamte Produktionsteam fehlte. Ich hatte nur noch weniger als fünf Stunden Zeit, um die erste Live-Weihnachtssendung vom Mond vorzubereiten. Ich brauchte jede Minute.
    Mittlerweile war im Raumkrümmungslaboratorium mein verrückter Ehemann dabei, den Lauf der Geschichte zu ändern.
    Aber in meinem Lagerraum, meinem Studio, arbeiteten Van und ich wie angestochen. Meine Holoshow-Hintergründe wurden eingegeben, getestet und gespeichert. Ich mußte mich damit beeilen, denn wenn die Proben erst einmal begonnen hatten, hatte ich keine Zeit mehr, irgend etwas außer dem Souffleurprojektor zu programmieren. (Roskonnor hatte seine eigenen Souffleur-Anweisungen geschrieben, aber der Computer hatte die sirianischen Schriftzeichen nicht wiedergeben können und so hatte er sie schließlich auf große Pappkartons aufgemalt. Wirklich primitiv.) Jedenfalls brachte ich alles irgendwie auf die Reihe. Nur am Rande bemerkte ich, wie Van die Kisten wegschaffte, aber er leistete Heldenarbeit, um sie in die Schlafzimmer nichtsahnender Seelen zu transportieren. Schließlich war er damit fertig. Ich beendete die Programmiererei. Wir sahen uns an. Wir hatten echt einiges geleistet. Ich dachte, wenn alles weiter glatt verliefe, sei die Show gerettet.
    Es verlief nicht glatt. Mein Mann kam herein.
    Er trug immer noch seinen weißen Overall und hatte die getönte Schutzbrille auf. Er kam auf mich zu und klatschte vor Aufregung in die Hände.
    »Sarah! Liebling! Ich habe Jesus gesehen!«
    Ich liebe meinen Mann wirklich. Deswegen reiße ich ihm nie den Kopf ab, wenn jemand anders in der Nähe ist. Nicht oft jedenfalls.
    »Matthew, mein Schatz, du mußt nicht schon vor der Show deinen Glauben unter Beweis stellen. Warte bis Roskonnor …«
    Er unterbrach mich, und das tat er sonst nie. Ich war so verblüfft, daß ich ihn ausreden ließ.
    »Sarah! Du verstehst mich nicht. Ich habe Jesus wirklich getroffen und mich mit ihm unterhalten! Unser Retter ist zur Menschheit zurückgekehrt! Jesus ist hier auf dem Mond – jetzt in diesem Moment!«
     
    Schnell erklärte Matt.
    Das Raumkrümmungsexperiment hatte endlich Ergebnisse gebracht. Die Peabodyschen Kraftfelder, durch einen weihnachtlichen Abschlußstreich auf Maximalstärke gebracht, hatten den Energiefluß eiförmig verknotet. Diese Form hatte sich ungefähr 3,75 Sekunden lang gehalten. Das war, gemessen an normalen Experimentalwerten,

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