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Fromme Wünsche

Fromme Wünsche

Titel: Fromme Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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hat dir 'ne Frage gestellt.“
    „Wollt ihr mir was anhängen? Dann müßte ich meinen
Anwalt hinzuziehen. Sonst beantworte ich keine Fragen.“
    Die beiden sahen sich an. „Dann ruf mal deinen
Anwalt an. Den Revolver behalten wir. Ist nicht gerade 'ne Damenwaffe.“
     
    18 In
der Mangel
     
    Ich hatte mir den Zorn des zuständigen Staatsanwalts
zugezogen; damit konnte ich leben. Bobby war erbost, als er die Sache mit dem
Säureanschlag im Herald-Star nachgelesen hatte; so etwas war mir nicht neu. Auch
daß Rogers Besorgnis sich in empörten Unmut verwandelt hatte, als er erfuhr,
daß ich die Nacht im Gefängnis verbracht hatte, ließ sich wieder in Ordnung
bringen. Mein Problem war Lotty. Sie wollte nicht mit mir reden - und das war
schlimm.
    In der Nacht war alles drunter und drüber gegangen.
Pockennarbe und Schwabbelbauch hatten mich gegen halb zehn festgenommen. Ich
rief bei meinem Anwalt Freeman Carter an, erreichte aber nur seine
dreizehnjährige Tochter. Sie wirkte zwar selbstsicher und vernünftig, doch ob
sie sich daran erinnern würde, daß sie ihrem Vater etwas ausrichten sollte?
    Bei der anschließenden Vernehmung beschloß ich,
nichts zu sagen. Mit der Wahrheit konnte ich nicht herausrücken, und wenn ich
schwindelte, würde mir Lotty in ihrer augenblicklichen Stimmung garantiert die
Tour vermasseln.
    Schwabbelbauch und Pockennarbe wurden ziemlich bald
von ranghöheren Kollegen abgelöst. So gegen Mitternacht kam Charles Nicholson
von der Staatsanwaltschaft. Ich kannte ihn, er war eine wichtige Persönlichkeit
in der Gerichtsbarkeit von Cook County und fühlte sich zu Höherem berufen.
Charles gehört zu den Typen, denen es Spaß macht, ihre Untergebenen bei
Privatgesprächen während der Dienstzeit zu erwischen. Man konnte nicht sagen,
daß wir Freunde waren.
    „Sieh mal an, die Warshawski! Ist ja fast wie in
alten Zeiten. Sie und ich, ein paar Meinungsverschiedenheiten und ein
Schreibtisch dazwischen.“
    „Hallo, Charlie“, sagte ich gelassen. „Wirklich wie
in alten Zeiten. Sogar Ihr Hemd klafft noch beim sechsten Knopf.“
    Er sah an sich hinunter und zog an der Knopfleiste.
Dann warf er mir einen bösen Blick zu. „Ihr kesses Mundwerk ist wohl nicht
totzukriegen. Nicht mal durch eine Mordanklage.“
    „Wenn mir Mord vorgeworfen wird, dann hat man die Anklage
geändert, ohne mich zu informieren“, sagte ich gereizt. „Das wäre
gesetzeswidrig. Sie sollten den Strafvorwurf noch mal überprüfen.“
    „Aber nein“, beschwichtigte er mich mit seiner
öligen Stimme. „Sie haben ja recht. Ich hab' nur so dahergeredet. Ihnen wird
nach wie vor Behinderung der polizeilichen Ermittlungen zum Vorwurf gemacht.
So, und nun wollen wir mal klären, was Sie in der Wohnung des alten Mannes zu
suchen hatten.“
    Ich schüttelte den Kopf. „Erst wenn ich mit meinem
Anwalt gesprochen habe. Was ich zu dem Thema sagen könnte, ließe sich ja alles
gegen mich verwenden. Über das Verbrechen selbst weiß ich ohnehin nichts, was
für die Polizei wichtig wäre.“ Das war der letzte Satz, den Charlie für längere
Zeit von mir hörte.
    Er versuchte es mit den verschiedensten Taktiken -
mit Beleidigungen, auf die Anbiederungstour, mit aus der Luft gegriffenen
Theorien über das Motiv des Verbrechens, um mich aus meiner Reserve zu locken.
Schließlich gab er auf.
    Die Lage änderte sich, als Bobby um halb drei
hereinkam. „Wir nehmen dich mit! Deine Fisimatenten stehen mir bis hier.“ Er
zeigte mir, wie weit. „Was fällt dir eigentlich ein, die Säuregeschichte an die
Zeitung zu geben und uns heute früh im dunkeln tappen zu lassen! Vor ein paar
Stunden haben wir deinen Freund Ferrant vernommen. Meinst du, ich bin so blöd,
daß ich nicht bemerkt habe, wie du ihm heute früh ins Wort gefallen bist?
Säure! Du gehörst ja in die Klapsmühle! Und bevor es Tag wird, rückst du raus
mit dem, was du weißt. Sonst weisen wir dich gleich ein und sorgen dafür, daß
du dort bleibst.“
    Das war natürlich nur Gerede, und Bobby wußte das
genausogut wie ich. Einerseits war er wütend auf mich, weil ich Beweismittel
zurückgehalten hatte, und andererseits tobte er, weil ich als Tonys Tochter in
Gefahr gewesen war; ich hätte mein Augenlicht verlieren oder ermordet werden
können.
    Ich stand auf. „Also gut. Aber Murray hat über die
Säuregeschichte geschrieben, gleich als sie passiert war. Hol mich raus hier
und weg von Charlie, dann erzähl' ich dir alles.“
    „Und zwar die Wahrheit, Mädchen! Wenn du

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