Froschkuss (German Edition)
Multimedia-Player aufgebaut hatte, denn das hätte ich allein nicht hingekriegt. Auf der anderen Seite war ich aber auch total genervt, weil er das alles ohne mich zu fragen gemacht hatte, deshalb antwortete ich nur mit: „Mmm!“
Leon blickte mich durch die leicht verschmierten Gläser seiner schwarz umrandeten Brille verständnislos an. Dabei fiel mir auf, dass er sehr angenehm roch, nach einem neuen Herrenduft? Vielleicht hatte er den von dieser Nele geschenkt bekommt, mit der er vor kurzem „fast zweimal in einer Nacht“ gevögelt hatte? Außerdem trug er ein neues, eng anliegendes, schwarzes T-Shirt und eine lässige Vintagejeans. Er schnaubte leise: „Du könntest dich wenigstens mal bedanken.“
„Nimmst du das Ding wieder mit, wenn du ausziehst?“, fragte ich stattdessen, obwohl ich eigentlich etwas Netteres hätte sagen wollen.
„Da kannst du Gift drauf nehmen“, fauchte er zurück und knallte die Fernbedienung auf den Tisch. „Du bis so eine richtige Zicke, kein Wunder, dass sich kein Kerl für dich interessiert.“ Er stand auf und ließ die Wohnzimmertür hinter sich zuknallen. „Schönen Abend noch!“
„Blödmann!“, zischte ich ihm leise hinterher, aber das hörte er wohl nicht mehr. Wahrscheinlich verschwand er nun nach oben in mein Arbeitszimmer, um in die Welt von World of Warcraft abzutauchen. Besser ist es, dachte ich und klickte auf das TV-Symbol. Tatsächlich konnte ich mich mühelos durch die Programme zappen. Mit Technik kannte sich Leon aus, das musste man ihm lassen. Als ich später im Bett lag (Leon hatte sich nicht mehr blicken lassen), nahm ich einen Schreibblock zu Hand, der auf einem kleinen Tisch neben meinem Bett lag. Hin und wieder kamen mir nachts ganz gute Themenideen für Citylight und die notierte ich mir dann gleich, um sie nicht wieder zu vergessen. Der Spruch aus meinem Orakelkeks ging mir nicht aus dem Sinn: „Für die Welt bist du irgendjemand, aber für irgendjemand bist du die Welt.“ Ob Lars dieser „irgendjemand“ war? Vielleicht war er auch in mich verliebt, traute sich aber nicht, seine Gefühle zu offenbaren, weil ich für ihn arbeitete. Ich hatte ihm, wenn ich ehrlich war, auch nicht wirklich gezeigt oder gesagt, was ich für ihn empfinde. Oder war ich ihm schlichtweg gleichgültig und er hatte sich bereits in Celine verknallt? Wieso hatte ich immer noch keinen festen Freund, obwohl ich schon 26 Jahre alt war? Lag es vielleicht an mir? War ich nicht attraktiv genug oder war ich tatsächlich eine „Zicke“? Ich wollte auf jeden Fall nicht als verbiesterte und frustrierte Single-Frau enden, da hatte ich mir mein Leben aber anders vorgestellt. Immer nur arbeiten und sich dann abends eine Fünf-Minute-Terrine aufbrühen? Echt gruselige Vorstellung. Ich wollte einen Mann, also Lars, ein Häuschen im Grünen und mindestens zwei Kinder, lieber drei. Ich könnte dann weiter bei Citylight arbeiten, natürlich nur halbtags, aber das dürfte als Frau des Chefs ja wohl kein Problem sein. Ich seufzte. Was wäre, wenn ich einfach schwanger werden würde? Lars irgendwie ins Bett zu bekommen sollte kein Problem sein, wenn ich den richtigen Moment erwischte. Vielleicht auf der Kieler-Woche-Party? Die Pille nahm ich sowieso nicht, lohnte sich ja nicht in meiner jetzigen Situation. Was hatte diese Olivia Stone noch empfohlen, um den Traummann für sich zu gewinnen?
Schreiben Sie ihm einen Brief, in dem Sie Ihre Gefühle offenbaren! Ich überlegte, ob der Brief dann auch abgeschickt werden sollte. Olivia Stone hatte dazu nichts gesagt, da war ich mir ziemlich sicher. Aber was sollte es für einen Sinn machen, einen Liebesbrief zu schreiben, wenn der Adressat ihn nie zu Gesicht bekommen würde? Aber vielleicht war damit ja so eine Art Voodoo-Liebesbrief-Zauber gemeint. Allerdings fehlten dann bestimmt noch irgendwelche Rituale, wie z. B. das Verbrennen des Briefes bei Mondschein oder das UntereinenApfelbaumvergraben? Ich legte den Block zur Seite, stand wieder auf und holte mein Mac Book ins Bett. Zum Glück gab es in meiner Wohnung WLAN, denn mein Schreibtisch war ja von meinem World of Warcraft spielenden Mitbewohner blockiert. Ich rief google auf und gab die Suchwörter „Liebesbrief“ und „Liebeszauber“ ein. Ich klickte mich durch diverse Seiten, bis ich in einem Forum für Hexen landete. Dort diskutierten Frauen (Hobby-Hexen?) Methoden, einen Mann für sich zu gewinnen. Unglaublich, wie gut dieses Forum besucht war! Wer weiß, wie viele Frauen sich
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