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Frost

Frost

Titel: Frost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Rector
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meinen Namen und meine Adresse in sein Notizbuch abschrieb, versuchte ich die schmutzig grünen Tattoos auf seinem Unterarm zu erkennen.
    Fast alle Details waren verschwommen. Das Einzige, das ich klar ausmachen konnte, war eine dunkelhaarige Frau, die sich in einer klassischen Pin-up-Pose an einen Anker lehnte. Bei den anderen Bildern war ich mir nicht so sicher. Das eine konnte ein Adler sein, der ein Banner in den Krallen trug. Aber die Worte auf dem Banner hatte die Zeit verwischt.
    Als der Mann fertig war, gab er mir meine Papiere zurück und sagte: «Meistens reicht doch eine ruhige Nacht und viel Schlaf. Vielleicht geht es Ihrem Freund morgen schon besser.»
    «Hoffentlich haben Sie recht.»
    «Hab ich meistens.»
    Ich zeigte auf das Radio auf dem Regal. «Wissen Sie schon das Neueste über das Unwetter? Gute Nachrichten?»
    «Sie sagen, dass es morgen aufklaren soll, aber darauf kann man sich nicht verlassen. Gestern haben sie im Fernsehen noch gesagt, dass es nur ein paar Zentimeter Neuschnee geben sollte.» Er zeigte mit seinem Kugelschreiber zum Fenster. «Das sind doch mindestens zehn Zentimeter, und es hört nicht auf.»
    «Eher fünfzehn, würde ich sagen.»
    Der Mann schüttelte den Kopf. «Es würde mich nicht wundern, wenn das nochmal doppelt so hoch wird. Diese Frühlingsblizzards können echt fies sein.» Er öffnete ein abgestoßenes Schränkchen. Darin hingen die Schlüssel. Er wählte einen aus und legte ihn auf den Tresen. «Ich gebe Ihnen ein Zimmer in Haus drei, direkt um die Ecke. Wenn Sie etwas brauchen, sagen Sie einfach Bescheid.»
    Ich musste lächeln.
    Zimmernummer dreizehn.
    «Es gibt Aschenbecher aus Glas im Zimmer.» Er nahm ein paar milchweiße Kerzen aus dem Regal. «Wenn Sie die hierbitte in die Aschenbecher stellen würden und nicht auf die Möbel. Und bitte passen Sie auf, dass die Flamme weit genug von den Vorhängen entfernt ist, damit sie nicht Feuer fangen.»
    «Ich passe schon auf.»
    «Brauchen Sie Streichhölzer?»
    Ich brauchte keine, aber er fischte trotzdem ein halbleeres Streichholzbriefchen aus seiner Brusttasche und reichte es mir. Ein Regenbogen war darauf zu sehen, auf der Rückseite stand «THE MAXX» und eine Telefonnummer.
    «Damit schaffen Sie es bis morgen früh. Wie gesagt, geben Sie Bescheid, wenn Sie etwas brauchen oder wenn es Ihrem Freund schlechter geht. Klopfen Sie einfach an, ich höre das schon. Meistens bin ich sowieso die ganze Nacht wach.»
    Ich bedankte mich und machte einen Schritt auf die Tür zu, drehte mich dann aber noch einmal um. «Wie war nochmal Ihr Name?»
    «Butch Sollars», sagte er. «U.S.   Navy, im Ruhestand.»
    Er streckte seine Hand aus, und ich schüttelte sie.
    «Mein echter Name ist Emerson, aber alle kennen mich als Butch. Außer meiner Mutter hat mich nie jemand Emerson genannt, und mir hat der Name damals schon nicht gefallen.»
    «Ich werd’s mir merken», sagte ich. «Und danke nochmal.»
    Butch nickte. «Halten Sie sich warm da draußen.»
    Ich zog meine Jacke fest um mich herum und ging hinaus in die Kälte.
    Ich überlegte, was Sara wohl zu der Zimmernummer sagen würde und dazu, dass die Telefone nicht funktionierten.
    Jedenfalls würde sie nicht glücklich darüber sein.

7
    Ich verließ das Büro mit gesenktem Kopf und versuchte, mein Gesicht gegen den Sturm zu schützen. Die Fußspuren, die ich auf dem Weg vom Auto zur Rezeption hinterlassen hatte, waren bereits wieder mit frischem Schnee gefüllt. Unsere Lage schien mir plötzlich ziemlich ausweglos.
    Ich trat aus dem Schutz des überdachten Wegs hinaus und lief auf den Wagen zu. Da hörte ich Saras Stimme hinter mir.
    «Nate?»
    Sie kauerte im Dunkeln an der Hauswand und hatte die Arme um die Knie geschlungen. Sie zitterte vor Kälte, aber als ich ihr die Hand an die Wange legte, fühlte sich die Haut warm an.
    «Was machst du hier? Es ist bitterkalt.»
    «Ich glaube, er ist tot.»
    Die Luft in meiner Kehle war plötzlich eisig. Schnee bedeckte die Windschutzscheibe des Autos, ich konnte nichts erkennen.
    «Er ist bestimmt nicht tot.»
    «Er atmet nicht mehr.»
    «Er ist nur ziemlich krank, das ist alles.»
    «Glaub ich nicht. Ich glaube, er ist tot.»
    «Sara, hör auf damit.»
    «Geh und schau nach.»
    Ich rührte mich nicht. Sara sah mich schweigend an. Dann vergrub sie ihren Kopf zwischen den Knien und schaukelte hin und her.
    Endlich stand ich auf und ging zum Wagen. Als ich die Beifahrertür öffnete, ging die Innenbeleuchtung an, blendend hell, und die

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