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Frostfeuer

Frostfeuer

Titel: Frostfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Lider überhaupt geschlossen? – und fand sich in einem langen Korridor wieder, holzgetäfelt wie so viele Gänge des Hotels. Zweifellos, dies war das Aurora. Oder etwas, das sich aus den Bildern in Maus’ Erinnerung zusammensetzte und sich größte Mühe gab, etwas nachzubilden, das ihrem bekannten Umfeld glich. Sie fühlte, sie wusste einfach, dass dies hier keiner der Flure des Hotels war – dafür war alles eine Spur zu groß, zu hoch, zu makellos –, und doch war die Illusion fast perfekt. Erst als sie über die Schulter blickte, erschrak sie: Dort setzte sich der Gang bis ins Endlose fort, als hätte man ihn mit Spiegeln in Spiegeln ins Unendliche gestreckt.
    Vor ihr jedoch, etwa zwanzig Meter entfernt, endete der Korridor an einer Tür. Sie war nicht das, was Maus sich unter einer magischen Pforte vorgestellt hatte, kein gewaltiges Portal mit eisernen Beschlägen und brüllenden Drachen aus Stein rechts und links. Stattdessen sah sie aus wie eine ganz normale Eichentür, die es zu hunderten überall im Hotel gab. Sie hatte eine blitzblanke Messingklinke, aber – und das war ungewöhnlich – kein Schlüsselloch. Offenbar brauchten magische Türen so etwas nicht: Sie wussten ganz von selbst, wer hindurchtreten durfte und wer nicht.
    Als Maus sich in Bewegung setzte, schwankte sie. Nach ein paar Schritten aber erkannte sie, dass nicht sie es war, die bebte – vielmehr schien die gesamte Umgebung in unregelmäßigem Rhythmus zu erzittern. Die Wände vibrierten lautlos, der Boden warf leichte Wellen, und die Lüster an der Decke pendelten. Das alles vermittelte das Bild eines Ortes, der nur auf den ersten Blick solide und stabil erschien. In Wahrheit aber hatte gerade jemand gehörige Mühe, die Illusion dauerhaft aufrechtzuerhalten.
    Vor der Tür blieb Maus stehen und horchte am Holz. Unter ihrem Ohr fühlte es sich warm an und zitterte unablässig. Doch ein Geräusch vernahm sie nicht, weder als Folge der Erschütterungen noch auf der anderen Seite.
    Sie fasste sich ein Herz, öffnete die Tür und trat hindurch.
    Im ersten Augenblick nahm sie keine Veränderung wahr. Dann aber wurde ihr wärmer, beinahe heiß, denn jetzt kühlte kein Hauch von Feuchtigkeit mehr ihren Körper. Ihre Haut war wie Pergament, ganz glatt und trocken. Früher hatte sie geglaubt, nur im Sommer zu schwitzen oder wenn sie sich anstrengte. Aber Kukuschka hatte ihr erklärt, dass der Körper auch dann einen Schweißfilm produzierte, wenn man es gar nicht bemerkte. Nun, zumindest bemerkte sie jetzt, dass aller Schweiß, auch jene dünne, unsichtbare Schicht, verschwunden war. Sie hatte die erste der Sieben Pforten durchschritten und einen Teil von sich an der Schwelle zurückgelassen.
    Auf der anderen Seite setzte sich der Hotelkorridor fort, aber er kam ihr jetzt noch ein wenig höher vor, die Kronleuchter weiter entfernt, die Täfelungen massiver. Bis zur nächsten Tür waren es nur wenige Schritte. Sie unterschied sich von der ersten allein durch ihre Größe. Die Klinke befand sich vor Maus’ Gesicht. Insgesamt war die Tür wohl einen guten Kopf höher als die vorhergegangene und auch ein wenig breiter.
    Maus öffnete sie und ging hindurch.
    Ein glühend heißer Feuerstoß schien über ihren Körper zu sengen, raste an ihren Beinen herauf, an ihrem Leib, an Hals und Kopf. Sie schrie auf, nicht so sehr vor Schmerz als vor lauter Überraschung und der Furcht vor dem, was noch kommen mochte. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte es sich angefühlt, als hätte man sie in Flammen getaucht; doch als die Hitze wieder schwand, blieb nicht mal ein Echo der Schmerzen zurück. Alles war wie vorher – mit dem Unterschied, dass Maus kein einziges Haar mehr am Körper trug.
    Mit der Hand strich sie über ihre nackte Kopfhaut und war froh, dass sie sich nicht im Spiegel sehen musste. Auch ihre Unterarme waren vollkommen haarlos.
    Sie bekam entsetzliche Angst vor der dritten Tür. An ihr sollte sie ihre Haut zurücklassen. Wie würde das vonstatten gehen? Würde sie einfach verschwinden, mit einer unangenehmen Hitzewallung wie vorhin? Oder … Himmel, würde ihr etwas die Haut vom Körper schneiden?
    Auch der dritte Abschnitt des seltsamen Korridors war wieder größer als der vorherige. Diesmal hatten sich die Dimensionen deutlicher verschoben. Der Gang war mehr als doppelt so breit, die Decke so hoch wie ein Ballsaal. Die Fasern des Teppichs schienen gewachsen zu sein wie Gras, sie verschluckten Maus’ Füße bis zu den Knöcheln. Sie musste

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