Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)
die ich nicht verstand.
Ich wusste nicht, wie weit wir inzwischen unter der Erde waren, aber die letzten Klassenzimmer hatten wir vor drei Stockwerken hinter uns gelassen. Hier unten gab es genauso viel Licht wie im Rest des Gebäudes, aber aus irgendeinem Grund erschienen die Schatten dunkler, länger und tiefer, als würden sie wie Blut langsam über den Boden fließen. Vielleicht war es ja dumm von mir, aber ich achtete darauf, nicht in die Schatten zu treten, nur für den Fall, dass sich dort etwas vor meinen Blicken verbarg.
Schließlich bog Metis in einen Flur ein und hielt vor einer seltsamen Tür an. Anders als die Metalltüren, an denen wir bis jetzt vorbeigekommen waren, bestand diese aus demselben grauen Stein wie der Rest des Gebäudes. Eisenstangen so dick wie mein Handgelenk zogen sich in einem Tic-Tac-Toe-Muster über den Stein, und in die Oberfläche waren zwei Sphinxe eingemeißelt. Die Kreaturen starrten sich gegenseitig an, genau wie die beiden über dem Haupttor der Akademie. Ich hatte das Gefühl, dass es definitiv eine Tür war, die etwas drinnen halten sollte.
Die Professorin starrte die Tür für einen Moment nur an, als könnten die Sphinxe jederzeit die Köpfe drehen und ihr irgendein Geheimnis enthüllen. Aber das Relief blieb, wie es war, also wandte sich Metis mir zu.
»Ich nehme an, du kannst erraten, wo wir uns befinden«, meinte sie.
»Das Gefängnis der Mythos Academy, richtig?«, fragte ich. »Ich habe ein Stockwerk über uns ein Schild zur Leichenhalle gesehen, also gehe ich davon aus, dass das hier das Gefängnis ist, von dem Nickamedes im Skiresort gesprochen hat.«
Metis versuchte zu lächeln, aber heraus kam eher eine Grimasse. »Korrekt. Hier sperren wir Schnitter, Nemeische Pirscher und andere Bedrohungen für die Schüler ein, bis sie in ein dauerhafteres Gefängnis gebracht werden.«
Ich starrte die verstärkte Tür und die beiden Sphinxe an. Mein Magen verkrampfte sich. Irgendwoher wusste ich genau, warum Metis mich hier hinuntergebracht hatte. »Preston Ashton ist immer noch hier, oder?«
Metis nickte. »Unglücklicherweise ja. Wir befragen ihn, seit wir ihn aus dem Resort hergebracht haben, aber Preston war … wenig entgegenkommend, was die Pläne der Schnitter angeht. Ich hatte gehofft, du könntest uns helfen, Gwen.« Sie zögerte. »Ich hatte gehofft, du wärst bereit, deine Psychometrie bei ihm anzuwenden.«
Ich hörte, was sie sagte, aber für eine Sekunde verarbeitete ich die Worte nicht wirklich. Dann sanken sie ein, und mein Magen verkrampfte sich noch mehr. Meine Knie fühlten sich plötzlich an, als würden sie gleich unter mir nachgeben, und ich stolperte ein paar Schritte nach hinten. Ich wollte mich schon an der Wand abstützen, überlegte es mir dann aber anders. Ich hatte keine Ahnung, welche Erinnerungen ich hier unten empfangen würde, aber ich bezweifelte schwer, dass sie glücklich waren.
»Sie wollen, dass ich ihn … ihn anfasse?«, flüsterte ich.
Metis nickte wieder. »Wir haben alles versucht, aber Preston redet nicht mit uns, und bis jetzt war er resistent gegen jede Magie, die wir auf ihn angewandt haben. Bei dir muss er nicht reden. Du kannst seine Erinnerungen sehen, ob er das nun will oder nicht.«
»Und? Sie wollen, dass ich einfach mal sein Hirn durchwühle und schaue, was ich so finden kann?«, fragte ich. »Was, wenn es nichts zu finden gibt? Was, wenn er gar nichts über die Pläne der Schnitter weiß? Sicher, Preston ist einer von ihnen, aber er wollte mich vor allem deshalb umbringen, weil er Jasmines Bruder ist und glaubt, dass ich seine Schwester getötet habe.«
Metis’ Miene versteinerte, bis sie so kalt und hart wirkte wie die Sphinxe auf der Tür vor uns. »Dann wissen wir zumindest das und können ihn in ein echtes Gefängnis stecken, wo er hingehört. Aber wenn die Schnitter etwas planen, wie wir vermuten, dann sind wir alle in Gefahr. Und das ist unsere Chance, zurückzuschlagen – die erste echte Chance, die wir seit langer Zeit haben. Bitte, Gwen. Ich weiß, dass ich viel von dir verlange, aber uns gehen langsam die Möglichkeiten aus.«
Ich wusste, dass Metis mich nicht darum bitten würde, wenn es einen Weg gegeben hätte, es zu vermeiden. Sie hatte meiner Mom versprochen, auf mich aufzupassen. Und noch wichtiger, sie war ein zu guter Mensch, um mich um so etwas zu bitten, wenn es nicht wirklich die letzte Möglichkeit darstellte. Sosehr ich auch wollte, ich konnte nicht Nein sagen. Nicht, wenn die Chance
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