Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)
als wäre er vielleicht ein oder zwei Jahre älter als ich. Zuerst kapierte ich gar nicht, dass er mit mir sprach – ich meine, warum sollte er? –, aber dann, als er mich weiterhin ansah, verstand ich es.
»Ja«, sagte ich atemlos. »Es ist erstaunlich.«
»Genau wie das, was ich gerade sehe«, antwortete er.
Und dann lächelte er mich an.
Es war, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Plötzlich schienen alle Lichter in der Lobby – okay, okay, alle Lichter überall – anzugehen, denn der Kerl verwandelte sich von süß zu einfach atemberaubend, unterstützt von den zwei winzigen Grübchen in seinen Wangen. Ehrlich, all das und dann auch noch Grübchen. Er wirkte wie ein Model direkt von den Seiten eines schicken Modemagazins, so gut sah er aus – die Art von Mann, die man einfach anstarren musste.
»Bist du für den Winterkarneval hier?«, fragte er.
Ich nickte. »Ja. Und du?«
Er nickte zurück. »Auch. Wie heißt du?«
Es kostete mich doch tatsächlich eine Sekunde, mich zu erinnern. »Gwen«, sagte ich. »Gwen Frost.«
Er lächelte wieder. »Nun, Gwen Frost. Ich bin Preston von der New York Academy. Ich nehme an, du gehst auf die Akademie hier in den Carolinas? Ich weiß, dass du nicht auf meiner Schule bist, weil ich dich dann sicher schon bemerkt hätte.«
Ich konnte nur nicken und darum kämpfen, dass mir die Kinnlade nicht herunterfiel. Flirtete er mit mir? Es klang so, aber ich war mir nicht ganz sicher. Bevor ich nach Mythos gekommen war, hatte ich gerade mal einen Freund gehabt, und das für grandiose drei Wochen. Und nun da ich auf die Akademie ging, prügelten sich die Jungs immer noch nicht darum, sich mit mir zu unterhalten.
»Ich bin erst seit diesem Jahr auf Mythos«, sagte ich. »Es ist mein erster Winterkarneval.«
Er nickte, als hätte ich gerade etwas Cooles und Interessantes gesagt, statt einfach nur langweilige Fakten aufzuzählen. Wir standen eine Minute schweigend nebeneinander, während die anderen Schüler in der Lobby umherliefen, lachten, redeten oder SMS schrieben. Ich warf Preston immer wieder aus dem Augenwinkel kurze Blicke zu und wartete darauf, dass seine Freundin auftauchte. Ein so süßer Kerl? Er musste einfach schon mit jemandem zusammen sein.
Aber niemand kam zu uns rüber – keine Mädchen, keine Jungs, keine Professoren. Und ich fing an, darüber nachzudenken, wie es wohl wäre, zurückzuflirten. Nur ein bisschen.
Doch bevor ich den Mund aufmachen und es versuchen konnte, entdeckte ich Daphne, die mir zuwinkte. Die Walküre hielt zwei Plastikkarten in den Händen und suchte sich durch die Menge einen Weg zu mir. Ich winkte zurück.
Preston sah auf seine Uhr. »Nun, ich muss gehen. Ich bin sicher, dass mein Zimmergenosse unsere Schlüsselkarten inzwischen hat.«
Ich nickte, obwohl sich Enttäuschung in mir breitmachte. Also hatte er doch nicht mit mir geflirtet. Er hatte sich nur die Zeit vertrieben, bis er endlich sein Zimmer beziehen konnte. Natürlich. Ich hätte von Anfang an wissen müssen, dass es etwas in der Art war. Kerle wie er flirteten einfach nicht mit Mädchen wie mir. Ich verzog das Gesicht, weil ich davon ausging, dass ich wie eine totale Loserin rübergekommen war.
Preston sah mich an, und seine blauen Augen leuchteten hell und warm aus seinem gut aussehenden Gesicht. »Ich muss heute Nachmittag mit ein paar Freunden abhängen, aber ich habe gehört, heute Abend steigt im Sonnwend-Café eine tolle Party. Vielleicht sehen wir uns da?«
Mein Herz blieb stehen, machte einen Satz und schlug dann wie wild gegen meine Rippen. Okay, okay, er hatte mich nicht wirklich um ein Date gebeten, aber es klang auch nicht, als würde es ihm etwas ausmachen, mir später noch mal zu begegnen. Und in Anbetracht meiner dämlichen, unerwiderten, katastrophalen Schwärmerei für Logan würde ich nehmen, was ich kriegen konnte.
»Vielleicht«, sagte ich in dem Versuch, cool zu wirken.
Preston lächelte mich ein letztes Mal an, dann machte er sich auf den Weg durch die Lobby.
Ein paar Sekunden später löste sich Daphne aus der Menge und trat neben mich. Als ich mich nicht sofort zu ihr umdrehte, schnippte die Walküre vor meinem Gesicht mit den Fingern, sodass überall pinkfarbene Funken herumflogen und wie Regentropfen zu Boden fielen.
»Erde an Gwen. Was starrst du an?«
»Oh, nur diesen Kerl, mit dem ich mich unterhalten habe.«
Daphne kniff die Augen zusammen. »Welcher Kerl?«
Ich versuchte ihr Preston zu zeigen, aber inzwischen waren einfach
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