Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
ich noch mal hundert. Aber wenn ich ihn nicht finde, kriegst du das Geld zurück. Klingt das fair?«
Sie nickte, um dann die Stirn in Falten zu legen. »Aber ich habe in meinem Zimmer schon gesucht. Ich habe überall nach dem Ring gesucht. Glaub mir. Ich habe auf der Suche danach quasi alles auseinandergenommen.«
»Da bin ich mir sicher«, meinte ich. »Aber ich habe meine eigene, besondere Art, Dinge aufzuspüren. Also muss ich in deinem Zimmer anfangen, okay?«
Ich erklärte ihr weder meine Psychometrie noch, dass ich vorhatte, morgen durch ihr Zimmer zu gehen, Dinge zu berühren und mal zu schauen, was für Schwingungen ich von ihren Sachen auffing. Ich hatte gelernt, dass es besser war, solche Informationen nur rauszugeben, wenn es wirklich nötig wurde, besonders jetzt, da ich Nikes Champion war. Grandma Frost hatte mir erklärt, dass man als Champion sozusagen mit einer Zielscheibe auf dem Rücken herumlief, und dank des Schnitterangriffs war mir schon zittrig genug zumute.
Vivian runzelte wieder die Stirn. »Na ja, okay, ich nehme an, es kann nicht schaden, noch mal in meinem Zimmer zu suchen.«
»Wunderbar«, sagte ich. »Wann soll ich vorbeikommen?«
Wir verabredeten uns morgen nach der sechsten Stunde in ihrem Wohnheim, Walhalla. Dann schenkte Vivian mir noch ein scheues Lächeln, bevor sie zu dem Tisch zurückging, an dem sie zusammen mit Savannah und Talia saß. Die drei Freundinnen packten ihre Bücher zusammen und verließen die Bibliothek, wobei Savannah auf dem Weg zur Tür lang genug stehen blieb, um mir einen bösartigen Blick zuzuwerfen. Ich seufzte und wünschte mir, die Amazone würde sich in Bezug auf die ganze Logan-Angelegenheit endlich mal entspannen.
Doch ich konnte nichts tun, um Savannah dazu zu bringen, mich zu verschonen. Außerdem musste ich über wichtigere Dinge nachdenken – und zwar darüber, wie ich das Versteck des Helheim-Dolches finden sollte. Also faltete ich die Karte des Schnittermädchens wieder auf, studierte sie erneut und fragte mich, ob ich wohl irgendetwas übersehen hatte, das mich zu dem Dolch führen konnte.
Schließlich, gegen halb neun, verließen die Schüler für den Abend die Bibliothek. Die neusten, pikanten Gerüchte waren gestreut, alle SMS verschickt, und es wurde Zeit, sich auszuruhen, bevor alle morgen exakt dasselbe wieder taten.
Nickamedes schmollte immer noch in seinem Büro vor sich hin, was bedeutete, dass ich endlich den Ausleihtresen verlassen konnte, um nach dem Dolch zu suchen. Und ich wusste genau, wo ich anfangen wollte.
Die Bibliothek schien menschenleer. Selbst Raven hatte ihren Kaffeewagen geschlossen und war für die Nacht verschwunden. Trotzdem entschied ich mich, so unauffällig wie möglich vorzugehen. Also packte ich den Metallkarren voller Bücher, die wieder in die Regale eingeordnet werden mussten, und schob ihn zwischen die Regale. Die Räder quietschten bei jeder Kurve, aber da alle Räder an jedem Wagen quietschten, ging ich davon aus, dass das Geräusch mich nur unauffälliger machte. Es wäre seltsam gewesen, hätten die Räder keine schauderhaften Geräusche erzeugt.
In den nächsten zehn Minuten schob ich den Karren zwischen den Regalen hin und her und stellte Bücher zurück, bevor ich auf eine Treppe zuhielt, die in den ersten Stock führte. Wieder sah ich mich um, konnte aber nichts Verdächtiges sehen oder hören. Natürlich bedeutete das in der Bibliothek, die meiner Erfahrung nach einer der gefährlichsten Orte auf dem gesamten Campus war, nicht viel. Ich nahm das letzte Buch vom Karren und stieg die Stufen nach oben, als gehörte der schmale Band in die Regale dort statt hier unten in die Hauptsammlung. Das Buch kam wirklich aus den Archiven im ersten Stock.
Wenn es ein Wort gab, mit dem man die Statuen beschreiben konnte, die sich um die kreisförmige Galerie zogen, dann war es eindrucksvoll . Alle Götter und Göttinnen waren gute zehn Meter groß und aus einem Marmor geschlagen, der so weiß und glatt war, dass er förmlich leuchtete. Neben den eleganten Steinmetzarbeiten fühlte ich mich sehr klein und schäbig. Meine Turnschuhe quietschten leise auf dem Boden, als ich die Galerie entlangeilte, wobei ich alle paar Meter anhielt, mich umsah und auf Schritte oder das Rascheln von Kleidung hinter mir lauschte.
Nichts. Ich hörte und sah gar nichts.
Schließlich erreichte ich die Statue von Sigyn. Zu meiner Überraschung stand die nordische Göttin auf dem Platz direkt neben Nike. Wieso war mir das bis
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