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Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)

Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)

Titel: Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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gleiten, hierhin und dorthin, als suchte sie etwas. Schließlich fand sie es. Meine Mom drehte die Quaste am Ende des Greifenschwanzes. Eine Sekunde später schob sich der Sockel der Statue nach vorne, als liefe er auf Schienen, und enthüllte einen Hohlraum darunter.
    Wieder zögerte meine Mom und sah sich um, weil sie ein weiteres Mal sicherstellen wollte, dass niemand sie beobachtete. Dann hob sie das schwarze Bündel auf, zog den Stoff noch einmal enger um den Gegenstand darin, schob ihn in das Geheimfach und drehte die Quaste wieder in die andere Richtung. Der Sockel der Statue schloss sich und verbarg das Bündel.
    Meine Mom seufzte und entspannte sich. Es war vollbracht – ihre Mission war vollendet. Sie sah sich noch einmal um, bevor sie die Kapuze ihrer Jacke über den Kopf zog, die Hände in die Taschen schob und davoneilte, um mit den Schatten zu verschmelzen …
    Ich ließ die Hand sinken und öffnete die Augen. Dann atmete ich tief durch und war überrascht, wie weich meine Knie waren. Ich musste mich auf die Bibliotheksstufen setzen, bis sie nicht mehr zitterten. Dann stand ich wieder auf und näherte mich ein weiteres Mal der Greifenstatue.
    Mein Blick huschte zu dem Löwenschwanz der Statue, und ich beugte mich vor, um ihn genauer zu betrachten. Er sah aus wie ein Teil der Statue, ein weiteres Stück, das aus einem einzigen dunkelgrauen Steinblock geschlagen worden war. Hätte ich nicht gesehen, wie meine Mom die Quaste gedreht hatte, wäre ich nie auf die Idee gekommen, es zu versuchen – oder darauf, dass es unter dem Sockel ein Geheimversteck gab.
    Ich fragte mich, wie meine Mom überhaupt davon erfahren hatte. Ob sie denselben Mythengeschichtsstunden gelauscht hatte wie ich? Ob sie so vom Geheimnis der Statue erfahren hatte? Doch letztendlich spielte es keine Rolle. Wichtig war nur, den Dolch zu finden und ihn an einen sicheren Ort zu bringen – an einen Ort, den die Schnitter niemals erreichen konnten.
    »Du hast ihn all die Jahre gut bewacht«, murmelte ich und sprach mit dem Funken Bewusstsein, den ich tief im Stein gespürt hatte. »Aber die Schnitter haben den ungefähren Aufenthaltsort des Dolches herausgefunden, und jetzt muss ich ihn an einen anderen Ort bringen. Ich werde mein Bestes tun, ihn zu beschützen – das verspreche ich dir.«
    Der Greif antwortete nicht, aber seine lidlosen Augen schienen sich im goldenen Licht der Lampen an der Bibliothek kurz zu Schlitzen zu verengen. Zum ersten Mal störte mich diese leichte Bewegung nicht. Im Gegenteil, sie vermittelte mir das Gefühl, der Greif wüsste, dass es Zeit war, den Dolch in ein anderes Versteck zu bringen. Es war, als erkenne er, dass eine Verbindung zwischen mir und dem Mädchen bestand, das die Waffe hier versteckt hatte. Nach einem Moment senkte der Greif den Blick. Sein Kopf schien sich ein wenig nach unten zu neigen, als wollte er mir seine Erlaubnis geben.
    Mit zitternden Fingern drehte ich die Quaste am Schwanz des Greifen.
    Sie ließ sich genauso mühelos bewegen wie bei meiner Mom, und fast lautlos öffnete sich das Geheimfach. Meine Hand zitterte so heftig, dass ich kurz warten und sie einen Moment zur Faust ballen musste, bevor ich mich stark genug fühlte, sie in die versteckte Öffnung zu schieben. Meine Finger berührten in der Dunkelheit etwas Weiches, Seidiges, und ein weiteres Bild blitzte in meinem Kopf auf – meine Mom, die den Stoff an genau diese Stelle schob.
    Ich zog das schwarze Stoffbündel hervor, dann drehte ich erneut am Schwanz des Greifen, um das Geheimfach wieder zu schließen. Mit immer noch zitternden Fingern schlug ich eine Ecke des Stoffes zurück, dann die nächste – und enthüllte so langsam den Helheim-Dolch.
    Der Dolch wog weniger, als ich erwartet hatte – er war sogar viel, viel leichter, kaum schwerer als der Stoff, in den er eingewickelt war. Statt aus Metall bestand die Waffe aus schwarzem Marmor, in dem winzige bronzefarbene Flecken glänzten. Ein einzelner Rubin war in den Knauf eingelassen, aber der Edelstein war dunkel, als hätte jemand das Licht darin gelöscht. Es kostete mich einen Moment, zu verstehen, dass das Kleinod ein einzelnes, zusammengekniffenes Auge bildete. Ich fragte mich, ob der Edelstein Lokis Portal in diese Welt war, ein Fenster in seinem mythologischen Gefängnis. Konnte der böse Gott irgendwie durch den Rubin blicken und sehen, dass ich den Dolch hielt? Ein Schauder lief mir über den Rücken, und ich machte mich schnell daran, die Waffe wieder in den

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